Fernweh: Graubünden im Winter Ein Streifzug durch Natur und Kultur abseits glamouröser Hotspots
Graubünden ist eine Region mit spektakulärer Bergkulisse und legendären Pässen, wie beispielsweise dem San Bernardino, und berühmten Orten wie Davos, der architektonisch weithin gerühmten Felsentherme von St. Moritz. Auf unserem alpinkulturellen Streifzug durch Graubünden im Winter sind wir fernab touristischer Hotspots und glamouröser Nobel-Skiorte unterwegs. Es geht hinein in die Winterstille, zum Beispiel auf einer Skitour zur knapp 2.300 Meter hoch gelegenen Zapporthütte.
Spirituelle Pole und Vielsprachigkeit
Als Karl der Große auf dem Rückweg von Pavia am Umbrailpass in einen heftigen Schneesturm geriet, gelobte er, eine Kirche zu errichten, falls er das Unwetter überleben würde. Gesagt, getan. Um 775 wurde so das Kloster St. Johann in Müstair gegründet, im äußersten Osten des heutigen Kantons Graubünden. Mit seinen karolingischen Fresken ist es ebenso UNESCO-Weltkulturerbe wie die Beneditkinerabtei Disentis in der Surselva im Westen von Graubünden. Zwei spirituelle Pole im einzigen Kanton der Schweiz mit drei Amtssprachen: Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch, das „Rumantsch grischun“.
Berühmte Orte und berühmte Pässe
Graubünden ist eine Region mit spektakulärer Bergkulisse mit legendären Pässen, wie beispielsweise dem San Bernardino, dem Oberalp-, Septimer-, Nufenen-, Splügen- und Julierpass, und berühmten Orten wie Davos, Flims-Laax, der Via Mala, der architektonisch weithin gerühmten Felsentherme von Vals und St. Moritz. Auf unserem alpinkulturellen Streifzug durch Graubünden im Winter sind wir aber fernab touristischer Hotspots und glamouröser Nobel-Skiorte unterwegs. Es geht hinein in die Winterstille, zum Beispiel auf einer Skitour zur knapp 2.300 Meter hoch gelegenen Zapporthütte, eine der ältesten Hütten der Schweiz im legendären Rheinwald zwischen der „Hölle“ und dem Paradiesgletscher.
Dreitausender, ein Viertausender, alte Berg- und neue Bergsteigerdörfer
Von den rund 1.000 Gipfeln in Graubünden sind 359 über 3.000 Meter hoch. Mit dem Piz Bernina ragt hier auch der einzige Viertausender der Ostalpen auf. 150 Täler durchziehen den Kanton, tiefe Schluchten wie die Via Mala, aber es gibt hier auch das höchstgelegene ganzjährig bewohnte Bergdorf der Schweiz: Juf. Bis 1961 war es mit der letzten planmäßigen Postkutschenlinie der Schweiz erreichbar, dann kam der Postbus, der bis heute das ganze Jahr über acht Mal täglich nach Juf fährt. Auch Bergsteigerdörfer gibt es Graubünden: Lavin, Guarda und Ardez. Sankt Antönien im Rätikon und somit im Norden von Graubünden an der Grenze zum Montafon war das erste Bergsteigerdorf des Kantons.
Society-Hotspots und das Schweizer Lawinenforschungs-Institut
Vom Berghaus Vastur geht's mit dem Rodel hinab ...
Davos und Klosters sind international bekannte Destinationen nicht nur für den Wintersport, sondern auch für Politiker, Wirtschafts-Magnaten und den Hochadel. Arosa und Lenzerheide stehen eher in der zweiten Reihe, locken aber mit einer nicht weniger großartigen Natur für Schneeschuhwanderer und Tourengeher. Auf unserem Streifzug durch Graubünden im Winter geht es auch von Sent im Unterengadin hinauf zum Berghaus Vastur und mit dem Rodel wieder hinab. Doch egal ob Rodeln, Winterwandern, Schneeschuh- oder Tourengehen - am Thema Lawinen kommt keiner vorbei, und da gibt es in Graubünden eine weltweit renommierte Institution: das Schweizer Lawinenforschungsinstitut, kurz SLF, gegründet 1941 in Davos. Aktuell wird am Snow Micro Pen geforscht.
Nachhaltigkeit im Safiental
Zu den Graubündner Seitentälern gehört auch das Safiental in der Surselva: eine wildromantische Winterlandschaft im Naturpark Beverin abseits skitouristischer Tummelplätze der betuchten Gesellschaft. Dass es auch anders und vor allem nachhaltiger geht, beweist das kleine Skigebiet von Tenna. Dort gibt es nur einen einzigen Lift - und der wird mit Solarpaneels betrieben. Auf Nachhaltigkeit setzt auch das Hotel Camana. Im einstigen Schulhaus des Safientals haben Michèle Hürlimann aus Zürich und Toni Bobe aus Bad Tölz ihre Wahlheimat gefunden. Beide betreiben das kleine Berghotel im Wechsel. Im Winter kommen vor allem Skitourengeher in das Hotel, das sich als „Beizli, Lotsch und Zuber“ versteht, „alpine wellness“ bietet, kulinarisch auf Produkte aus Garten, Alp und Natur setzt und zum Beispiel Habichtspilzsalz oder Alpenrosen-Brennessel-Pesto auftischt.
Die Quelle des Vorderrheins und Stein-Ski
In der Oberen Surselva nahe der Maighels-Hütte befindet sich die Quelle des Vorderrheins – und ein von der Nordsee zum Oberalppass transferierter Leuchtturm. Bei einer Skitour auf den Piz Cavradi lässt sich auch im Winter der junge Rhein überqueren. Auch Disentis liegt am Vorderrhein. Das Skigebiet ist ein Geheimtipp für Freerider. Pulverschnee-Sessions sind garantiert, wobei man auf Naturschnee setzt und oberhalb von 2.200 Metern nicht mehr beschneit.
In Disentis gibt es zudem eine der innovativsten Skischmieden der Alpen: Die Manufaktur heißt „zai“, das rätoromanische Wort für „zäh“. Hier werden Ski mit einem Kern aus Stein gefertigt - ein Zentimeter dicker Gneis bekommt eine Oberfläche aus Kautschuk und wird mit Karbonfasern umwickelt. Innovation meets Tradition! Das gilt auch für die mächtige Benediktinerabtei Disentis. Hier sichert eine moderne Landwirtschaft die Zukunft der Mönche, der neue Klosterstall ist ein Beispiel ungewöhnlicher Architektur. Die auch spirituelle Symbiose von Natur und Kultur steht ganz in der benediktinischen Tradition.
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