"Die Ringe der Macht" Warum auch ein singender Metal-Troll die „Herr der Ringe“-Serie nicht retten kann
Für die zweite Staffel der „Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ wirbt Amazon mit einer Heavy-Metal-Legende. Jens Kidman von der Band Meshuggah singt „The Last Ballad of Damrod“, die Hymne eines Bergtrolls. Das Drehbuch hätte man trotzdem besser in die Flammen des Schicksalsbergs geworfen.
Der Troll ist das Beste an der zweiten Staffel „Die Ringe der Macht“. Auch, wenn er nur kurz vorkommt. Sein Name ist Damrod – und er ist nochmal größer als der Höhlentroll aus „Herr der Ringe: Die Gefährten“. Für Damrod hat sich Amazon etwas Besonderes einfallen lassen. „Es gibt Elemente in der Heavy-Metal-Musik, das lag auf der Hand, die unglaublich gut zu diesem Troll passen“, erklärt Bear McCreary, der Komponist des Soundtracks auf dem YouTube Kanal von Prime Video. Deshalb habe er eine Hymne für Damrod komponiert – und dafür mit einer Heavy-Metal-Legende zusammengearbeitet: Jens Kidman, dem Sänger der schwedischen Metal-Band Meshuggah.
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Bear McCreary - The Last Ballad of Damrod (Feat. Jens Kidman) [LYRIC VIDEO]
„The Last Ballad of Damrod“ als „Herr der Ringe“-Metal-Song
Das Ergebnis ist der Song „The Last Ballad of Damrod“, der schon vor dem Start der zweiten Staffel von „Die Ringe der Macht“ veröffentlicht worden ist. Die Lyrics sind kaum zu verstehen, aber darum ging es auch nicht. „Ich habe nicht so sehr über den Text nachgedacht, ich habe mich eher auf den Sound der Vocals konzentriert, den Charakter, den Vibe“, erklärt Jens Kidman im Video. „Er schreit so gut wie ein Meister-Geiger Violine spielt“, schwärmt dann Bear McCreary. Das Problem ist nur: Selbst der singende Metal-Troll kann die neue Staffel der „Herr der Ringe“-Serie nicht retten.
Dabei hätte es die zweite Staffel von „Die Ringe der Macht“ eigentlich leicht gehabt. Anders als 2022, wo die Erwartungen so hoch waren, dass die Serie nur scheitern konnte. Zwischenzeitlich erreichte „Die Ringe der Macht“ auf der Plattform Metacritic nur 1,9 von 10 Punkten. Amazon sperrte sogar die Rezensionen auf seiner Seite, so schlecht kam die Serie bei den Fans an. Die Messlatte liegt anders als 2022 also niedrig – und mit Trollen hat man auch schon reichlich Erfahrung gesammelt. Beste Chancen für eine Überraschung. Oder wie Zwerg Gimli sagen würde: „Geringe Aussicht auf Erfolg? Worauf warten wir dann noch?“
Warum „Die Ringe der Macht“ Staffel zwei scheitert
Auch in Staffel zwei wird schnell klar: Es gab nie viel Hoffnung. Nur ein Narr konnte hoffen. Im Wochentakt werden die insgesamt acht neuen Episoden der zweiten Staffel von „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ gerade bei Amazon Prime veröffentlicht. Im Zentrum der neuen Staffel steht Sauron. Nachdem wir in Staffel eins noch rätseln sollten, wer der dunkle Lord ist, sehen wir Sauron-Darsteller Charlie Vickers dieses Mal vor allem dabei zu, wie er die anderen Figuren manipuliert. Vor allem den Handwerker-Elben Celebrimbor, mit dessen Hilfe er nach und nach die Ringe der Macht schmiedet. Dabei mangelt es aber gehörig an Spannung und – vor allem – an Fallhöhe. Jeder, der die Bücher gelesen oder die Original-Trilogie gesehen hat, kennt Saurons Plan mit den Ringen ja eigentlich schon: „Drei wurden den Elben gegeben, sieben den Zwergenherrschern und neun Ringe wurden den Menschen geschenkt, die vor allem anderen nach Macht streben.“ Jeder weiß, dass der dunkle Herrscher diese Ringe nutzen will, um die freien Völker zu unterwerfen. In der Opening-Sequenz von „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ wurde das schon gezeigt. Aber dafür brauchte man nur Minuten, keine Stunden. Im Grunde wäre es spannender gewesen, den Elben Legolas auf der Jagd nach dem perfekten Blondier Mittel zu zeigen.
Narnia statt Mittelerde
Na gut: Immerhin können wir so endlich nach Mittelerde zurückkehren! Epische Schlachten sehen, geliebte Charaktere bewundern, einen Heavy-Metal-Troll sehen! Leider liefert „Die Ringe der Macht“ auch hier nicht ab. Stattdessen nervt auch Staffel zwei mit völlig übertriebener Dramatik und fehlendem Witz. Die Schlachten sind dieses Mal etwas größer als in Staffel eins – aber bei weitem noch nicht so groß wie in „Der Herr der Ringe“ oder „Der Hobbit“. Und wieder müssen wir uns Stunde um Stunde mit zu vielen, zu uninteressanten Charakteren quälen. Den Troll sehen wir dagegen nur wenige Minuten. Dazu kommt, dass sich „Die Ringe der Macht“ auf visueller Ebene häufig eher nach Narnia anfühlt, nicht nach Mittelerde.
Die ideologische Botschaft der neuen Staffel
Noch grausamer als jeder Troll-Fratze ist jedoch die tieferliegende Botschaft dieser Serie. Zu Beginn von „Die Ringe der Macht“ stehen wir in Mittelerde nämlich am Ende der Geschichte. Der dunkle Herrscher Morgoth ist besiegt, selbst die Orks wollen in Ruhe gelassen werden und in Frieden leben. Sie haben sich – das zeigt Folge eins der neuen Staffel gleich zu Beginn – sogar von Sauron emanzipiert, der Morgoths Schreckensherrschaft fortführen wollte. Die Geschehnisse in Mittelerde laufen weitestgehend krisenfrei, würden sich die Figuren nicht selbst im Weg stehen. Sauron dagegen hat eigentlich gar keinen Einfluss, weshalb er daraufsetzen muss, dass sich die anderen selbst ins Verderben stürzen. Um das zu erreichen, erzählt er ihnen, dass sie einen Unterschied machen und die Gesellschaft zum Besseren verändern können. Warum das Leben genießen, wenn es doch irgendwo noch Böses gibt, das vertrieben werden muss? Auch den Orks jubelt Sauron die Idee unter, dass sie eigentlich in den Krieg ziehen müssen, um sich endgültig von seinem Einfluss zu befreien. Das Problem ist nur: Jeder, der auf Sauron hört, stürzt Mittelerde nur tiefer ins Verderben. Auf Politik und Gesellschaft übertragen ist die Botschaft also: Der, der an seinem Platz bleibt und bestehende Hierarchien achtet, ist am besten dran. Bei so viel Konservatismus dürften die Haare auf den Füßen von Frodo, Sam und Co. zum Nebelgebirge stehen.
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Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht | Staffel 2 – Offizieller Trailer
Wie Amazon von „Die Ringe der Macht“ profitiert
Nehmen wir zum Beispiel Galadriel. Hätte Sie in Staffel eins auf König Gil Galad gehört und Mittelerde verlassen – sie hätte Sauron niemals getroffen und ihm auch nicht dabei helfen können, nach Mittelerde zurückzukehren. Im Hause Amazon sind solche Botschaften wahrscheinlich gern gesehen. Gewerkschaften gründen? Höhere Löhne einfordern? Mehr Rechte für Arbeitnehmer? Lasst das lieber bleiben, wer weiß, ob das alles nicht das Werk des dunklen Herrschers ist? „Die Ringe der Macht“ saugt noch das letzte Fünkchen Progressivität aus der „Herr der Ringe“-Reihe. Immerhin hieß es da noch, dass selbst der Kleinste den Lauf des Schicksals verändern kann. Diese Zeiten sind jetzt allerdings vorbei. Amazon-Prime kündigen und stattdessen mehr ins Kino gehen? Bloß nicht. Lieber auf das Altbewährte setzen, auf den einen Konzern, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Abo zu treiben und ewig zu binden. Ob die Serie in den nächsten Staffeln doch nochmal die Kurve kriegt? Es gab nie viel Hoffnung. Nur ein Narr konnte hoffen.
Hinweis: „Die Ringe der Macht“, Staffel zwei, ist ab dem 29.08.2024 bei Amazon Prime zu sehen.
Cast: Morfydd Clark, Charlie Vickers, Benjamin Walker, Robert Aramayo, Cynthia Addai-Robinson, Ismael Cruz Cordova, Markella Kavenagh, Owain Artuhr, Maxim Baldry, Trystan Gravelle, Charles Edwards, uvm.