Wegweiser der Philosophie
Ethik und Philosophie | RS, Gy |
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2016 feiert er seinen 2400sten Geburtstag; die Unesco ruft ein ganzes Aristoteles-Jahr aus. Offensichtlich hat die Welt diesem Mann mehr zu verdanken als nur seine berühmte Dramentheorie. Aber was?
Drei Männer ragen heute unter den prominenten griechischen Philosophen weit über die anderen hinaus: Sokrates, Platon und Aristoteles. Und sie kannten sich sogar, waren Lehrer und Schüler des anderen - der gleichen Meinung waren sie allerdings nicht immer. Zu dem jüngsten unter ihnen, Aristoteles, haben wir wohl eine ganz besonders nahe Beziehung. Wenn man sich seine Texte und seine Haltung anschaut, wirkt er mitunter wie ein moderner Zeitgenosse: Ganz unpathetisch fragt er nach, ist kritisch und lässt nur das gelten, was sich auch empirisch (also durch Erfahrung und Belege) stützen lässt.
Aristoteles, unser Zeitgenosse in der Antike. Oder ist das falsch herum gedacht? Hat er unsere moderne Zeit vielleicht einfach stärker geprägt als seine Lehrer und Vorgänger? Sind wir Aristotelianer? Wie kann das sein, wenn seine Werke jahrhundertelang fast in Vergessenheit gerieten und nur in kleinen Zirkeln diskutiert wurden? Vielleicht, weil er einen damals neuen Pfeil im Philosophenköcher führte: Systematik. Er räumte auf. Rätselhafte Aussagen, die mit nichts in Verbindung stehen, waren nicht seine Sache. Und Interessenslücken findet man bei ihm kaum zwischen (bitte einatmen!) Metaphysik, Wissenschaftstheorie, Logik, Mathematik, Naturphilosophie, Physik, Geologie, Kosmologie, Meteorologie, Biologie, Zoologie, Botanik, Psychologie, Sprachtheorie, Rhetorik, Philologie, Ethik und Politologie. Dass gerade die Theologie eher nur zwischen den Zeilen der Metaphysik erscheint, mag erklären, warum er gleichzeitig von jüdischen, christlichen und muslimischen Gelehrten als DER Philosoph verehrt wurde.