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Neues Buch über Wiltrud von Bayern und die Berge Die unbekannte Berg-Prinzessin

Die Berge zählen zur bayerischen DNA, das zeigt sich auch durch Millionen von Bayern, für das Wandern oder der Bergsport allgemein zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen gehört. Einen frühen Anteil an dieser Bergbegeisterung hat das bayerische Königshaus: König Ludwig II. war ein früher Grüner, der für den Alpenschutz eingetreten ist und einige der schönsten Plätze mit seinen Märchenbauten markiert hat.

Von: Georg Bayerle

Stand: 06.05.2023 | Archiv

Prinzessin Wiltrud von Bayern | Bild: Karl May Verlag

Seine Mutter Marie von Preußen gilt als erste prominente Bergsteigerin in Bayern. Weitaus weniger bekannt ist Prinzessin Wiltrud, eines von 13 Kindern des letzten bayerischen Königs Ludwigs III. Über sie ist jetzt ein Buch erschienen.

„Mit Regen waren wir schlafen gegangen, mit Sonnenschein standen wir auf. Heute sollte eine Tagespartie gemacht werden. In schweren Nagelschuhen erschienen wir auf der Glasveranda zum Frühstück. In Serpentinen steigt die Flexenstraße zur Passhöhe, geht eben weiter bis Zürs und führt ins Lechtal hinunter. Früher gab es hier nur einen Saumweg. Die Aussicht nach rückwärts auf das freundliche Tal, die Berge, besonders auf die eisbedeckte Schesaplana-Gruppe, ist reizend, die Straße nicht minder abwechslungsreich“

Die "geliebte Trettachspitze" und die Berge über Einödsbach waren die Lieblingsszenerie von Prinzessin Wiltrud

So beschreibt die jugendliche Prinzessin den Aufbruch bei einem Familien-Ausflug zum Arlberg, den sie mit der Bahn erreicht hatten. Dann ging es zu Fuß weiter und gleich darauf wurde ihre ältere Schwester Hildegard von einem Stier auf einer Alm angegriffen. Ihr rotes Kragenfutter könnte den Bullen gereizt haben, mutmaßte Wiltrud selbst. Der Stier wurde dann vom Almhirten weggetrieben. So etwas hat das „wilde Mädchen“ Wiltrud, „das schon als Kind die Kahlheit der Berge liebte“, wie sie über sich schreibt, aber nicht erschüttert, sagt Ulrich Scheinhammer-Schmid. Der frühere Gymnasiallehrer aus der Fuggerstadt Weißenhorn in Bayerisch-Schwaben hat jetzt ein Buch über die unbekannte Prinzessin Wiltrud herausgebracht:

Wiltrud wurde die Lieblingsnichte der durch die Welt reisenden Wissenschaftlerin Prinzessin Therese. Beide haben später auch eisbedeckte Gipfel erklommen sowie öfter den Säntis und die Schesplana. Schon bei der Tour am Arlberg wurde die junge Prinzessin magisch vom Hochgebirge angezogen: „Dem Gletscherwinde Trotz bietend, wanderte ich für mich voraus, weil ich Murmeltiere sehen wollte. Hügel auf, Hügel ab, immer steigend, erreichte ich die Region der Schneegrenze. In diesem Steingewirr wäre es schwer gewesen, sich zurecht zu finden ohne die rote Wegmarkierung. Es ist ein seltsames Gefühl, so allein in den Bergen zu sein, aber ich genoss sie auf diese Weise viel unmittelbarer. Auf allen Seiten pfiffen die Murmeltiere; keckere streckten ihre Köpfe zum Bau heraus oder saßen auf den Hinterbeinen vor den Röhren. Da erschallt ein greller, warnender Pfiff des Nachbarn und die Tierchen sind verschwunden. Sechs Murmeltiere bekam ich zu Gesicht!“

Prinzessin Wiltrud

Schon als Jugendliche interessierte sich Wiltrud sehr für Natur, Biologie und Botanik und beschreibt die Naturphänomene, die sie erlebt. Mit dabei auf Tour war auch der Alpengärtner Franz Sündermann, der damals in Lindau die Alpengärtnerei aufgebaut ha, die heute noch in der vierten Generation existiert. Prinzessin Wiltrud hat beim Pflanzensammeln im Gebirge tatkräftig mitgeholfen: „Vor einer etwas gefährlichen Stelle hielt ich an und erwog, ob ich mit dem vollen, schweren Pflanzenkorbe den Sprung wagen sollte. Von unten musste es kritisch ausgesehen haben, denn Baron Laßberg rief mir ein lautes „Zurück!“ zu. Daraufhin machte ich erst recht den Sprung und lief nun auf bequemen Wegen zu den übrigen. Man zankte mich ein wenig und erzählte dann, dass der Träger Schmidt nur gesagt hatte: „Hat das Malefizmädel Schneid“, was mir viel Spaß machte. Eine Stunde gönnten wir uns Ruhe, ausgestreckt lag ich auf der Thymianwiese, dem Beispiele des Trägers folgend, der bereits schnarchte, während Mama malte und Baron Laßberg ihren Schirm hielt. Ein einziger verschmähte das wohlverdiente Rasten, das war Herr Sündermann, welcher unermüdlich seltene Pflanzen suchte und für seinen Alpengarten ausstach.“

So nett das auch klingt – zum Glück hat der Pflanzenschutz dieser Passion heute einen Riegel vorgeschoben. Für Wiltrud aber waren die Berge Abenteuer, Naturwunder und Freiraum zugleich, wo sie ihre Persönlichkeit ausleben konnte, die im höfischen Alltag förmlich wegkostümiert wurde. Dass sie kein unnützes Prinzessinnenleben führen wollte, hängt auch damit zusammen, dass sie schon mit 14 Jahren den Reiseschriftsteller Karl May angeschrieben und sich mit indianischen Sprachen befasst hat. Daraus entstand ein jahrzehntelanger Briefwechsel, später auch noch mit der Witwe des Schöpfers von Winnetou und Hadschi Halef Omar. Grund genug für Ulrich Scheinhammer-Schmid, die Briefe und mit ihnen auch Tagebucheinträge, Gedichte und Reiseberichte sowie die Arlbergfahrt zu veröffentlichen, im Karl May-Verlag.

Ab 1940 lebte Prinzessin Wiltrud in Oberstdorf. Das alte Jagdhaus ihres Großvaters Prinzregent Luitpold in Einödsbach mit direktem Blick auf ihre „geliebte Trettachspitze“, wie sie im Juni 1941 schreibt, lag ihr ganz besonders am Herzen. Außerdem wurde die bayerische Berg-Prinzessin zu einer frühen Anhängerin der Wildkräuterküche: „Nun stehen die Wiesen um mein Häuschen in vollster Blüte und wir könnten auf Liegestühlen in die Pracht der Farben schauen. Gemüsesuppen von Spinat à la Löwenzahn, Breit-Spitzwegerich haben meine Hausfrau und ich schon ausprobiert. Ich finde immer neue Zusammenstellungen.“.

Ein Kochbuch ist leider nicht überliefert, aber mit dem Buch gibt es nun einen Einblick in das Leben dieser unbekannten Prinzessin, die 1975 in Oberstdorf gestorben ist. Das alte Jagdhaus ging mit dem gesamten ehemaligen Gut des Prinzregenten Luitpold in die „Naturschutzstiftung Allgäuer Hochalpen“ des schwäbischen Unternehmers Manfred Kurrle über. Die einzigartigen Blumenwiesen gibt es übrigens auch noch!

Info:

„Prinzessin Wiltrud von Bayern. Der Briefwechsel mit Karl May“, herausgegeben von Ulrich Scheinhammer-Schmid im Karl May-Verlag zum Preis von 29,- €.

ISBN: 978-3-7802-0146-1 


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