Serien-Hype Diese sechs Serien sind NICHT das neue „Game of Thrones“ – oder?
Das Spiel um den Thron in Westeros hatte bereits nach wenigen Staffeln Kultstatus und eine riesige Fanbase weltweit, der Hype war real. Für viele Serien, die zum „nächsten ‚Game of Thrones‘“ stilisiert wurden, gilt das allerdings nicht. Eine Auswahl.
Auch wenn viele Serien-Fans nach dem Ende von Game Of Thrones mehr als unbefriedigt zurückblieben, sind die acht Staffeln Epos in Westeros ein Monument. Und zwar die Art Monument, mit dem die Presse seitdem alles vergleicht, was thematisch, stilistisch oder in Sachen Komplexität auch nur in dessen Nähe kommt. Immer wieder schreiben Autoren und Autorinnen "Das ist das nächste Game Of Thrones", oder "Das ist das japanische 'Game Of Thrones'", oder "Ist das das nächste Game Of Thrones?". Schmarrn, finden wir. An das Original kommt nichts ran – oder etwa doch?
1. Shogun
Diese Disney-Serie wird von vielen als das neue „Game of Thrones“ bezeichnet. Vermutlich, weil wir auch hier viel nackte Haut, Sex und Blut sehen. Männer werden in kochendes Wasser geworfen oder von Kanonenkugeln zerfetzt. Doch politisch ist die Serie im Gegensatz zur George-RR-Martin-Saga blankes Seppuku, im Japan des 16. Jahrhundert der rituelle Selbstmord.
Man hätte erfahren können, wie die unterschiedlichen Fürsten regieren, welche politischen Ziele sie verfolgen. Welche Vision haben sie für Japan und mit welcher Strategie gehen sie vor? Aber „Shogun“ gleicht einer Seifenoper. Da ist der eine Fürst, der zu den Christen gehört, ein anderer hat Lepra, der nächste war mal ein gefürchteter Krieger. Komplexitätslevel: Klassensprecherwahl. Schade, dass „Shogun“ abgesehen von ein paar schlauen Gedanken zu kultureller Aneignung politisch wenig zu bieten hat.
Hier geht's zum Trailer! Zu sehen bei: Disney+
2. The Witcher
Man kann sich fragen, was ein Mensch erlebt haben muss, um diese Serie für gutes Fernsehen zu halten. Dabei gäbe es doch eigentlich so guten Grundstoff. Ähnlich wie bei „Game of Thrones“ ist da eine Romanvorlage. Und eine Videospielreihe, die Figuren gezeichnet hat, die ähnlich komplex sind wie die aus Westeros. Aber nichts war’s.
Netflix hat trotz Starbesetzung eine Ladung Fantasy-B-Movie-Schrott produziert, die eher Material für einen Bildschirm über dem Pissoir ist als ein würdiger Thrones-Nachfolger. Hauptdarsteller Henry Cavill dürfte auch nicht mehr daran glauben und steigt zur nächsten Staffel aus.
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3. 3 Body Problem
Diese neue Netflix-Produktion kommt eigentlich mit den besten Voraussetzungen daher: Dicke Roman-Vorlage mit vielschichtigem Plot, die Macher von „Game of Thrones“ als Produzenten und ein vielversprechender Science-Fiction-Einschlag (jetzt wo wegen Dune 2 eh alle im Hype sind). Doch, was die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss da in den Orbit geschickt haben, ist allerhöchstens Stoff für Tele 5 nachts um 23 Uhr, die billigen Plätze. Für das 3 Body Problem haben die Macher nicht nur den halben Cast von „Game Of Thrones“ recyclet, sondern sogar hier und da deren Charaktereigenschaften, wie beispielsweise die von John Bradley West.
In GoT spielt West den mutigen Samwell Tarly, der sein Herz am rechten Fleck hat und etwas Leichtigkeit in die dunkelsten Momente bringt. In 3 Body Problem spielt West Jack Rooney. Auch er ist der „Leichtigkeitsbringer“ während der Rest wenig Spaß beschert. Die Trisolaris-Triolgie von Autor Liu Cixin was born to be a big Film-Trilogie, jetzt haben aber zwei (weiße!) Männer diesen brillianten Take auf Science Fiction meets chinesische Kulturgeschichte halbgar in acht Folgen gepackt. Warum? Next!
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4. Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht
Die Punkband „Die Kassierer" sangen mal: „Ich würde mir gerne mit deinem Gesicht meinen Arsch abwischen“. Noch besser wäre es, das Gesicht mit dem Drehbuch der Serie „Die Ringe der Macht“ zu ersetzen. Okay, vielleicht waren die Erwartungen an das Herr-der-Ringe-Prequel viel zu hoch. Das gigantische Budget hätte jedoch in jedem Fall zu einem besseren Endprodukt führen MÜSSEN.
Weder sind die Charaktere interessant, noch ist die Serie visuell ansprechend. Der Plot zieht sich wie Kaugummi, der einen Tag zu lang unter dem Schreibtisch geklebt hat. Und mit ein bisschen Herr-der-Ringe-Nostalgie erreicht man nicht, das neue Game of Thrones zu werden, sondern weckt lediglich die Lust darauf, die Original-Trilogie zu rewatchen. Natürlich in der Extended-Version.
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5. House of the Dragon
Was ist besser als eine weißblonde Frau, die auf Drachen reitet? Richtig: Mehr weißblonde Frauen, die auf Drachen reiten. Und dazu ein weißblonder Mann, der auf einem Drachen reitet, nicht zu vergessen den anderen weißblonden Mann, der auch auf dem größten Drachen reitet, den es jemals gab, auf dem davor die schwarze Frau mit blonden Haaren geritten ist, aber nur kurz. Nein, mal im Ernst. „House of the Dragon“ war eine tolle Serie. Vom Feeling her kommt sie fast an ihr Sequel „Game of Thrones“ heran, aber eben nur fast.
Es fehlt die Monumentalität, die Komplexität und die kilometerweit auseinanderliegenden Handlungsstränge, die trotzdem parallel und kohäsiv vorangetrieben werden. Trotz der tollen Hauptdarstellerinnen (Milly Alcock, Matt Smith, Olivia Dooke, Emma D’Arcy!) bekommt man den Eindruck, dass die Serie größeren Einfluss auf die Barkeeper-Welt als die Serienkultur hatte: Ein Negroni Spagliato mit Prosecco, bitte. Und Staffel 2!
Hier geht's zum Trailer! Zu sehen bei: Sky, WOW
6. Yellowstone
Die Neo-Western Serie mit Kevin Costner hat - ähnlich wie „Game of Thrones“ - ein ganzes Serien-Universum hervorgebracht. Und Bayerns Ministerpräsident hat bei Sandra Maischberger erzählt, dass er gerade das Yellowstone-Prequel „1883“ schaut. Anders als bei Thrones gibt’s bei den Cowboys aber keine Drachen, sondern nur Pferde und Kühe. Und Montana sieht traumhaft aus, aber ist natürlich auch nicht Westeros. Aber ansonsten? Yellowstone hat einen Sog, der sich durchaus mit „Game of Thrones“ vergleichen lässt. Und zeichnet Figuren, die so grau sind, dass sie Jamie, Cersei und Daenerys Konkurrenz machen.
Auch politisch hat Yellowstone einiges zu sagen. Die Kritik an Kapitalismus und dem wahnhaften Drang, Privateigentum zu besitzen, sie ist vergleichbar mit der Politkritik George RR Martins. Und wenn sich Kevin Costner und Taylor Sheridan tatsächlich endgültig überworfen haben und so das Ende der Serie in den Sand setzen? Es gäbe noch eine Parallele zur Story aus Westeros und ihrem unwürdigen Abschluss in Staffel acht.
Hier geht's zum Trailer! Zu sehen bei: Netflix, Sky, Amazon Prime
7. Kafka (Bonus)
Einfach wow. Und das sagen wir jetzt nicht (Zwinkersmiley), weil Kafka eine ARD-Serie vom sehr geschätzten David Schalko ist. Unterhaltung? Check. Historisch relevant? Check. Gags? Check. Schauspielkunst? Check. Nicht zu vergessen der Bildungsauftrag, den dieses Meisterwerk erfüllt. Nein, aber im Ernst: Wer Kafka schaut, hat zumindest eine gute Zeit und bekommt gute Fernsehunterhaltung. Und ist damit schon näher am neuen „Game Of Thrones“ als jemand, der seine Zeit mit „The Witcher“ oder den Ringen der Macht vergeudet hat.
Außerdem haben wir gelernt, dass man sein Essen 40 Mal kauen muss, weil es dann schon im Mund vorverdaut wird und Franz Kafka eine fiesere Lache hatte als Otto Waalkes und der Joker zusammen. Das kann kein Drache.
Hier geht's zum Trailer! Zu sehen bei: ARD Mediathek