DokThema "Reiches Land – arme Jugend" Sozialcourage Medienpreis für Christine Walter
Zu Beginn des Filmes stellt die damals 21-jährige Aicha die entscheidenden Fragen: "Warum hat ein Jugendlicher Armut zu erleiden in Deutschland? Warum hat ein Jugendlicher mitzuhaften für die Familie? Warum ist das so?" Im DokThema "Reiches Land – arme Jugend" brechen Aicha, Ceyda, Johannes und Laura ein Tabu: Sie sprechen über ihre Armut und teilen ihre Geschichten mit uns.
Mehrere Monate sucht Christine Walter für ihre Arte RE-Reportage und die lange Doku nach Protagonisten. In dieser Zeit erzählen ihr viele junge Menschen von ihren Schwierigkeiten. Vor die Kamera wollen sie aber nicht. Sie schämen sich. Und es gelingt ihnen meist gut, ihre Armut zu verstecken. Im Lichtblick Hasenbergl, einer Sozialeinrichtung im Münchner Norden, trifft sie schließlich auf ein Team, dem das Thema auf den Nägeln brennt und junge Leute, die den Mut haben, damit auch an die Öffentlichkeit zu gehen.
Und so erzählen Aicha und die anderen davon, wie kräftezehrend es ist, die Ausbildung durchzuhalten, wenn sie sich gleichzeitig um jüngere Geschwister kümmern müssen. Wie hart es ist, neben der Ausbildung verschiedene Jobs anzunehmen - stets in Sorge, ob das Geld noch reicht. Wie es sich anfühlt, an der Tafel anzustehen. Und was es mit einem macht, wenn man vom eigenen Ausbildungsgehalt die Stromrechnung für die Familie bezahlt.
Über den Preis:
Der Sozialcourage-Medienpreis zeichnet jährlich Journalisten aus für Beiträge, die in herausragender Weise soziale Themen und soziales Handeln dargestellt oder auf besondere Notsituationen aufmerksam gemacht haben.
Christine Walter, die von Aicha, Ceyda und der pädagogischen Leiterin Dörthe Friess begleitet wurde, erhält ihn in der Kategorie Fernsehen.
Dreifach-Erfolg für den Bayerischen Rundfunk
Neben PULS (Kategorie Online) und DokThema (Kategorie Fernsehen) wurde der Bayerische Rundfunk mit einer dritten Auszeichnung bedacht. In der Kategorie Hörfunk bekam Patrizia Schlosser den Sozialcourage Medienpreis für ihr Bayern 2 Feature "Die Witwe und der Polizist – Das Olympiaattentat und die Frage nach der Schuld".
Fast 50 Jahre nach dem verheerenden Attentat hatte sich Schlosser dafür mit ihrem Vater Guido auf eine Reise in die Vergangenheit begeben, der war bei den olympischen Spielen 1972 in München einer von acht Polizisten im Freiwilligenkommando zur Befreiung der Geiseln. Das würdigt die Jury des Sozialcourage-Medienpreises für die detaillierte Recherche, die spannende Dramaturgie sowie die menschliche und politische Intention des Beitrags mit den Worten: "Journalistisch perfekt gemacht!"
Aus der Laudatio vom 19.06.2023:
"Die Jury des Caritas Medienpreises München Oberbayern zeichnet Sie gemeinsam mit ihrem Team aus:
- für Ihren Mut zur Komplexität
- für Ihre Gabe, diese Komplexität verständlich zu machen
- für Ihre Sensibilität gegenüber den Menschen im Film - Sie ordnen ihre Armut ein und stellen sie nicht aus"
Der Film in der ARD Mediathek
"Komplizierte Sozialgesetzgebung, kurzfristige Absagen von sicher geglaubten Protagonistinnen und Protagonisten, Corona – nichts hat Christine Walter davor zurückschrecken lassen, diese großartige, einfühlsame und nachdenklich stimmende Dokumentation zu realisieren. Dafür höchsten Respekt und tiefsten Dank! Besonders die Reaktionen im Netz zeigen, dass sie den Finger in eine Wunde gelegt hat. Wir freuen uns mit ihr über die verdiente Anerkennung – und darüber, dass sie bereit ist, an dem Thema dran zu bleiben!"
Astrid Harms-Limmer, Leitung Politische Dokumentationen