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Der Kosmopolit Botschafter und Funktionär

Auch nach seiner Zeit als Spieler und Trainer treibt Beckenbauer den Erfolg des Fußballs in Deutschland voran. 1998 wird er Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes und macht die Bewerbung für die WM 2006 zur "Kaisersache".

Stand: 08.09.2015 | Archiv

Franz Beckenbauer, damals Chef der DFB-Bewerbungskommission für die Fußball-WM 2006, (re.), und Mohamed bin Hammam, Mitglied Katars im FIFA-Exekutivkomitee, posieren am 25.07.2000 in Doha (Katar) vor der Kamera.  | Bild: picture-alliance/dpa

Monatelang reist er dafür um die Welt und sammelt Stimmen für Deutschland. Der "Spiegel" sieht in ihm einen "nichtstaatstragenden Außenminister, der genauso unangestrengt Politik zu machen vermag, wie er Fußball spielte".

Damit landet er seinen wohl größten Coup als Sportfunktionär. "Eine WM zu organisieren, das hast du nur einmal in deinem Leben", schwärmt der Türöffner für Sponsoren und Politik. "Das ist wie ein Siebener oder Achter im Lotto, das kriegst du nur einmal im Leben", sagt der Ehrenpräsident des FC Bayern, der immer hart und detailversessen für den Erfolg arbeitet. "Das Glück kommt nicht zum Fenster hereingeflogen. Du brauchst Fleiß und Durchhaltewillen. Das Glück muss man sich erarbeiten."

Lichtgestalt mit Schattenseiten

Doch Beckenbauer hat auch seine "Schattenseiten". Einige seiner Entscheidungen und Ansichten sind durchaus kritisch zu sehen. Als Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees votiert er 2010 für Russland als Ausrichter der WM 2018. Danach unterschreibt er einen Vertrag mit den russischen Gasproduzenten. Auch die WM 2022 wird damals vergeben. Er deutet allerdings an, dass sein Votum nicht an Katar ging: "Ich kann nur sagen, dass ich in Abstimmung mit dem DFB für den Bewerber gestimmt habe, der uns am geeignetsten erschien, eine gute und erfolgreiche WM auf die Beine zu stellen und durchzuführen. Es hat mich selbst überrascht, dass es dann Katar wurde."

Eigene Sicht auf die Dinge

Beckenbauer zur WM 2022 Noch keinen Sklaven gesehen

Weil Beckenbauer 2014 keine Fragen zur WM-Vergabe nach Katar und Russland beantworten will, sperrt die FIFA-Ethikkommission ihn für alle Fußball-Aktivitäten und erteilt sogar Stadionverbot. "In Sachen Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner", betont Beckenbauer, der sämtliche Überschneidungen von FIFA-Amt und persönlichen Geschäftsbeziehungen stets zurückweist. Zwei Wochen später wird die Sperre in der geliebten Fußballfamilie aufgehoben.

Mit seiner Aussage, die er nach der Besichtigung der Baustellen für die WM 2022 macht, erntet er allerdings viel Hohn und Spott. "Ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar g'sehn! Die laufen alle frei rum, weder in Ketten, gefesselt. Ich habe mir vom arabischen Raum ein anderes Bild gemacht. Ich glaube, mein Bild ist realistischer", sagt er ungelenk.

Gute Freunde kann niemand trennen

Trotz der Querelen und den Ermittlungen rund um den Korruptionsskandal ist Beckenbauer immer noch gut auf Noch-FIFA-Chef Sepp Blatter zu sprechen: "Wir hatten eine sehr enge Beziehung, das ist sie immer noch", erklärt er im Juni (2015). "Es gibt aber Tausende von Fußball-Funktionären in der Welt. Blatter kann nicht für alles und jeden verantwortlich gemacht werden", so Beckenbauer, der wie kein anderer seine Fehltritte chamant und locker wegreden kann.


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