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NSBM Wie Black Metal von Rechtsextremen unterwandert wird

Metal hat ein Nazi-Problem. Im Subgenre Black Metal tummeln sich Bands, die offen rechtsextrem sind. Zum Teil werden ihre Konzerte abgesagt. Insgesamt distanziert sich die Szene aber zu wenig. Ein Blick ins Subgenre Nation Socialist Black Metal, kurz NSBM.

Von: Valerie Trebeljahr

Stand: 20.11.2024

Auftritt der umstrittenen norwegischen Band Taake in Oslo, 2017 | Bild: picture alliance / Photoshot

Runen, Wikingerhelm und viel Blut: Wer Black Metal mag, hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, erzählt Musikjournalistin Christina Wenig, die für Metal Hammer und Visions schreibt. „Wenn ich sage, ich höre Black Metal, hab ich immer das Gefühl, dass die erste Reaktion ist: Ach, das ist doch das Genre, wo die Leute sich gegenseitig umbringen und alle rechts sind.“

Ist Black Metal anfällig für Rechtsextremismus?

Musikjournalistin Christina Wenig schreibt für Metal Hammer und Visions

Black Metal ist natürlich nicht durchweg rechts. Aber seit den 1990ern gibt es ein Subgenre, das ist nicht nur rechts, sondern rechtsextrem: National Socialist Black Metal, kurz NSBM. Wie sich das äußert? In offenen „Heil-Rufen“ auf der Bühne wie bei der finnischen Gruppe Goatmoon beim Steelfest 2016. In Songtiteln wie „Aryan Beauty“. Oder wie bei der immer noch als Wegbereiter des Genres verehrten Band Burzum aus Norwegen: Deren Sänger Varg Vikernes ist verurteilter Mörder und Anhänger eines rechtsextremen Neuheidentums.

Irgendwie scheint Black Metal für Rechtsextremismus anfälliger zu sein als, sagen wir, Schlager. Denn das Genre war schon immer um Provokation bemüht, erklärt Christina Wenig: „Um die Ablehnung der gesellschaftlichen Moral, und auch um dieses gefährliche böse Image. Und man muss leider sagen, dafür waren auch schon sehr früh Antisemitismus, Rassismus oder auch Homophobie willkommene Mittel – um sich eben in dieser Weise darzustellen oder zu schocken. Das heißt, da gab es schon sehr früh Anschlusspunkte.“

NSMB in Thüringen

Auch in Deutschland war und ist NSBM ein Thema. Die Gruppe Absurd aus Thüringen galt in den 90er Jahren sogar als Dreh- und Angelpunkt der internationalen Szene, da sie auch Labelbetreiber, Vertrieb und Konzertveranstalter waren. Die Band erlangte 1993 mediale Aufmerksamkeit durch den sogenannten Satansmord von Sondershausen. Die Mitglieder von Absurd, damals noch 15, 16 Jahre alt, ermordeten einen Mitschüler im Wald. „Sie haben sich damals noch stark als Satanisten inszeniert und waren seitdem schon wirklich mit federführend, als es um die Gestaltung der NSBM-Szene ging“, berichtet Christina Wenig.

Die Verbindung zum Rechtsrock

Anders als Rechtsrock kommt NSBM nicht aus einer White-Power-Bewegung, sondern wird eher von Einzelgängern und Außenseitern geschaffen. Nichtsdestotrotz ist auch die NSBM-Szene international sehr gut vernetzt, sagt die Musikjournalistin Wenig. Konzerte fänden oft konspirativ statt, also im Privaten oder in Vereinsheimen. Symbole seien aus strafrechtlichen Gründen oft nur für Eingeweihte zu erkennen. Wie groß die Szene genau ist, lasse sich schwer sagen. Klar sei aber, dass der harte Kern sehr klein sei. Das Schwierige sei die Grauzone. Christina Wenig geht es bei ihren Recherchen zuerst einmal um Aufklärung und das Hinterfragen: Müssen Dinge eigentlich so sein, nur weil sie seit 30 Jahren so sind oder gibt es Alternativen. Die 32-Jährige findet, Veranstalter haben eine Verantwortung, zu checken, wem sie eine Bühne bieten. Denn oftmals würde dann lieber doch nicht so genau hingeschaut, wenn die Ticketverkäufe stimmten.

Veranstalter tragen Verantwortung

Einer, der diese Verantwortung sehr ernst nimmt, ist Yannick Twelkmeyer von der Alten Mälzerei in Regensburg: „Wir recherchieren vor jedem Booking. Da geht es nicht nur darum, ist eine Band irgendwie problematisch, gibt es einen politischen Hintergrund, sondern da geht es auch um praktische Fragen: Wie erfolgreich war die Band bisher? Wie groß ist die Zielgruppe und so weiter. Und im Rahmen von so einer Recherche taucht das Thema dann im Zweifelsfall eh auf. Am Ende von so einer Recherche entscheidet der Einzelfall. Aber wenn dann die Unsicherheit überwiegt, dann kommt von unserer Seite auch kein Booking zustande.“

Problem sind die Mitläufer

Ähnlich wie Christina Wenig, machen ihm nicht die “klaren Nazi-Bands" Sorgen, das große Problem sei der Grauzonen-Bereich: Bands, die mit NSBM-Bands zusammen spielten. Die so eine Haltung quasi salonfähig machten und dann gleichzeitig aber auch auf großen Festivals spielten.

Die Szene muss umdenken

Die Metal-Family muss umdenken lernen: Politik lässt sich nicht einfach raushalten aus der Musik

Aber es sind nicht nur Band und Veranstalter, die in der Verantwortung sind, sagt Christina Wenig. Die ganze Metal-Szene muss umdenken: „Ich glaube, ein grundsätzliches Problem der Szene ist, dass es eine sehr homogene Szene ist. Das heißt, wir sind alle irgendwie weiß oder, ja, eurozentrisch. Das Problem ist vor allem aber, dass Black Metal-Fans, ich sage mal, distanziert der Politik gegenüberstehen. Das hat einmal den Grund, dass Black Metal auch so ein bisschen als Eskapismus aus dieser alltäglichen Welt gesehen wird. Das führt aber auch dazu, dass man sich sehr oft aus der Verantwortung herausnimmt und sagt, na ja, es ist ja hier alles unpolitisch. Das führt im Endeffekt aber dazu, dass einfach nur eine sehr hohe Toleranz besteht, wenn eben eindeutig politische Dinge passieren. Ich glaube, dieses Mindset ändert sich gerade, dass man ein bisschen merkt, ok, da können wir uns hier nicht rausnehmen mit unserer kleinen Metal-Bubble.“

Mehr zum Thema findet ihr in der Doku von Strg_F: Übergriffe und Nazi-Merch: Was geht beim Metal?