Bayern 2 - Zündfunk

Joshi von ZSK „Ein schlimmer Tag für die Demokratie“

Seit Jahrzehnten laut gegen Rechtsextremismus: Die Punkband ZSK hat die Initiative „Kein Bock auf Nazis“ mitgegründet und ist viel in Sachsen und Thüringen unterwegs. Sänger Joshi über die Folgen der Landtagswahlen – und was ihm Mut macht.

Von: Ferdinand Meyen und Ann-Kathrin Mittelstraß

Stand: 02.09.2024

Punkmusiker Joshi von der Band ZSK auf der Bühne der Posthalle in Würzburg im Rahmen der "Live für die Sache"-Tour 2017 | Bild: picture alliance / HMB Media/ Lukas Seufert | Lukas Seufert

Die AfD ist erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland. In Thüringen erreicht sie bei der Landtagswahl Platz eins, in Sachsen Platz zwei. In beiden Bundesländern liegt sie laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bei über 30 Prozent. Joshi von der Punkband ZSK war in den vergangenen Monaten viel in Sachsen und Thüringen unterwegs. Einerseits mit seiner Band ZSK, die Songzeilen singt wie „Alerta, alerta, antifascista!“ oder „Make Racists Afraid Again“. Andererseits mit der von ZSK, den Toten Hosen und weiteren Bands gegründeten Initiative „Kein Bock auf Nazis“, die sich seit 2006 u. a. mit Flyern, Jugendmagazinen und Konzerten gegen Rechtsextremismus engagiert. Der Zündfunk hat mit Joshi von ZSK am Wahlabend gesprochen über die Folgen der Landtagswahlen, Morddrohungen und warum er dennoch nicht den Mut verliert.

Zündfunk: Was war dein erster Gedanke, als du die Hochrechnungen gesehen hast?

Joshi: Das ist ein schlimmer Tag für die Demokratie. Zum ersten Mal seit dem Ende des Nationalsozialismus gewinnt eine rechtsextreme Partei in Deutschland so eine Wahl. Es ist sehr bitter.

Mit deiner Organisation „Kein Bock auf Nazis“ hast du vor den Wahlen hunderte Plakate aufgehängt, tausende Flyer verteilt, und du hast vergangenes Wochenende auf einer Demonstration für Demokratie und Menschenrechte in Leipzig gespielt. Wie hast du das erlebt?

Wir haben gemerkt, wie wichtig es ist, den Leuten in den Regionen, wo es am allerschlimmsten ist, Kraft zu geben. „Sachsen, da sind ja nur Nazis“ – solche Sprüche können die Leute vor Ort nicht mehr hören. Es gibt dort viele supertolle, engagierte Menschen. Und die muss man jetzt klar unterstützen.

Gab es auch Anfeindungen?

Ein rechter YouTuber hat versucht, bei der Demonstration rumzuspringen, aber das ist Pillepalle. Wir als Band und wir mit „Kein Bock auf Nazis“ kriegen immer wieder Morddrohungen per Post oder per E-Mail. Aber da lachen wir drüber.

Mit deiner Band ZSK stehst du in engem Austausch mit Kulturinitiativen und Jugendzentren in Sachsen und Thüringen, ihr spielt dort regelmäßig Solidaritätskonzerte. Welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis auf deren Arbeit?

Bei vielen stehen Fördergelder auf der Kippe. Die AfD wird versuchen, genau solche Kulturbetriebe kaputt zu machen, weil sie weiß, dass sich dort engagierte Menschen treffen und offen sein können, ohne Angst zu haben. Deshalb müssen jetzt erst recht viele Bands sagen, wir spielen dort. Die Beatsteaks haben das gerade gemacht. Feine Sahne Fischfilet machen das. Ich würde mir wünschen, dass das noch viel mehr große Bands machen, um die kleinen Kultur- und Jugendzentren zu unterstützen. Denn ein kleiner Club im ländlichen Raum hat keine Chance ohne Fördergelder. Das kann man nicht vergleichen mit einer kommerziellen Großdisco, die sehr viel Geld verdient jedes Wochenende. Es geht auch nicht nur um Musik und Partys: Auch den Opferberatungsstellen, die beispielsweise Menschen beraten, die Opfer rechter Gewalt wurden, könnten Fördergelder gekappt werden. Das ist jetzt alles in Gefahr, das ist eine Katastrophe.

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ZSK - Make Racists Afraid Again (Official Video) | Bild: ZSK Berlin (via YouTube)

ZSK - Make Racists Afraid Again (Official Video)

Im Wahlprogramm der AfD steht, dass sie sich für ein reiches kulturelles Leben in Thüringen einsetzen will. Wie passt das zusammen mit dem, was du gerade beschrieben hast?

Das kommt darauf an, was man als Nazi unter „reiches kulturelles Leben“ versteht. Die AfD hat meiner Meinung nach ein ganz anderes Verständnis als wir alle, die für eine offene, freie Gesellschaft stehen, in der sich jeder ohne Angst bewegen und ausleben kann.

Die AfD wurde vom Verfassungsschutz sowohl in Thüringen als auch in Sachsen als gesichert rechtsextrem eingestuft. Du engagierst dich seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus. Gleichzeitig gewinnen Rechtspopulisten und -extremisten mehr und mehr an Einfluss. Wie schaffst du es, nicht die Hoffnung zu verlieren?

Das werde ich oft gefragt. Es ist echt schwierig. Man könnte auch alles hinwerfen und sagen, die Welt ist schlecht, wir geben auf. Aber dafür bin ich nicht angetreten. Und ich sehe auch, wie viel Mut wir den Leuten machen und wie vielen jungen Leuten das hilft. Es gibt ganz viele tolle Menschen da draußen, die genau jetzt ganz doll Unterstützung brauchen. Wir kriegen viele Briefe und Mails und führen ja auch Gespräche mit Fans von uns. Die sagen uns, wie viel Kraft ihnen diese Musik gibt, wie sehr ihnen das hilft, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Und dann denke ich mir immer, solange die noch weitermachen, mache ich das auch.