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Das Haiku Glossar

Stand: 01.10.2012 | Archiv

BegriffErklärung
AnapästMit der Folge: unbetont (Senkung), unbetont, betont (Hebung) ein für die deutsche Dichtung seltener Versfuß bzw. Reimschema. Das Wort Anapäst (aus dem Griechischen für "zurückschlagen") entspricht selbst dem Versfuß Anapäst, eine anderes Beispiel ist das Wort Zau-be-rei.
AnthologieGedichtsammlung
ästhetischhier: der (gute) Geschmack, oft synonym für schön und (künstlerisch) hochwertig
Aquarellmit wasserlöslichen, nicht deckenden Farben gemaltes Bild
Avantgardekulturelle Vorreiter
BuddhismusVor allem in Asien verbreitete Religion mit weltweit mehr als 400 Millionen Anhängern. Die Lehre des Gautama Buddha zielt auf die Erlösung des Menschen von seiner Gier und unerfüllten Wünschen, die seine Seele davon abhalten zur Ruhe zu kommen. Erst die Akzeptanz, dass Leben Leiden bedeutet, und die Befreiung von diesen Zwängen ermöglicht dem Menschen wahres Mitgefühl für Menschen, Tiere und Pflanzen zu empfinden.
DaktylusDas umgekehrte Versmaß zum Anapäst: der Versfuß aus einer betonten und zwei unbetonten Silben (aus dem Griechischen für "Finger", mit einem langen und zwei kürzeren Gliedern). Der Daktylus ist  das gängige Metrum für Hexameter, die Standardform der epischen Dichtung.
EmotionEin Komplex an Empfindungen auf eine bestimmte Situation: neben wertenden Gedanken und oft definierbaren Gefühlen kommen meist körperliche Reaktionen und bestimmte Verhaltensmuster.
GenreArt, Gattung
Gurureligiöser Lehrer, Meinungsführer
HaikuTraditionelle japanische Lyrik, zu Deutsch "lustiger Vers". Die kürzeste Gedichtform der Welt besteht meist aus 17 Silben und wird in einem Atemzug gelesen. Der Gegenstand eines Haiku ist konkret und beschreibt ein einmaliges Ereignis.
KobeIm 19. Jahrhundert gegründete japanische Großstadt, bedeutender Seehafen
KonventionÜberlieferung, Gewohnheit
KyotoHistorisch bedeutende Stadt 400 Kilometer südlich von Tokio, von 794 bis 1868 Sitz des Kaisers von Japan. Kulturstadt Japans.
LyrikDichtkunst
PhilologeSprachwissenschaftler
SamuraiAb dem 13. Jahrhundert Angehöriger des Kriegerstandes, der im feudalen Japan dem Adel diente, seit dem 17. Jahrhundert: Mitglied der obersten Gesellschaftsklasse. Unter den Samurai galt ein strenger Ehrenkodex (bushido).
Schrippeberlinerisch für Semmel, Brötchen
verifizierenauf den Wahrheitsgehalt überprüfen
VersmaßSchema der Silbenfolge innerhalb eines Gedichtverses
ZenDie japanische Ausprägung des Buddhismus mit Einfluss auf viele Lebensbereiche: die Kalligraphie, auf Bühnenschauspiele (No), die Teezeremonie, das Bogenschießen und die Haiku-Dichtung.

Personen

NameWerdegang
Basho, Matsuo (1644-1694)Haiku ist Basho und Basho ist Haiku: der Name des wandernden Dichters ist untrennbar mit dem Dreizeiler verbunden. Basho gilt bis heute als der bedeutendste Haiku-Dichter. Er griff die oft scherzhaft formulierten Gedichte auf und füllte sie mit neuem Sinn, den er oft aus der Betrachtung eines Naturereignisses entwickelte. Seinen Künstlernamen Basho nahm der Dichter von seiner Hütte aus Bananenblättern, in die er sich zwischen ausgedehnten Reisen und Wanderungen immer wieder zurückzog. Basho kombinierte Erkenntnisse des Zen-Buddhismus mit der Poesie und formulierte daraus einen eigenen Lebensstil ("Kado", der Weg der Poesie).
Guggenmos, Josef (1922-2003)Dem Lektor und Übersetzer, der Robert Louis Stevenson ins Deutsche übertrug, gelang 1967 der Durchbruch als Lyriker mit dem Band "Was denkt die Maus am Donnerstag?". Seitdem hat Guggenmos für seine Kinderverse zahlreiche Preise bekommen. Der erste Haiku-Band erschien 1984, der letzte, "Rundes Schweigen. Ausgewählte Haiku 1982-2002", posthum 2005.
Hemingway, Ernest (1899-1961)Der amerikanische Autor hatte viele Talente: als Reporter und Jäger, Hochseefischer und Großwildjäger, Kriegsberichterstatter und Abenteurer. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als Sanitäter diente, ließ er sich für einige Jahre in Europa nieder und landete mit "Fiesta" 1927 einen ersten Bestseller. Für seinen letzten großen Erfolg erhielt der Schriftsteller der lakonisch-knappen Sätze 1954 den Literatur-Nobelpreis. Durch seinen sparsamen Stil gab es Anklänge an Haiku – etwa in der genial-grässlichen Fünf-Wort-Geschichte: "Babyschuhe zu verkaufen, nie getragen".
Issa, Kobayashi (1763-1828)Aus einfachen Verhältnissen stammend, blieb Koboyashi Issa zeitlebens arm. Mehrere Schicksalsschläge trafen den Dichter hart, dennoch zeugt seine Lyrik von der liebevollen Betrachtung auch der kleinsten Naturerscheinungen und Lebewesen – und von viel Humor (sein Künstlername Issa bedeutet "Tasse Tee"). Issa hat mehr als 20.000 Haikus hinterlassen.
Rilke, Rainer Maria (1875-1926)"Eine in ihrer Kleinheit unbeschreiblich reife und reine Gestaltung" – so umschrieb Rainer Maria Rilke 1920 das Wesen der Haiku-Lyrik. Er selber dichtete aber bloß drei Haiku (vier mit dem Spruch auf seinem Grabstein), was vermutlich an seiner intensiven Arbeit an den "Duineser Elegien" und den letzten "Sonetten an Orpheus" lag, bevor 1923 seine Leukämie ausbrach. Zu den bekanntesten Werken Rilkes zählen außerdem "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" und seine "Dinggedichte".

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