Mitmischen! Zweiter Publikums-Dialog beim Weltspiegel
Am Freitag, den 18. Oktober 2024 hat der zweite ARD-weite Publikumsdialog beim Weltspiegel stattgefunden. Die vier ARD Redaktionen des Weltspiegels (BR, SWR, WDR und NDR) sowie 12 ARD-Auslandsstudios haben das Publikum eingeladen, verschiedene ARD Studios digital zu besuchen und den Arbeitsalltag der Korrespondenten kennenzulernen.
Mitmischen!, die beliebte Publikumsaktion des BR, gibt es seit letztem Jahr auch ARD-weit. Den Auftakt machte im Dezember 2023 die Sendung "Weltspiegel", die digital in die ARD Auslandsstudio einlud. Dieses Jahr kam noch eine Aktion der tagesschau am ARD Nachrichtentag dazu – und eine weitere Ausgabe von "Mitmischen! beim Weltspiegel".
WDR-Weltspiegel-Moderatorin Isabel Schayani begrüßte die rund 250-köpfige "Reisegruppe" aus Deutschland, Europa und den USA zu einem virtuellen Blick hinter die Kulissen der Weltspiegel-Redaktionen von BR, NDR, SWR und WDR. Dazu waren auch Natalie Amiri (BR), Ute Brucker (SWR) und Andreas Cichowicz (NDR) dabei, um die Fragen der Mitmischerinnen und Mitmischer zu beantworten.
Ein großes und heiß diskutiertes Thema: die Auswahl der Beiträge für die Sendung – mehr Aktualität oder doch auch Platz für zeitlose, aber konstruktive Geschichten? Ein Teil des Publikums lehnt "constructive news" im Weltspiegel ab und möchte hier vor allem über das aktuelle Weltgeschehen informiert werden, die anderen finden gerade den Blick auf Problemlösungen und Innovationen aus anderen Ländern besonders spannend und bereichernd.
Anschließend ging es wahlweise per digitalem Flugticket zu den Korrespondentinnen und Korrespondenten in die ARD Studios nach Johannesburg, Kiew, London, Los Angeles/ San Francisco, Madrid, New York, Prag, Warschau oder Washington. Der BR beteiligte sich mit zwei seiner vier ARD Auslandsstudios: Tel Aviv und Rom.
ARD Studio Tel Aviv
Am Vorabend des Publikums-Dialogs "Mitmischen! beim Weltspiegel" kam die Nachricht von der Tötung von Hamas-Chef Jihia Sinwar durch das israelische Militär. Das könnte eine Wende in diesem Konflikt sein. Alle Nachrichtensendungen in der gesamten ARD, ob Hörfunk oder Fernsehen, warten gespannt auf Berichte aus dem Studio Tel Aviv. Auch die tagesschau – sie ruft Christian Limpert während des 90 Minuten langen, virtuellen Mitmischen!-Studio-Besuches an. Die Kollegen aus Hamburg wollen besprechen, wie die Schalte um 20 Uhr inhaltlich aufgebaut werden kann. So erleben die Mitmischenden live den Arbeitsalltag eines Korrespondenten.
Sie erfahren unter anderem, dass Christian Limpert für die Live-Schalten in der tagesschau ohne Teleprompter arbeitet und auch ohne vorgeschriebene Texte. Er notiert sich nur Stichpunkte, formuliert dann aber frei. Und bekommt über den "Knopf im Ohr" eine Ansage, dass jetzt nur noch 10 Sekunden für ihn übrig sind und er zum Schluss kommen muss.
Nahbar und zugewandt - das Team in Tel Aviv
Trotz des arbeitsintensiven Tages nehmen sich Christian Limpert und sein Kollege Karl Broderix, der derzeit das Team in Tel Aviv unterstützt, ausführlich Zeit für den Dialog bei Mitmischen! Beide werben dafür, wie wichtig es ist, beiden Seiten in diesem Krieg eine Stimme zu geben. Denn: Für Leid gebe es keine Währung.
Der Studioleiter erzählt im Austausch mit den Mitmischerinnen und Mitmischern, dass im persönlichen Umfeld des Studios ein Kollege seinen Sohn nun als israelischen Soldaten in den Krieg nach Libanon ziehen lassen muss, ein anderer hat sein Kind bei dem Überfall der Hamas auf das Nova-Festival am 7. Oktober 2023 verloren. Das sei die eine Seite.
Auf der anderen Seite hat das Studio Mitarbeitende im West-Jordanland und im Gaza-Streifen. Auch deren Leid wiegt schwer.
"Gerade bei den kritischen Fragen der Parteinahme Pro-Israel und/oder Pro-Palästinan - ich glaube, wir konnten vermitteln, dass wir weder das eine noch andere sein wollen - und dürfen. Dass genau hier unser Auftrag liegt: Den Zuschauern mit all unserem Wissen und Können zu ermöglichen, sich eine eigene Meinung zu bilden,"
sagt der Münchner BR-Journalist Karl Broderix, der derzeit das Team in Tel Aviv unterstützt
Die Differenziertheit der Journalistinnen und Journalisten im ARD Studio Tel Aviv beeindruckt die Mitmischenden. Das unglaubliche Arbeitspensum und die psychologische Belastung sind weitere Themen beim Austausch mit dem Studio Tel Aviv.
"Mich hat gefreut, dass viele Mitmischerinnen und Mitmischer auch Interesse hatten an unserem persönlichen Leben hier. Dass wir für sie nicht nur Journalisten sind, die hier professionell ihren Job machen, sondern Menschen, die von diesem Leid auf allen Seiten und diesem komplexen Konflikt natürlich auch jeden Tag mitgenommen werden,"
so Christian Limpert, Studioleiter des ARD Studios in Tel Aviv
Auch Karl Broderix erzählte, er habe seit dem 17. September 2024, also seit er in Tel Aviv ist, nur wenige Stunden Freizeit gehabt. Trotzdem versuchen sie alle im Team, gemeinsam die belastende Situation gut zu meistern. Manchmal einfach nur mit einem gemeinsamen Feierabend-Bier auf der Dachterrasse des Studios. Und sie hätten auch alle die Möglichkeit, sich psychologische Unterstützung zu holen.
Mitmischer Luke Pätzold, der am Trinity College in Dublin Hebräisch studiert, konnte wegen des Angriffs der Hamas auf Israel sein Auslandssemester in Jerusalem letztes Jahr nicht antreten. Er freute sich deshalb über diese tiefen und persönlichen Einblicke. Genau dafür hatte er sich bei Mitmischen! angemeldet.
ARD Studio Rom
Die schönste Dachterrasse der Welt und ein großes Berichtsgebiet, das nicht nur Italien umfasst – das ist das ARD Auslandsstudio in Rom. Tilmann Kleinjung, der neue Leiter des Studios in Rom, kümmert sich darum, dass die Themen aus Italien, Griechenland und Malta ins ARD-Programm kommen - ob für Hörfunk, online oder Fernsehformate wie den Weltspiegel.
Wichtige Fragen geklärt!
Die Mitmischerinnen und Mitmischer, die digital nach Rom reisten, bekamen dort erst einmal eine virtuelle Führung durch das Studio! Dabei konnte auch eine wichtige Frage geklärt werden: Man sieht von der Dachterrasse des Studios in Rom zwar den Vatikan, aber den weißen Rauch, der verkündet, dass ein neuer Papst gewählt wurde, den sieht man von dort nicht. Anschließend nahm Cutterin Jutta Hespelein die Mitmischerinnen und Mitmischer mit in einen Schneideraum und erklärte, wie die Film-Berichte, zum Beispiel für den Weltspiegel, entstehen.
Mitmischer Stephan Holeczek bedankte sich für die tollen und spannenden Eindrücke – das hatte er in diesem Umfang gar nicht erwartet!
Die Themen in Rom und die Schwere, eines auszuwählen ...
Studioleiter des ARD Studios Rom, Tilmann Kleinjung, wird bei der Studioführung für Mitmischen! gefilmt.
Zum Berichtsgebiet des ARD-Studios in Rom gehören neben Italien, Malta und Griechenland. Die zunehmende Hitze und die schweren Überschwemmungen dort waren und sind Themen der Berichterstattung, genauso wie die Politik der Ministerpräsidentin Meloni in Rom und das Defizitverfahren der EU gegen Malta. Und so wurde auch darüber diskutiert, wie die Redaktion die Themen aus diesem großen Berichtsgebiet auswählt. Die Entscheidung ist oft schwierig: Italien als EU-Mitglied ist zum Beispiel ein Brennpunkt der Migration und aktuelles Thema ist gerade die exterritoriale Unterbringung von Geflüchteten in Albanien.
Gleich im Anschluss an die Veranstaltung musste Tilmann Kleinjung sich beeilen, um den Zug nach Neapel zu erwischen. Dort tagten die G7-Verteidigungsminister und versprachen der Ukraine auch weiterhin ihre Unterstützung im Kampf gegen Russland.
Fazit der Kollegen aus Rom
Vorher hat Tilmann Kleinjung aber noch ein Fazit von "Mitmischen! beim Weltspiegel" gezogen: "Die Fragen, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen, waren sehr klug - ein echt gut informiertes und interessiertes Publikum".
Und Moritz Pompl, der als ARD-Korrespondent in Athen arbeitet, findet: "Das sollten wir öfter machen – der direkte Austausch mit dem Publikum tut richtig gut!"
Mehr zu "Mitmischen! beim Weltspiegel"
Die "Reise-Berichte" aus den anderen ARD-Auslandsstudios finden Sie hier.