Bayern 2 - Zündfunk

Die Mausis „Die hiesige Musikwelt nimmt sich oft zu ernst“

Sie singen über Käse, Katzen und Weltschmerz: Die Mausis. Das Musikduo aus Stella Sommer und Max Gruber aka Drangsal hat gerade sein erstes Album „In einem blauen Mond“ veröffentlicht. Braucht Musik mehr Klamauk? Ein Gespräch.

Von: Paula Lochte

Stand: 21.08.2024

Stella Sommer und Max Gruber von der Band Die Mausis stehen im Stadtteil Neukölln. Am 16. August 2024 erschien das Debütalbum „In einem blauen Mond“ von Die Mausis | Bild: picture alliance/dpa | Carsten Koall

Sie lieben Käse und hassen Katzen, zumindest in ihrer Rolle als Die Mausis. Das Musikduo aus Stella Sommer und Max Gruber, aka Drangsal, hat gerade sein erstes Album „In einem blauen Mond“ veröffentlicht. In Wahrheit, so Gruber, mag er gar keinen Käse. Das hält ihn aber nicht davon ab, im Song „Ich leg mein Geld in Käse an“ gemeinsam mit Gast Dirk von Lowtzow vom Käsehimmel zu träumen. Kennengelernt haben sich Stella Sommer und Max Gruber bei einem Festival 2015, auf dem sie als Die Heiterkeit und Drangsal performten. Wenig später saßen sie an einem Sommertag auf einer Parkbank in Berlin-Schöneberg und haben mit Akustikgitarren das Lied „Blue Moon“ gecovert. Es war der Anfang der Mausis. Nun machen sie Diskurspop-Schlager zum Mitsingen. Ein Gespräch über Klamauk, Cowboys und Mäuseohren.

Zündfunk: Wieso eigentlich dieser Name? Warum ausgerechnet die Maus, beziehungsweise gleich zwei?

Stella Sommer: Als wir uns 2015 kennengelernt haben, hatten wir eine Art Wettkampf am Laufen, wer von uns beiden das größere Opfer ist. Also wer von seiner Außenwelt und Umwelt mehr gedisst und gedemütigt wird. Jeder Tag war eine Abfolge von verschiedenen kleinen Demütigungen. Deshalb waren wir beide Mausis in unserer Wahrnehmung.

Die Maus steht also als kleines armes Wesen und fast letztes Glied der Nahrungskette für das Opfersein.

Stella Sommer: Als Maus kann man sich auf jeden Fall nicht wehren. Man kann sich höchstens verstecken oder Sachen anfressen.

Max Gruber: So verbringe ich meist meine Zeit. Versteckt in meiner Wohnung, an Sachen kauend.

Stella Sommer: Man muss dazu sagen, das Wort „Mausi“ war damals noch nicht so geläufig wie heute. Heutzutage ist es ja fast gang und gäbe, dass sich jeder als „Maus“ oder „Mausi“ anspricht, vor allem in bestimmten Kreisen im Internet.

„Maus“ ist ein richtiges Trendwort. Früher haben Eltern ihre Kinder so genannt, heute nennen sich ganze Freundeskreise, darunter erwachsene Männer, gegenseitig „Mausi“ oder „Süßmaus.“ Wieso?

Max Gruber: Eine Maus ist klein, flauschig, niedlich – und braucht Liebe, Zuneigung und Schutz. Vielleicht sind das Bedürfnisse, die wir alle haben.

Stella Sommer: Es ist auch eine Abkehr von dem traditionellen Männerbild. Ein Cowboy aus den 50ern hätte sich wohl kaum selbst als Maus betitelt.

Die Position als Maus ist eine, in der man verletzlich ist. Auch eure Musik hat – neben all dem Witz – etwas Verletzliches. Brauchen wir mehr Mut zu Zartheit?

Max Gruber: Das ist, als würdest du mich fragen, braucht es noch mehr Geschmacksrichtungen von Eiscreme? Nicht zwingend, aber ich hätte nichts dagegen. Ich liebe aber auch harte Musik. Es braucht beides. Ich persönlich scheitere immer an dem Versuch, diese aggressiveren Gefühle, die ich habe, in was ähnlich aggressiv Klingendes zu verwursten. Meistens wird es bei mir eher theatralisch und ich möchte nicht sagen zart, aber zärtlich. Zartheit und Verletzlichkeit sind Geschwister, und Musik das richtige Vehikel, um Negatives zu bewältigen oder zu parken in etwas Schöngeistigem. Also aus Missmut, Enttäuschung oder einer empfundenen Verletztheit oder Verletzlichkeit eine Art Blumenstrauß zu machen.

Kann dieser Blumenstrauß auch dem Weltschmerz und dem Schrecken der Welt etwas entgegensetzen? Brauchen wir also mehr Schönes, mehr schöne Musik?

Max Gruber: Die Musikwelt, vor allem die hiesige, nimmt sich oft zu ernst. Deshalb brauchen wir mehr ernst gemeinten Klamauk. Ich war schon immer jemand, der an seinen tiefsten Punkten versucht hat, mit Humor zu kontern. Auch mit Galgenhumor.

Stella Sommer: Ich verstehe gar nicht so richtig, warum das in Deutschland immer als Gegensatz gesehen wird. Ich finde Musik toll, bei der man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Beides liegt so nah beieinander. Letztlich macht man vielleicht beides. Ich bin zum Beispiel ein Riesenfan der Band Pavement. Da sind die Texte oft ernst und lustig.

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Die Mausis - Was kann ein Mausi dafür | Bild: Buback Tonträger (via YouTube)

Die Mausis - Was kann ein Mausi dafür

Ihr habt euch für das Mausi-Projekt die Trash-TV-Expertin und Kolumnistin Anja Rützel ins Boot geholt, sie hat den Pressetext zu eurer Platte geschrieben. Wie kam es dazu?

Stella Sommer: Anja Rützel und ich sind befreundet und sie hat für mich fast alle Pressetexte geschrieben. Da war es natürlich naheliegend, dass sie das auch für die Mausis macht.

Max Gruber: Sie ist, was Wortspiele mit Käse angeht, die absolute Königin. Und wenn sie auf Klamauk ernst reagiert und wir auf den Ernst mit Klamauk reagieren, dann ist das doch ein Match made in Cheese-Heaven.

Als ich euer Album gehört habe, sind mir zwei Use-Cases eingefallen. Eure Platte ist bestimmt ein Renner, wenn die Eltern im Auto auf dem Weg in den Familienurlaub eine Platte brauchen, bei der auch die Kinder mitsingen können. Use-Case 2: Schunkelmusik für jene, die immer dachten, sie seien zu cool dafür. An wen richtet sich eure Musik?

Max Gruber: Beides sind wahnsinnig schöne Szenarien, gegen die ich überhaupt nichts einzuwenden hätte. Als wir am Freitag in Berlin unser Release-Konzert gespielt haben, das zweite Konzert überhaupt, war ich überrascht, wie viele Eltern mit ihren Kindern da waren. Das hat mich total glücklich gemacht, dass unsere Musik etwas Generationenübergreifendes ist.

Stella Sommer: Und viele Erwachsene hatten Mäuseohren! Mir hat gefallen, wie viel Mühe die Leute sich gemacht haben, um sich auf dieses Konzert vorzubereiten mit ihren Outfits. Das hatte fast was von Taylor Swift im ganz kleinen Rahmen.

Die Swifties tauschen Freundschaftsarmbänder und bei euch kommen die Fans mit Mäuseohren. Hättet ihr abschließend noch einen Finanz-Tipp für uns, sollen wir unser Geld wirklich, wie ihr singt, in Käse anlegen?

Max Gruber: Oha. Karl Lagerfeld hat gesagt, man muss das Geld mit vollen Händen zum Fenster rauswerfen, dass es zur Tür wieder reinkommt. Das ist mein Finanz-Tipp.

Stella Sommer: Nicht aufs Konto gucken ist meiner.

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