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Kurt von Boeckmann Der erste Intendant

Kurt von Boeckmann prägte die Anfänge des Rundfunks in Bayern entscheidend mit. 1925 trat er als Leiter der Vortragsabteilung in die "Deutsche Stunde in Bayern" ein, wurde schon bald Direktor der Programmgesellschaft und von 1927 bis zu seiner Absetzung 1933 erster Intendant.

Von: Unternehmensarchiv, Bettina Hasselbring

Stand: 26.02.2025 |Bildnachweis

Kurt von Boeckmann in seinem Büro im neu gebauten Funkhaus, ca. 1929 | Bild: BR/Unternehmensarchiv, Hans Henschke

Kurt von Boeckmann wurde am 22. Juli 1885 in Neapel geboren und besuchte dort zunächst eine Privatschule der Deutschen Kolonie, ab 1900 dann das Gymnasium in Frankfurt am Main. Nach dem Abitur studierte er Jura, Geschichte und Philosophie in Bonn, Königsberg, Heidelberg und Freiburg im Breisgau. Nach der ersten juristischen Staatsprüfung war er ein Jahr im Gerichtsdienst und promovierte 1911 mit einer Arbeit über die deutschen Kolonien.

Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als Oberleutnant in Reserve gedient hatte, unternahm er kulturhistorische Reisen und Forschungen, bis er 1920 zum Direktor des Forschungsinstituts für Kulturmorphologie in München ernannt wurde. Neben Vortrags- und Studienreisen im In- und Ausland war er 1923 bis 1924 auch schriftstellerisch tätig. In dieser Zeit schrieb er drei größere kulturhistorische Werke:  "Der Kampf im Süden", "Pioniere im Westen" und "Dokumente zur Kulturphysiognomik".

Prägend für die Anfänge des Rundfunks in Bayern

Durch seine kultur- und geowissenschaftlichen Studien und durch seine Verbindung zu Professor Karl Haushofer (Autor einer Sendereihe "Der weltpolitische Monatsbericht") kam Kurt von Boeckmann im Mai 1925 zur Deutschen Stunde in Bayern, zunächst als Leiter der Vortragsabteilung. Im April 1926 rückte er zum Direktor der Sendegesellschaft auf und wiederum ein Jahr später zum Intendanten. Ab Juli 1930 war er zudem Mitglied im Künstlerischen Ausschuss des Programmausschusses.

"Schreiben ist schön, aber senden ist tausendmal schöner"

Von Boeckmann verfasste in seiner Amtszeit viele Manuskripte und Vorträge über das neue Medium Rundfunk, über seine Organisation, die Aufgaben, das Rundfunkprogramm allgemein,die Grundsätze der Programmgestaltung oder zum Beispiel über Jugendliche als Rundfunkhörer.

Kurt von Boeckmann

Immer wieder wurden seine Geleitworte und Ansprachen zu Rundfunkvorträgen, Jahresrückblicken oder neuen Sendereihen und -sparten, wie etwa den "Bildern aus der Bayerischen Geschichte", "Länder und Völker" oder der Morgengymnastik im Rundfunk, auch in der Bayerischen Radio-Zeitung veröffentlicht.

1932 erinnerte sich Kurt von Boeckmann in einem Interview an seine ersten Jahre als Programmgestalter und Intendant. Am Ende resümierte er mit einem Blick auf die Zukunft:

"Weitermachen wie bisher! Unablässig die Geheimnisse des Mikrophons ergründen, um einen gesunden und fruchtbaren Boden zu bekommen, und unablässig Menschen suchen, die für ihn geschaffen sind, wirkliche, lebens- und gesinnungs-gerechte Menschen mit vorbildlichem Können und Ehrfurcht vor dem Wunder der sozialen Allgegenwart unserer Welle."

Kurt von Boeckmann

Kurt von Boeckmann über seine ersten Jahre als Intendant Format: PDF Größe: 614,49 KB

Entlassung als Intendant

Weitermachen als Intendant in München konnte Kurt von Boeckmann allerdings nicht. Obwohl sein Vertrag eigentlich bis zum 31. Dezember 1937 geschlossen worden war, endete am 31. März 1933 sein Amt bei der "Bayerischer Rundfunk GmbH".

Ewis von Boeckmann, leitete in den 1920er Jahren den Frauen- und Kinderfunk

Am 26. März 1933 hatte die im Funkhaus tätige NS-Betriebszelle den Intendanten in einem Brief an Propagandaminister Josef Goebbels denunziert. Ihm wurde vorgeworfen, willensschwaches Werkzeug seiner Ehefrau zu sein, nicht gegen die im Haus beschäftigten Juden vorzugehen, Protektionswirtschaft zu betreiben, ein zu hohes Monatseinkommen zu beziehen, korrupt zu sein und sich 1919 beim Revolutionären Hochschulrat beteiligt zu haben.

Gefordert wurde seine sofortige Beurlaubung und die Einsetzung des Leiters des NS-Reichssymphonieorchesters Franz Adam zum neuen Intendanten. Es kam anders: Neuer Intendant wurde 1933 für ein halbes Jahr Richard Kolb, bevor der Leiter der Literarischen Abteilung, Hellmuth Habersbrunner, dieses Amt übernahm.

Boeckmanns Haltung zum Nationalsozialismus

Um seiner Entlassung aus hochrangiger Rundfunkposition zu entgehen, trat von Boeckmann am 11. März 1933 – nach dem Umsturz in Bayern am 9. März 1933 – der NSDAP bei. Er selbst schilderte 1945 die Umstände so:

"Unmittelbar nach dem Umsturz in Bayern erschien ein Beauftragter der Partei bei mir und erklärte: man sei bereit, mich in meiner Stellung zu belassen, Voraussetzung hierfür aber sei, dass ich meinen Widerstand gegen die Partei aufgebe und meinen Beitritt erkläre. Das hieß also: Partei oder Entlassung. Entlassung hieß aber nicht nur Verlust einer Stellung, sondern Verzicht auf den Rundfunk überhaupt und damit Preisgabe alles dessen, was ich in acht Jahren künstlerisch und geschäftlich aufgebaut, an Vertrauen bei den Angestellten und in der Hörerschaft gewonnen hatte. Ich gab dem Druck nach."

Kurt von Boeckmann

Die Zugehörigkeit zur Partei führte aber nicht dazu, dass er ein Parteiamt ausübte und von seiner humanistischen und auf internationale Zusammenarbeit ausgerichtete Haltung abwich. Er stand dem NS-Regime distanziert gegenüber und war mit Widerstandskreisen um Carl Friedrich Goerdeler in Kontakt. Das Spruchkammerverfahren endete mit einem Sitzungsbeschluss des Politischen Beurteilungsausschusses der Stadt Lindau am 28. Januar 1947 mit der Beurteilung als "Mitläufer".

Intendant des Kurzwellensenders von 1933 bis 1939

Intendantensitzung in München am 3.10.1934

Nach seiner Absetzung wurde von Boeckmann ab Mai 1933 als Intendant zum neu errichteten Deutschen Kurzwellensender nach Berlin gerufen. Zudem wurde er Leiter der Auslandsabteilung der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft und vertrat diese als Vizepräsident im Weltfunkverein. Er wirkte 1934 unter anderem am deutsch-polnischen Rundfunkabkommen mit. Bei den Olympischen Sommerspielen in Berlin und bei den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 war er tätig als Leiter der Auslandsübertragungen.

1939 verabschiedete sich von Boeckmann als Leiter des Kurzwellensenders aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen vom Rundfunk und war anschließend nur noch als Schriftsteller tätig. Er wandte sich religiösen Themen zu. Sein letztes Buch trägt den Titel "Wie bist Du, Gott?“.

Am 5. Januar 1950 starb Kurt von Boeckmann im Alter von 64 Jahren in Lindau an einem Herzleiden.







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