22. Januar 1986 Storsjön-Ungeheuer offiziell unter Artenschutz gestellt
Wie findet man sein Seeungeheuer? Und wie geht man damit um, wenn man es gefunden hat? Fragen über Fragen, die man den Kollegen am Loch Ness stellt, als Störsie in Schweden auftaucht. Autorin: Prisca Straub
22. Januar
Mittwoch, 22. Januar 2020
Autor(in): Prisca Straub
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Spiegelblank liegt der Storsjön-See. Nichts regt sich in dem schwedischen Gewässer, nur hin und wieder kräuselt sich die Wasseroberfläche. Eine Luftspiegelung? Die Bugwelle eines weit entfernten Boots? Oder nur ein paar treibende Holzstämme? Das Storsjön-Ungeheuer jedenfalls lässt sich nicht blicken. Fehlalarm. Wieder einmal. Storsie, so nennen die Schweden ihr scheues Seemonster - in Anlehnung an Nessie, den prominenten schottischen Verwandten.
Storsie - Ungeheuer scheu
Das Ungeheuer vom Storsjön-See in Mittelschweden bleibt in Deckung - und ist in der Region dennoch seit Jahrhunderten präsent: Ein mittelalterlicher Runenstein am Seeufer zeigt eine Seeschlange, die mit wild aufgerissenem Maul sich selber in den Schwanz beißt. Und tatsächlich berichten Augenzeugen zwischen Åre und Östersund bis heute immer wieder von einem langestreckten Tier, das seinen hundeartigen Kopf in Sommernächten aus dem Wasser streckt: zwischen drei und 14 Metern lang soll das Monster sein, mit glänzend grün-grauer Haut, heißt es - manchmal auch braun oder rot - und gutmütigen Kulleraugen. Und dennoch, trotz dieser erstaunlich präzisen Schilderungen, will es den Bewohnern der Provinz Jämtland einfach nicht gelingen, Storsie endlich zu stellen.
Dabei ist es unübersehbar: immer wieder Fischernetze, die zerfetzt an die Oberfläche gezogen werden! Verwüstete Kartoffel-Äcker am Seeufer, ein umgewühltes Rübenfeld. Außerdem rätselhafte Schleifspuren in der nassen Erde, schleimige Hinterlassenschaften. Doch leider: Als Köder präparierte Leckerbissen rührt das Tier einfach nicht an.
Die ratlosen Schweden wenden sich schließlich 1985 mit einem Schreiben an die Kollegen vom Loch Ness. In Schottland ist man ja erprobt in Sachen Seeungeheuer - und möglicherweise hätten die ungleich erfahreneren Kollegen ja ein paar Experten-Tipps parat. Und tatsächlich: Das Büro am Loch Ness kann den Erwartungen voll entsprechen und empfiehlt nach genauer Prüfung des schwedischen Sachverhalts, "well" - "besondere Schutzmaßnahmen".
Auf Monstersuche am Storsjön-See
Und so wird das Storsjön-Ungeheuer, für dessen Existenz es freilich immer noch keine Beweise gibt, am 22. Januar 1986 offiziell unter Artenschutz gestellt. - Die schwedische Lokalbehörde verfügt: Storsie darf weder gejagt, noch gefangen und erst recht nicht getötet werden. Nester, Eier und Brut des Monsters - sofern sie jemals gefunden werden sollten - müssen unangetastet bleiben.
Gleichzeitig werden die Aussichtsplattformen rund um den Storsjön-See ausgebaut. Ferngläser und Kameras, über und unter Wasser, ein Storsie-Beobachtungszentrum. Auf Monitoren lassen sich verdächtige Bewegungen jetzt live verfolgen - meist sind es schwimmende Elche.
Als dann tatsächlich - Jahre später - für einen kurzen Augenblick eine rätselhafte helle Schliere durch die grünen Untiefen wabert, schaffen es die unscharfen Bilder bis in die Hauptausgabe der Nachrichten. Die Aufregung schlägt riesige Wellen. Doch ein Beweis sei das nicht. Oder doch? Auf jeden Fall lässt sich nun der Steckbrief erweitern: Storsie ist grün, grau, braun oder rot - oder eben hell-schlierig! Ja oder einfach: unsichtbar.