Bayern 2 - radioWissen


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Vom Einweichen und Auswringen

Von: Kristina Dumas / Sendung: Susi Weichselbaumer

Stand: 16.09.2013 | Archiv

Frau beim Wäschewaschen mit einem Waschbrett | Bild: colourbox.com
GeschichteGy

Waschen ist heute einfach, die Maschine übernimmt ganz selbstverständlich die Hauptarbeit. Das war aber nicht immer so. Ein Waschtag war bis Ende des 19. Jahrhunderts kein Vergnügen - vielmehr eine anstrengende Arbeit.

Die Wäscheglocke

Die Wäscheglocke ist eine Art Saugstampfer, der aus einem langen Holzstiel und einem glockenförmigen Behälter besteht. Der durchlöcherte Teil des Behälters wird beim Stampfen gegen eine Federung gedrückt. Die Wäscheglocke saugt die Wäsche mit der Lauge an und durchmischt sie. Wasser durchspült die Wäsche - der Schmutz kann sich lösen.

Die Prozedur war ebenso mühsam wie zeitintensiv: Erst wurde die dreckige Wäsche sortiert und in einer Seifenlauge eingeweicht. Danach mit einer Art Saugstampfer immer wieder gedrückt und im Wasser gewälzt. Anschließend wanderte die gestampfte Wäsche in einen holzbeheizten Waschkessel. Der Schmutz sollte mit Hilfe von Kernseife verschwinden. Soda ließ den Grauschleier verschwinden. Danach wurde die Wäsche geschrubbt: auf dem Waschtisch und dem Waschbrett.

Wäscherin - eine verbreitete Dienstleistung

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in vielen deutschen Städten Waschhilfen angestellt. Die Hausfrau rubbelte nicht mehr selber, sondern delegierte. Frauen aus niedrigen sozialen Schichten erledigten die mühevolle Wascharbeit. Viele waren zunächst Unternehmerinnen in eigener Sache.

Bis 1900 avancierte die Wäscherin nach Köchin, Dienstbotin und Arbeiterin zum meistausgeübten Frauenberuf. In wohlhabenden Haushalten wurden Dienstboten für den Waschtag zur Verfügung gestellt. Die Waschfrau koordinierte dann die Arbeitsschritte. Doch die fortschreitende Industrialisierung veränderte diese Struktur. Es entstanden Großwäschereien, die die Wäsche holten und sauber zurückbrachten.

In deutschen Städten verbreiteten sich auch Waschhäuser. Die bis dahin oftmals eigenverantwortlichen Wäscherinnen wurden immer mehr zu ausgebeuteten und unterbezahlten Lohnarbeiterinnen, die durchschnittlich 12 Stunden am Tag schrubbten und klopften. Wochenenden und Feiertage gab es lange nicht. Großkonzerne diktierten Preise und Gehälter.

Die Entwicklung motorisierter Maschinen machte das Waschen günstiger. Solange Elektrizität teuer war und kaum private Wohnungen ans Stromnetz angeschlossen waren, übernahmen vielerorts Mangelstuben die Wasch- und Bügeldienste. Die Handwäscherinnen verloren ihre Arbeitsgrundlage. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog allmählich die Waschmaschine in die meisten Haushalte ein.


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