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Der Bürgermeister spricht Informationen aus erster Hand an die Bevölkerung in der Nachkriegszeit

"Der Bürgermeister spricht" hieß eine Sendereihe bei Radio München im Jahr 1945. Mit einer wöchentlichen Ansprache wandte sich der Münchner OB Karl Scharnagl an die Bevölkerung und informierte sie über die Wohnungsnot, die Versorgungslage oder den Zuzug von Flüchtlingen.

Von: Historisches Archiv, Jan Nils van der Pütten

Stand: 13.10.2023

Der Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl bei seiner Ansprache für das wiederaufgebaute Funkhaus, 1946 | Bild: BR

"Eine Steigerung der Genußsucht als Folge der Entbehrungen verschiedenster Art."

OB Kurt Scharnagl

Das konstatierte der Münchner Oberbürgermeister Kurt Scharnagl am 6. Oktober 1946 in seiner Radioansprache "Der Bürgermeister spricht". Aus diesem Grund fürchtete er eine mögliche "Verwilderung" der Jugend und forderte eine Rückbesinnung auf "die alten Grundsätze der Ehrbahrkeit".
Aber nicht etwa Alkohol- oder Drogenmissbrauch war das Thema dieser Sendung damals, sondern "Das Übel der Geschlechtskrankheiten". Mitschuld hätten laut Scharnagl sowohl die Presse als auch gewisse Kulturveranstaltungen.

Informationen aus erster Hand

OB Karl Scharnagl (rechts) vor seiner Radio-Ansprache mit dem "Production Manager" Norbert Grünfeld, 1946

Die Sendereihe "Der Bürgermeister spricht" wurde von Radio München 1945 ins Leben gerufen, um die Bevölkerung über die Sorgen und Nöte der Nachkriegszeit zu informieren, über die Zerstörungen und den Wiederaufbau. München und andere bayerische Städte hatten unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs schwer zu leiden.

Freigabe durch die "Radio Control Officers"

Vor der Sendung mussten die Manuskripte durch "Radio Control Officers" abgesegnet werden. Dabei wurden auch ganze Textpassagen gestrichen.

Deshalb informierte der Münchner Oberbürgermeister die Bürgerinnen und Bürger ab dem 8. Mai 1945 in einer wöchentlichen Ansprache über die Herausforderungen, die Situation und Entwicklungen in allen Bereichen, wie Wirtschaft, Verkehr, Bildung und Kultur.

Wie die Manuskripte aus dem Historischen Archiv zeigen, gehörten zu den dominierenden Themen damals die akute Wohnungsnot, die Beschlagnahmung der Wohnungen, die Unterbringung von Flüchtlingen sowie die allgemeine Versorgungslage im Hinblick auf Ernährung und Rohstoffe.

Wie sah es in anderen bayerischen Städten aus?

Kriegsende 1945: Nürnberg in Ruinen

Ab 1946 informierten alle zwei Wochen zudem Oberbürgermeister anderer bayerischer Städte über die dortige Lage, zum Beispiel der Nürnberger OB Hans Ziegler oder der Würzburger OB Gustav Pinkenburg.

Beide Städte erfuhren ebenfalls große Zerstörungen durch die Fliegerangriffe.

"Die Einwohner Nürnbergs sind eng zusammengedrängt und wohnen zum Teil noch unter der Erde und in Ruinen."

OB Hans Ziegler zur dramatischen Wohnungsnot in Nürnberg.

Download PDF mit entsprechendem Manuskript

"Die Verwaltung spricht"

Die letzte Radioansprache der Sendereihe lief am 30. Dezember 1947. Die Sendereihe wurde 1948 umbenannt in "Die Verwaltung spricht", in der auch Vertreterinnen und Vertreter weiterer Behörden zu hören waren – ein wichtiges Anliegen der neu berufenden Stadtverwaltungen und der amerikanischen Militärregierung.


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