Der erste weibliche Pharao Entdeckung und Kindheit
Als der Franzose Jean-Francois Champollion (1790-1832), der durch die Entzifferung der Hieroglyphen auf dem Stein von Rosette die Grundlage für die wissenschaftliche Erforschung des Alten Ägyptens legte, im Jahre 1829 die Ruinen des Tempels von Deir el-Bahari untersuchte, stieß er auf den Tempelwänden auf ein Mysterium:
Die Wiederentdeckung Hatschepsuts
"Ich war etwas überrascht, als ich hier, wie überall im Tempel, den viel gerühmten Moeris [Thutmosis III.], geschmückt mit allen königlichen Insignien, sah, der dieser Amenenthe [Hatschepsut] Platz machte, deren Namen wir auf den Königslisten vergeblich suchen. Noch erstaunter war ich, als ich die Inschriften las, die diesen bärtigen König im üblichen Gewand eines Pharaos mit femininen Verben und Hauptwörtern benannten, als ob es sich um eine Königin handelte. Ich fand dieselben Besonderheiten überall."
Jean-Francois Champollion
Champollion hatte als erster Hinweise auf einen weiblichen Pharao entdeckt. So unglaublich es damals schien, aber es hatte offenbar lange vor unserer Zeitrechnung eine Frau dieses mächtige Land regiert. Erst im späten 19. Jahrhundert kam die ganze Wahrheit ans Licht und Hatschepsut bekam trotz ihrer maskulinen Erscheinung ihren rechtmäßigen Platz in der Geschichte: als weiblicher Pharao. Trotzdem sollte es noch viel länger dauern, bis die Wissenschaft die Biographie dieser außergewöhnlichen Frau vollständig rekonstruieren konnte.
Hatschepsuts Vorfahren
Die Geschichte des Alten Ägypten gliedert sich in drei Reiche: das Alte, das Mittlere und das Neue Reich. Zu Hatschepsuts Zeiten war das Mittlere Reich durch den Einfall der Hyksos untergegangen und wieder in kleine Fürstentümer zerfallen. Fremde Völker eroberten große Teile Ägyptens. Weitgehend unabhängig geblieben war Theben, das sich an die Spitze des militärischen Widerstandes setzte, der schließlich zur Rückeroberung von ganz Ägypten führen sollte. Es war König Ahmose, der die Hyksos schließlich vertreibt und Begründer des Neuen Reichs wird. Er begründet zudem die 18. Dynastie, zu der auch Hatschepsut zählt. Als Ahmose stirbt, übernimmt sein minderjähriger Sohn Amenhotep I. die Krone. Doch er stirbt, ohne dem Reich einen Erben zu hinterlassen. Nachfolger wird Thutmosis I., ein General unbekannter Herkunft, der wohl über seine Gemahlin Ahmose (der Name wird in Ägypten als Männer- und Frauennamen verwendet) die Legitimation für den Thron erhält. Die Forschung vermutet, dass Ahmose die Schwester von Amenhotep I. gewesen sein könnte. Thutmosis I. und Ahmose sind die Eltern von Hatschepsut.
Hatschepsuts Kindheit
Über Hatschepsuts Kindheit wissen wir fast gar nichts. Die Quellen belegen die Existenz einer Schwester namens Neferubiti, die aber wohl früh stirbt. Ihr Vater Thutmosis I. hat noch aus einer anderen Verbindung Nachkommen - die ägyptischen Pharaonen lebten meist polygam. Aus dieser Nebenlinie hatte Thutmosis I. vier Söhne, von denen drei früh sterben. Der jüngste der vier Söhne wird der Nachfolger des Vaters - als Thutmosis II. Es kann sein, dass Hatschepsut als älteste Tochter aus der Hauptehe ihres Vaters eine Art Vorrangstellung genossen hat und bis zur Geburt ihres Halbbruders als eine Art Kronprinzessin behandelt wurde.