Permafrost-Forschung auf der Zugspitze 25 Jahre Umweltforschungsstation Schneefernerhaus
Die Umweltforschungsstation auf der Zugspitze ist in dieser Woche 25 Jahre alt geworden. Am Puls des Klimawandels wird hier geforscht, auch tief im Gipfel von Deutschlands höchstem Berg, wo sich der Permafrost beim Auftauen beobachten lässt.
Jahreszeiten im Kammstollen
Gebückt steigen wir im Licht der Stirnlampen den Stollen hinauf. Michael Krautblatter, Geologe und Professor für Hangbewegungen und Bergstürze an der Technischen Universität München, ist hier praktisch zuhause. Seit 2007 beobachtet er wie sich der Permafrost entwickelt, denn nicht nur draußen auf den Gletschern zeigt sich der Klimawandel, sondern auch hier drinnen im Berg. Wir sind an dieser Stelle auf 2800 Metern Höhe, hinter einer Tür in diesem einst für Touristen gebauten Stollen, zweigt ein Seitenstollen ab.
Unter der niedrigen Decke kriechen wir in der Hocke auf dem vereisten Boden vorwärts bis nahe an einen Holzverschlag. Dahinter liegt die Nordwand der Zugspitze. Die Tiefsttemperaturen im Winter durchdringen den Fels und sorgen dafür, dass der Fels im Inneren ganzjährig unter null Grad bleibt. Trotz der jetzigen Winterkälte draußen aber tropft es von den Wänden. Es liegt daran, dass die Jahreszeiten innen mit Verspätung ankommen. Die Sommerwärme dringt erst jetzt so tief ins Gestein. Während draußen Winter ist, befinden wir uns hier im Fels also im Hochsommer und genau an der feinen Grenze, bis zu der das Eis taut.
Elektromessungen im Fels
Jetzt rollt der Geologe ein Stromkabel aus. An Metallsteckern in der Felswand befestigen wir Elektroden. Weil der nasse Fels besser leitet als der vereiste, zeigen die Messungen an 140 Punkten genau, wie sich das Eis im Fels entwickelt. Aus den im Zweiwochen-Rhythmus gemessenen Werten hat sich eine lange Zahlenreihe entwickelt. Der Eiskörper im Gipfel der Zugspitze ändert sich nicht nur mit den Jahreszeiten, sondern er ist auch Jahr für Jahr geschrumpft, während die Durchschnittstemperatur hier gestiegen ist. Die Messungen ergeben eine eindrucksvolle Reihe: Seit 2007 ist die Durchschnittstemperatur im Fels der Zugspitze von -1,2 Grad auf heute -0,7 Grad gestiegen. Bei -0,5 Grad ist der Taupunkt erreicht.
Wenn der Permafrost taut
Wie nur an wenigen anderen Plätzen kann Michael Krautblatter hier im Kammstollen auf der Zugspitze ins Epizentrum der Eisschmelze blicken und beobachten, wie Klüfte aufgehen, durch die Wasser fließt, das wiederum die Schmelzprozesse im Gestein beschleunigt. Die Endphase des Permafrosts verläuft noch schneller als es der Forscher erwartet hatte. Besondere Sensoren machen die Signale der Zerfallsprozesse im Gestein auch hörbar. Solche Instrumente hat Michael Krautblatter auch am Hochvogel und anderen bergsturzgefährdeten Bergen installiert, um die Gefahrenbereiche zu überwachen.
Die Gipfel der Silvretta, das Fluchthorn und auch der Piz Buin unterliegen zur Zeit einer besonderen Beobachtung. Durch die steilen Felsflanken, in denen große innere Spannungen wirken, gelten sie als besonders bruchgefährdet. Durch die Forschung auf der Zugspitze wollen die Geologen die Vorgänge im Permafrost und im Gestein besser verstehen. Die Erkenntnisse setzt Michael Krautblatter sofort um, etwa auf Alpenvereinshütten wie der Stüdlhütte am Großglockner und in der Entwicklung von Vorwarnsystemen, denn die Veränderung vollzieht sich dynamisch. Das zeigt der Forschungsbesuch im dunklen Fels und Eis der Zugspitze eindrucksvoll.