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"Who Let The Dogs Out“ Wie die Lambrini Girls mit politischem Punk und Pro-Palästina-Parolen anecken

Die Lambrini Girls aus Brighton wollen mit ihrem politischen Punkrock Chauvinismus und Trans-Feindlichkeit in den Hintern treten. Doch mit Pro-Palästina-Parolen hat die Band auch Antisemitismus-Vorwürfe auf sich gezogen. So reagieren sie auf die Kritik.

Von: Ferdinand Meyen

Stand: 15.01.2025

Lambrini Girls | Bild: © Bridie Florence

Fangen wir mal mit etwas Leichtem an, dem Lambrini. Lambrini ist ein birnenmostartiger Schaumwein aus Liverpool. Und ein richtiger Punkrock-Wein, sagen die Lambrini Girls, die sich nach dem Wein benannt haben. "It’s cheap and cheerful. And it get’s you drunk really quickly". Er macht schnell betrunken, der Lambrini, sagen Sängerin Phoebe Lunny und Bassistin Lilly Macieira Boşgelmez.

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Lambrini Girls - Big Dick Energy (Official Audio)

Wie die Lambrini Girls Humor einsetzen

Die große Superkraft der britischen Newcomer-Punkband Lambrini Girls ist ihr Humor, den sie auf dem Debutalbum "Who Let The Dogs Out" nie aus den Augen verlieren, trotz ernster Themen. Da ist zum Beispiel der Song "Bick Dick Energy", eine satirische Abrechnung mit toxischen Typen. Sängerin Phoebe erklärt: "Dieser Song beschäftigt sich mit allem, was damit einhergeht. Wir wollten das sichtbar machen, weil uns das wahnsinnig auf den Sack geht. Immer dieser Mist mit den Männern, sie sind einfach das Letzte."

Eine Lektion in „Cuntology 101“

Was den Humor der Band dabei besonders auszeichnet: Laut Bassistin Lilly ist es vor allem die Spontanität. "Meistens schreiben wir einfach den ersten Gedanken auf, der uns in den Sinn kommt", erklärt sie. "In neun von zehn Fällen finden Phoebe und ich das wirklich witzig." Die Themen auf dem neuen Lambrini-Girls-Album: Homofeindlichkeit, Männlichkeit, Kapitalismus, Sozialismus, Ausbeutung, Gentrifizierung und weibliches Empowerment. Im Song "Cuntology 101" wird zum Beispiel das englische Schimpfwort "Cunt", das im Deutschen so viel heißt wie "Fotze", zu etwas Positivem gemacht. "Im Grunde bedeutet 'Cunt' ja einfach Vagina", erklärt Phoebe. Sie störe, dass dieses Wort ständig nur in einem negativen Kontext auftauche. Und sie findet: "Queere Menschen und Frauen sollten sich dieses Wort zurückholen und es positiv besetzen." Cunty sind laut „Cuntology 101“ zum Beispiel alle, die in Therapie gehen, nein sagen, sich selbst lieben – oder einfach mal in die Wohnung des Freundes kacken.

Kritik wegen pro-palästinensischer Parolen

Phoebe Lunny und Lilly Maciera

Hochpolitisch ist das Debüt der britischen Punkerinnen – wie die Band selbst. Womit sie anecken, und in Deutschland für eine Kontroverse gesorgt haben. Phoebe erzählt: "Wir haben gelernt, dass es im Moment sehr heikel ist, über die Belange der Palästinenser zu sprechen, vor allem in Deutschland." Worum es geht: Zwei Konzerte im vergangenen Sommer. Bei einer Show in Hamburg, schreiben die Lambrini Girls selbst auf Instagram, habe die Band die Hälfte des Publikums rausgeworfen. Die Leute seien aggressiv gewesen, hätten die Show gestört, nachdem die Lambrini Girls sich für die Palästinenser ausgesprochen hätten, heißt es da.  

Ein Konzert in Bremen wiederum hat der Band einen Absatz auf der Website des Bündnisses gegen Antisemitismus Bremen eingebracht. Dort steht geschrieben: "Die BDS-Unterstützerinnen nutzen ihre Bühnenauftritte regelmäßig, um antizionistische Parolen zu skandieren und das Publikum auf den Kampf für den palästinensischen Widerstand einzuschwören."

Wie die Lambrini Girls auf Antisemitismus-Vorwürfe reagieren

BDS steht für "Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen" gegen den Staat Israel. Der Bundestag stuft die Bewegung als antisemitisch ein. Die Lambrini Girls widersprechen. Die Band sei nicht antisemitisch, sagen sie. Bassistin Lilly begründet: "Wir stehen für die Rechte aller Menschen ein. Das umfasst auch Palästinenser und ihr Recht darauf, in Freiheit und Würde zu leben." Für die Lambrini Girls seien das zwei verschiedene paar Schuhe. Lilly weiter: "Die Kritik an einer Regierung, ihrer Politik oder einer Armee ist nicht antisemitisch. Antisemitisch ist es, jüdische Menschen dafür auszugrenzen, jüdisch zu sein. Das tun wir aber nicht. Wir setzen uns für den Frieden für alle Menschen ein, auch für die Palästinenser."

Die Lambrini Girls wollen über kontroverse Themen diskutieren

Und die "antizionischen Parolen", von denen auf der Website des Bündnisses gegen Antisemitismus die Rede ist? Was haben sie denn nun genau skandiert? Die Lambrini Girls sagen, sie hätten beim Konzert in Bremen im Sommer 2024 "Free Palestine" gerufen, und dafür auch eine Erlaubnis eingeholt. Phoebe sagt, sie hätten zuvor mit den Promotern gesprochen, gefragt, ob sie diesen Slogan verwenden dürfen. Die hätten eingewilligt. Phoebe erinnert sich weiter: "Sie haben uns auch gesagt, was wir nicht sagen sollen, und daran haben wir uns natürlich gehalten."

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Lambrini Girls - Cuntology 101 (Official Video)

"Unser Ziel ist, auf Dinge aufmerksam zu machen"

Die Lambrini Girls wollen über solche kontroversen Themen diskutieren, sagen sie im Interview mit dem Zündfunk. Sie seien keine Politikerinnen, sondern eine Band, die sich gerade für einen Waffenstillstand stark mache – und sich für jene einsetze, die aus ihrer Sicht nicht genug gehört würden. "Unser Ziel ist, auf Dinge aufmerksam zu machen und einen Diskurs zu starten", sagt Phoebe Lunny. Wer weiß, welche Erkenntnisse aus diesem Diskurs erwachsen? Vielleicht ja, dass es auch der anderen Seite um das Gleiche geht? Für Menschenrechte zu kämpfen und gegen Diskriminierung.