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Kunst und Bohème Mann und Marc

Stand: 26.11.2007 | Archiv

Franz Marc: "Blaues Pferd I" (1912) im Münchner Lenbachhaus (Ausschnitt) | Bild: picture-alliance/dpa

Im wirtschaftlich prosperierendem München wirkt die von Ludwig I. eingeleitete Kulturförderung noch Jahrzehnte nach. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrscht geradezu Kunststadt-Euphorie, die sich innerhalb und außerhalb der akademischen Zirkel ausbreitet. "Jugend" gibt einer Zeitschrift den Namen - und einem ganzen Stil. "Simplicissimus" karikiert Wilhelminismus. Schwabinger Literaten wie Stefan George oder Franziska zu Reventlow arbeiten am Bohème-Mythos.

"München leuchtete"

Der junge Thomas Mann

München ist aber auch an Fremdenverkehr interessiert. Kunst ist dabei ein wichtiger Faktor und als industriell gefertigte Massenware in zahlreichen Schaufenstern oder im Glaspalast zu sehen. Die Kunstbetriebsamkeit der Stadt, seit 1894 Wahlheimat von Thomas Mann, bleibt dem Schriftsteller nicht verborgen: "Die Kunst blüht, die Kunst ist an der Herrschaft." 

Manns spöttische Ironie trifft auch die Architektur-Imitationen und die historisierende Schauseite der Stadt, wenn er von "den antikisierenden Monumenten" und den "Reproduktionen von Meisterwerken aus allen Galerien der Erde" spricht, wie die Literaturwissenschaftlerin Kirsten Schrick anmerkt. Die Zitate stammen aus "Gladius Dei", der Erzählung mit dem berühmten Anfang: "München leuchtete." Bei Mann leuchtet die Stadt nicht ohne Selbstgefälligkeit.

Neue Farben und Formen

Die Kunststadt München mit seinen in Villen thronenden und zu Instanzen empor gehobenen "Malerfürsten" Franz von Lenbach und Franz von Stuck wird nicht nur von Thomas Mann in Frage gestellt. Eine ganze Reihe von Künstlern der Avantgarde treten auf den Plan. Einer von ihnen ist der junge Schweizer Paul Klee. Seine Lehrzeit bei einem der "Malerfürsten" kommentiert er folgendermaßen: "Stuckschüler zu sein, hatte einen guten Klang. In Wirklichkeit war es aber nicht halb so glänzend".

Die Revolution des "Blauen Reiter"

Gegen die bleierne Schwere des 19. Jahrhunderts: Wassily Kandinskys "Improvisation 34"

Klee löst sich rasch von Stuck und wählt eine modernere Umgebung. Er freundet sich mit Franz Marc und Wassily Kandinsky an, die neben Pablo Picasso oder Georges Braque in Paris nicht nur den Weg der radikalen Erneuerung gehen, sondern die Konfrontation mit dem etablierten Kunstmarkt suchen. Franz Marc, Gabriele Münter, August Macke und die Exil-Russen Wassily Kandinsky, Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin bilden eine Lebens- und Malergemeinschaft, die sich vom Gegenstand löst, Form und Farbe emanzipiert.

Am 18. Dezember 1911 haben die Künstler, die in der Nähe des Staffelsees leben und arbeiten, die Gelegenheit, einige Bilder in der Münchner Galerie Thannhauser auszustellen. Es ist die Stunde, in der der "Blaue Reiter" an die Öffentlichkeit tritt. München ist nun Stadt einer internationalen Maler-Avantgarde.


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