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"DeBÍ TiRAR MáS FOToS" Wegen Bad Bunny tanzt die Welt Salsa und Reggaeton – nur Deutschland steht noch still

Reggaeton, HipHop und Salsa - mit seinem Latin-Sound ist Bad Bunny laut Streamingzahlen der zweitgrößte Popstar der Welt. Über 46 Millionen Menschen folgen dem Puertorikaner auf Social Media. Doch hierzulande kommt er erst jetzt auf unseren Radar. Wie kann das sein?

Von: Sandra Limoncini/Alba Wilczek

Stand: 17.01.2025

Bad Bunny | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Stephanie Rojas

"Debí tirar más fotos de cuando te tuve", singt Benito Antonio Martínez Ocasio aka Bad Bunny auf seinem neuen gleichnamigen Album, "ich hätte mehr Fotos machen sollen als du noch da warst". Der Song ist mehrdeutig. Zum einen singt Bad Bunny hier ein lyrisches Sie an. Eine vergangene Liebe. Zum anderen sein Heimatland Puerto Rico, und zwar damals, bevor der Einfluss der USA immer größer wurde. Zum dritten aber wohl auch sich selbst. Zu einer Zeit, in der er noch einen Fuß vor die Tür setzen konnte, ohne erkannt zu werden. Denn Bad Bunny ist heute sehr berühmt. Ein Weltstar. Ein Kultur-Influencer, den hierzulande viele noch gar nicht kennen.

Aktuell größter Popstar der Welt?

Menschen tanzen zu Bad Bunny auf den Straßen in San Juan, Puerto Rico.

Laut Musikanbieter ist Bad Bunny aktuell der zweit meistgestreamte Künstler der Welt, der Titelsong "DtMF" ist Nr. 1 der globalen Streaming Charts und alle Songs seines Albums sind aktuell in den Billboard 100. Eine Überraschung ist das nicht. Erfolge wie diese konnte Bad Bunny auch schon in den vergangenen Jahren einfahren: sowohl 2020, 2021 und 2022 war er der meist gehörte Künstler überhaupt. Und mit seinem Album "Un Verano Sin Ti" hält er den Rekord für das am meisten gestreamte Album auf Spotify. Nicht Taylor Swift, nicht Ariana Grande, nicht Ed Sheeran oder Billie Eilish. Noch nicht mal BTS, die südkoreanische Pop-Band, die 76 Millionen Follower bei Instagram haben. Nein: Der 31-Jährige Künstler aus der Küstenstadt Vega Baja in Puerto Rico.

Der Künstler ist ein Mann der Superlative. In Streams, in Live-Umsätzen und im Supermodels daten (z. B. Kendall Jenner) - doch an einem Ort hat er jetzt erst den Fuß in die Tür bekommen: Na klar, Deutschland. Aber wieso ist das so?

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BAD BUNNY - DeBÍ TiRAR MáS FOToS (Short Film)

Eigentlich gibt es Grund genug, den Ausnahmekünstler wahrzunehmen. Neben anderen Artists aus Kolumbien war er es, der den Latin Sound, also Musik rund um Reggaeton, Trap, HipHop und anderen lateinamerikanischen Musikstilen so populär machte. Auf TikTok zum Beispiel bringt er gerade Tausende dazu, ihr Spanisch wieder aufzufrischen oder es neu zu lernen. Weil sie verstehen wollen, was Benito auf seinem neuesten Album erzählt.

Bunny ist politisch

Cover "DeBÍ TiRAR MáS FOToS"

Dazu war Bad Bunny seit Beginn seiner Karriere ein politischer Künstler. Er beteiligte sich 2019 an Protesten gegen den damaligen skandalbehafteten puerto-ricanischen Gouverneur Ricardo Rosselló. Im vergangenen Jahr reagierte er mit einem Video bei Instagram auf Aussagen des Komikers Tony Hinchcliffe. Der hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps Puerto Rico als Müll bezeichnet. In Interviews solidarisiert sich Bad Bunny außerdem mit queeren Menschen, seine Lyrics thematisieren Gewalt gegen Frauen und feiern zugleich deren Selbstbestimmung.

"DeBÍ TiRAR MáS FOToS" ist sein bisher politischstes Werk. Darauf prangert er den US-amerikanischen Einfluss auf Puerto Rico an, erzählt beispielsweise im Song "Lo que le pasó a Hawaii" darüber, wie die Amerikaner Fluss für Fluss und Strand für Strand auf der Insel zu ihrem Gebiet erklärten. Er sehnt sich wie eingangs beschrieben zurück in eine Zeit in der es noch anders zuging in seinem Heimatland (die er aber zugegebenermaßen mit seinem Alter gar nicht wirklich erleben konnte). Aber das ist es eben. Er holt ganz Puerto Rico ab. Jung und alt.

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BAD BUNNY - BAILE INoLVIDABLE (Video Oficial) | DeBÍ TiRAR MáS FOToS

Er repräsentiert nicht nur politisch die Heimatverbundenheit, sondern auch musikalisch. Bad Bunny macht Reggaeton, der seine Wurzeln in Puerto Rico hat und er bringt auch die Salsa back. Einst ein Sammelbegriff für lateinamerikanische Musikstile, die unter anderem – dank puertorikanischer Einwanderer – in den 50ern in der New Yorker Bronx zusammengewachsen sind. Heute ist Salsa ein Tanz, den Jugendliche anderen Jugendlichen weltweit auf TikTok beibringen.

Deutschland sieht nur selektiv

Bad Bunny bei DIOR auf der Fashion Week.

Auch deutschen Content findet man zu Bad Bunny auf Social Media. Auf TikTok und Instagram posten gerade junge Nutzer:innen Videos und Fotos von sich im deutschen Schnee, während sie das neue nach Sommer klingende Bad Bunny-Album hören. Endlich! Lange schien es so als würde der global hiesige lateinamerikanische Einfluss auf die Musikszene hier komplett gegen eine Wand fahren. Aber kein Wunder, dass es so lange gedauert hat. So schaut die europäusche Bubble musikalisch ganz oft nicht weiter als bis in die USA, nach Australien oder Großbritannien.

Asiatische, südamerikanische oder Musiker vom afrikanischen Kontinent werden gerne übersehen, oder nicht wirklich wahr genommen. Der Blick scheint sehr eurozentrisch. Eine moderne Pop-Queen namens JENNIE aus Korea mit über 86 Millionen Followern auf Instagram? Kennen wir hier nicht. Burna Boy, der nigerianische "African Giant" auf smoothen Afrobeats? Nie gehört. Fairerweise muss man festhalten: selbst, wenn man nur kurz über die deutsche Außengrenze nach Belgien rübersneaked, gibt es schon blinde Flecken auf unserer musikalischen Landkarte. Angèle zum Beispiel, belgische Pop Sängerin, ist in Deutschland längst keine so große Nummer wie in Belgien und Frankreich. Da ist noch Luft nach oben, Germany! Oder sollten wir lieber sagen: ¡todavía hay margen de mejora, Alemania! Lasst uns einfach deutlich mehr Fotos machen von Bad Bunny, ja, dem Mann aus Puerto Rico mehr Beachtung schenken. Es lohnt sich. Te júro!