Bayern genießen Sauer - Bayern genießen im Oktober
Aber auch wenn wir Säure an sich für ungenießbar halten – ohne den richtigen sauren Schuss ist alles nix oder zumindest höchst langweilig. Dass wir uns in Bayern genießen mit dem Thema "sauer" befassen war also schon längst fällig. Und wir versprechen, Ehrenwort, dass Ihnen unsere heutige Sendung weder sauer wird noch sauer aufstoßen soll.
Die Themen von Bayern genießen im Oktober
- Oberbayern: Einfach probieren. Saure Nieren und andere Innereien (Annette Kugler)
- Niederbayern/Oberpfalz: Einfach gut. Das Märchen vom sauren Regensburger Wein. (Thomas Muggenthaler)
- Mittel-/Oberfranken: Einfach frisch. Die Fränkische Moststraße (Inga Pflug)
- Mainfranken: Einfach fruchtig. Essig aus Unterfranken (Ansgar Nöth)
- Schwaben: Einfach würzig. Sauerampfer aus dem Allgäu (Viktoria Wagensommer)
- München: Einfach genießen. Böfflamott – eine Münchner Spezialität (Anton Rauch)
Redaktion und Regie: Gerald Huber
Oberbayern
Einfach probieren. Saure Nieren und andere Innereien
Zugegeben: Mit den Innereien ist es so eine Sache – nicht jeder mag sie. Wobei man sichs ja früher gar nicht hat leisten können, sowas abzulehnen. Heutzutage ist das hauptsächlich eine kulturelle Frage.
In Deutschland sind Innereien nur im Süden und Westen gefragt, im Norden und Osten spielen sie keine Rolle. Überhaupt gilt in ganz Europa: Der eher katholische Süden genießt Herz, Lunge, Leber und Nieren, der eher protestantische Norden lehnt sie ab. Besonders stark ist die Ablehnung in England und noch schlimmer in Amerika – da sind Innereien praktisch ein Tabuthema. Man könnte fast eine Faustregel aufstellen: Wo man zu genießen weiß, wo die Küchen berühmt sind – in Italien Frankreich oder …
Bayern zum Beispiel – da isst man Innereien – andererseits ist es eine Tatsache, dass englische oder amerikanische Küche allgemein keinen besonders hohen Stellenwert genießt. Freilich: Der Geschmack von Lunge, Leber oder Nieren ist schon ein spezieller – aber Feinschmecker suchen doch überall nach den ausgefallensten Geschmäckern. Und wer von Jugend auf dran gewohnt ist, der braucht manchmal Saure Nieren. Und wers bisher nicht gewohnt ist, der sollts unbedingt einmal probieren. Bloß schad, dass sie mittlerweile recht selten auf Speiskarten zu finden sind. Im traditionsreichen Gasthof zur Post in Eberfing im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau stehen sie aber noch täglich drauf.
Niederbayern/Oberpfalz
Einfach gut. Das Märchen vom sauren Regensburger Wein.
Sauer ist ein uraltes Wort mit einer noch älteren Wurzel: Su, Sur oder Suc. Das hat früher einmal "Saft" bedeutet. Steckt drin im lateinischen "sucus", im italienischen "sugo", sie kennen ja den Sugo, die Spaghettisoße. Wenn etwas eingesurt wird, dann liegt es praktisch im eigenen Saft. Und auch unser Wort Saugen hängt damit zusammen. Wenn man ein bisserl mehr saugt, dann wird das saufen draus – auch das hat die Wurzel Su. Bei unserem nächsten Thema ist nach wie vor strittig, ob es sich zum saufen oder lediglich zum saugen eignet.
Die Rede ist vom Regensburger Wein, dem letzten Rest der einstmals großen altbayerischen Weinbautradition. Früher viel geschmäht weil er im rauhen altbayerischen Klima nicht süß geworden ist, im Gegenteil so sauer war, dass man zum Trinken drei Männer gebraucht hat, wie wir gleich hören werden. Dabei wird in Altbayern seit der Römerzeit Wein angebaut. Und der war zuzeiten extrem gefragt – und heute genießt er wieder besten Zuspruch.
Ober- und Mittelfranken
Einfach frisch. Die Fränkische Moststraße
Ob das eine Grad Jahrestemperatur hin oder her wirklich soviel ausgemacht hat in der Qualität des altbayerischen Weins? Man könnte auch vermuten, dass sich einfach der Geschmack geändert hat. Früher war bekanntlich ein Wein umso besser je süßer er war. Der Johann Wolfgang Goethe soll zuzeiten täglich zwei Flaschen süßen Malaga getrunken haben. Heute dagegen schätzt man durchgegorenen, trockenen Wein mit einem feinen Säurespiel. Und da kann der Regensburger Wein bestens mithalten.
Aber egal – Tatsache ist: Spätestens im 19. Jahrhundert wurde der Weinbau überall, wo's klimatisch problematischer war, aufgegeben. Weil man aber was trinken wollte, hat man sich in vielen ehemaligen Weinbaugebieten auf den Obstbau verlegt. Aber auch dort, wo der Weinbau nie eine große Rolle gespielt hat, hat man schon immer Obstwein, sprich: Most, produziert. Zum Beispiel in Mittel- und Oberfranken. Seit 2004 gibt's dort rund um den Hesselberg die Fränkische Moststraße. Momentan ist dort Hochsaison.
Mainfranken
Einfach fruchtig. Essig aus Unterfranken
Wer von saurem Wein spricht, denkt oft gleichzeitig an Essig. Dabei ist saurer Wein nur ein möglicher Ausgangsstoff für die Essigbereitung. Man kann Essig theoretisch aus so ziemlich allen alkoholischen Flüssigkeiten machen. Schon die alten Ägypter beispielsweise haben Bieressig hergestellt. Überhaupt gehört der Essig zu den ältesten Lebensmitteln der Menschheit. In der Antike und im Mittelalter hat man damit Trinkwasser desinfiziert. Das mit Essig versetzte Wasser ist zum Beispiel in Feldflaschen der römischen Soldaten nicht so schnell schlecht geworden. Letztlich hat auch Christus am Kreuz dieses beliebte Soldatengetränk aus dem Schwamm saugen dürfen.
Übrigens: Essig und Eckig gehen auf die gleiche Wurzel zurück. Alles was scharf ist, hat diese Wurzel. Lateinisch acer heißt scharf, spitz, acies ist die Schärfe, die Schneide und acidus, spätlateinisch acidus heißt Essig und ist im Endeffekt das gleiche Wort. Italienisch bekanntlich aceto. Wie gesagt, Essig kann man aus allerlei alkoholischen Flüssigkeiten machen. Wobei der Weinessig mit Sicherheit der bekannteste ist und eine klassische Weinbauregion natürlich auch eine Essigregion ist. Über zwanzig verschiedene Essige produziert zum Beispiel die Familie Gebhardt bei Kitzingen.
Schwaben
Einfach würzig. Sauerampfer aus dem Allgäu
Haben Sie das in Ihrer Kindheit auch gemocht: Durch die Wiesen ziehen und Sauerampfer essen? Ein Kind lernt sowas vom andern. Die Zeiten aber scheinen vorbei zu sein. Nicht nur, weil wir alle mehr oder weniger erwachsen geworden sind, sondern vor allem auch, weils kaum irgendwo mehr Wiesen mit Sauerampfer gibt – weil halt auch die Weiden immer weniger werden. Ausnahmen sind da natürlich ausgesprochene Weideregionen wie das bayerische Oberland oder das Allgäu. Da gibt’s noch soviel Sauerampfer, dass man sich überlegen kann, ob das, was die Kühe stehen lassen für unsereins nicht kulinarisch zu nutzen ist. Und selbstverständlich kennen die Allgäuer Kinder den Sauerampfer noch pur.
München
Einfach genießen. Böfflamott – eine Münchner Spezialität
Selbstverständlich hängt unser Wort Sauer auch mit der Sur zusammen, in die zum Beispiel Fleisch eingelegt wird, bevor man es brät oder kocht. Außerhalb Bayerns kann man zur Sur auch Beize sagen. Eine Surhaxe beispielsweise ist gepökelt, das heißt: In Salz eingelegt. Man kann aber auch in Essig einlegen. Früher beispielsweise hat man das Fleisch von alten Kühen, das sonst zäh gewesen wär wie Leder, vor dem Braten lang eingelegt. Daraus sind dann so Spezialitäten entstanden wie der Sauerbraten, der so heißt, weil eben das Fleisch vorher eingesurt wird. Im Rheinland ist der Sauerbraten eine Spezialität.
In Bayern, speziell auch in München, ist nicht nur das Rezept ein bisserl anders, sondern auch der Name: Boeuf à la Mode, eingebairischt: Böfflamott oder Bifflamott. Das Bifflamod war nicht nur die Leibspeis vom Monaco Franze. Es hat zahlreiche Liebhaber – grad jetzt im Herbst. Allerdings muss man schon ein bisserl suchen, um auf einer Speiskarten ein originales Biflamod statt einem hundsgemeinen Sauerbraten zu finden.
Mehr Bayern genießen im Fernsehen
Bleibt uns noch der Hinweis auf unsere Kollegen vom Fernsehen. Die Sendung "Zwischen Spessart und Karwendel" bietet ebenfalls saure Schmankerl ...