Ein Fest gegen die BRD Münchener Jugendrevolte "Freizeit 81" und ihre Folgen
Anfang der 80er Jahre bilden eine Handvoll Punks im braven München die linksradikale Aktionsgruppe „Freizeit 81“. Erst sprühen sie den Schriftzug auf Häuserwände und organisieren unangemeldete Demonstrationen, später verüben ein paar von ihnen auch Brandanschläge.
Laut aktueller Sinus-Studie möchte die heutige Jugend gern Mainstream sein und streitet sich wenig mit den Eltern und anderen Autoritäten. Das war sehr lange Zeit sehr anders. In den 80er Jahren standen sich Ostblock und NATO gegenüber, dazwischen die Friedensbewegung und so genannte Autonome. Es brannte in Berlin, Zürich, Hamburg und auch in München.
Stimmen zu "Freizeit 81"
Anatol, damals 22 Jahre alt:
"Freizeit 81 gab es ein halbes Jahr, es war unser Sommer der Anarchie."
Franz Josef Strauß:
"Aber ich darf Ihnen gleich sagen, bei uns in Bayern ist kein Platz für Hausbesetzer, Chaoten, Anarchisten, Terroristen und Gesellschaftsveränderer."
Anatol:
"Bayern oder München war nicht immer CSU. Es gibt auch eine revolutionäre Tradition. Die Räterepublik in München haben wir uns immer groß auf die Fahnen geschrieben, die 68er hatten einen ihrer Schwerpunkte in München, oder vor 68, die Schwabinger Krawalle. Das sind alles Dinge, die wir schon bewusst mit uns getragen haben."
Reinhard, damals 15 Jahre alt:
"Freizeit 81 ist ja entstanden nach einer Demonstration am 4. 4. 1981, nachdem sie mehrere Jugendliche, bzw. Leute von uns festgenommen hatten. Da hat sich halt was bewegt, weil wir uns mehr oder weniger auch wehren wollten. Es gab mal so was wie eine Besprechung. Und da sind einige Leute gekommen. Und das war im Werkstattkino."
Frank, damals ein junger hoffnungsvoller Schriftsteller:
"Ich weiß, dass es diesen Bezug gab von dem CSU Abgeordneten, der gesagt hat, diese Jugend scheint ihre Freizeit damit zu verbringen, Randale zu machen. Und das war ja der Namensgeber sozusagen. Und dann haben wir mit dem Namen halt was gemacht. Fanzines das war geil, das hat mir gut gefallen."
Münchner Merkur:
"Den sechsten Brandanschlag in einer seit August andauernden Serie von Attentaten verübten bisher unbekannte Täter in der Nacht zum Samstag auf ein Bankgebäude und die Büroräume einer Baugesellschaft in Neuperlach. Nur durch die Ungeschicklichkeit der Täter, die bei der Ausführung ihrer Tat offensichtlich Schwierigkeiten hatten, blieb der Sachschaden mit 12.000 Mark relativ gering."
Anatol:
"Wir waren die Nachfolgegeneration der 68er, die kulturell natürlich einiges erreicht haben. Die Revolution haben sie verpasst, die richteten sich alle längst ein in ihrem Dasein und wir wollten rebellieren. Es ging nicht darum, etwas Neues aufzubauen. Wir haben ja immer gesagt: Der Zustand der Revolte ist allein das Ziel."
An diese Zeit erinnern sich Reini, Wolfi, Anatol und die anderen von Freizeit 81, einer kleinen Gruppe anarchistischer Freizeitrevolutionären und "genialer Dilletanten" im Teenageralter. Sie warfen Molotowcocktails, stachen Autoreifen platt, zeigten und drehten Filme, bastelten Fanzines, das waren fotokopierte Magazine, besprühten Wände und kamen ins Gefängnis. Es war ihr kurzer Sommer der Anarchie, frei und wild, aber für jeden nach monatelanger Einzelhaft ein Bruch in der Biographie.
Punk-Sein ist Mainstream geworden
Vieles aus dieser Zeit gibt es nicht mehr: Typen wie Franz Josef Strauß und Margaret Thatcher, den Ostblock, harte Strafen für Jugendliche, Hausbesetzer. Anderes ist Mainstream geworden: Schwarze Kleidung, zerrissene Jeans, Kokain, Popliteratur, Feminismus.
Und wieder anderes feiert im Underground von Kalifornien, New York und Internet ein Revival: Die Do-it-yourself- und Audiokassetten-Kultur.
Der Autor:
Weiterführende Links:
Foto-Archiv bei muenchen-punk.de
Freizeit 81 bei sub-bavaria.de
Künstlerkooperative Boa München