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Fernöstlich inspirierter Wanderweg bei Dietfurt an der Altmühl QiGong-Wandern in Bayerisch-China

Es war im Jahr 1928, als die Faschingsnarren in Dietfurt an der Altmühl den ersten „Dietfurter Chinesen-Fasching“ ausrichteten. Was sich daraus alles entwickelt hat, ist schon erstaunlich: Kulturaustausch auf höchster Ebene zwischen Dietfurt und China und jede Menge Angebote, in und um Dietfurt Fernöstliches zu erfahren, zum Beispiel auf dem QiGong-Wanderweg.

Von: Bernd-Uwe Gutknecht

Stand: 24.08.2023

QiGong in Dietfurt: Marlene Gmelch-Werner hat den Qi Gong-Weg geplant | Bild: BR/Bernd-Uwe Gutknecht

Die Wanderung beginnt mit einem Klopfen, genauer gesagt mit einem Meridian-Klopfer, einem Holzstab mit einer Kunststoff-Kugel und einer Kunststoff-Spitze. Damit kann man den Körper abklopfen und dadurch die Energiebahnen aktivieren, in denen dann das Qi, die Lebensenergie, zum Fließen kommt. Bevor ich mit der QiGong-Lehrerin Marlene Gmelch-Werner losgehe, klopfe ich mir also den Staub vom Hemd und die Energie aus den müden Muskeln.

Qi Gong trifft Wegekreuz

Noch im Ortskern steht die erste von zehn Schautafeln am Weg, auf denen QiGong-Übungen für Anfänger wie mich erklärt werden. Ich habe das Glück, von einer Könnerin angeleitet zu werden, stelle mich schulterbreit hin, schließe die Augen und versuche mein Bestes und erst einmal, mein eigenes Gewicht zu spüren.

Es ist gar nicht so einfach, aus dem Alltagstrubel heraus sein Qi zu finden. Deshalb hat die Dietfurter Trainerin den Weg so angelegt, dass der QiGong-Wanderer bald am und im Wald steht, in den Buchenwäldern gemischt mit Eichen und Kiefern. Dann führt die Wanderung auf einem Wiesenweg am Laberweiher vorbei, in den Kreuzbergwald hinein und auf halber Höhe im Wald wieder zurück nach Dietfurt. Insgesamt ist der Weg drei Kilometer lang.

Auch im Dietfurter Mischwald sind Übungstafeln aufgestellt

Alle paar Minuten bleiben wir stehen und ich versuche, die grazilen Bewegungen und entspannenden Atemübungen von Marlene Gmelch-Werner nachzuahmen und mit meinen Gedanken ganz bei mir zu sein. Besonders gut fließt das Qi, wenn ein Gewässer in der Nähe ist - und davon gibt es bei Dietfurt genügend. Viele Bäche heißen Laber. Der Name kommt aus dem Keltischen: Laberer, der Labernde, das ist ein plätschernder Fluss.

Laberer gibt es unter den Menschen auch viele. Da hat eine verbale und digitale Auszeit durchaus mal Sinn. Genau das bietet das Franziskaner-Kloster in Dietfurt an. Auch bei den Mönchen können sich Besucher in QiGong oder TaiChi versuchen. Im angeschlossenen Meditationshaus laden Othmar Frahntal und seine Kollegen zu Schweige- und Meditationsseminaren ein. Das Schweigeseminar dauert eine ganze Woche, wobei Schweigen viel mehr ist, als nur den Mund zu halten. Schweigen bedeutet auch inneres Schweigen. Die Gedanken und Überlegungen sollen zum Schweigen kommen. Es geht auch so weit, dass wir mit den Sinnen schweigen, der Blick wird einfach nach innen gerichtet – und das muss man erst einmal psychisch verkraften. Deshalb gibt es Einführungskurse, Aufbaukurse und dann die strenge Form. Wenn man nach fünf oder zehn Tagen dann die Sinne wieder öffnet, sind alle Sinne gereinigt von Alltagsstress und Reizüberflutung.

Auch asiatische Zen-Meister kommen regelmäßig nach Dietfurt und wandeln dann mit ihren Gästen auf dem Zen-Meditationsweg rund um das älteste christliche Zen-Kloster Deutschlands. Natürlich ist die Natur ein Zugang, aber oft reicht schon ein Säuseln im Wind oder das Sprudeln von Regenwasser in der Dachrinne, um das Mysterium oder das Geheimnis darin zu erahnen. Es sind nicht die großen Dinge. Schon ein Blatt, das sich im Wind bewegt, kann zu Tränen rühren und das Leben in seiner ganzen Fülle erfahrbar machen.

Im 7-Täler-Restaurant findet „kulinarischer Kulturaustausch“ statt

Auch kulturell präsentiert sich Dietfurt als „Bayerisch China“, wie Pia Pritschet erklärt. Sie organisiert bei der Stadt Dietfurt den bayerisch-fernöstlichen Kulturaustausch. Da kann man zum Beispiel chinesisches Kunsthandwerk erlernen, Scherenschnitte basteln oder Knoten knüpfen und natürlich auch die chinesische Sprache erleben. Kurzum: In Dietfurt ist Bayerisch-China einfach „dahoam“.

Nichts gegen einen Scherenschnitt oder chinesisches Knotenknüpfen, aber nach so viel Qi und Zen für die Seele brauche ich jetzt etwas Handfestes für den Magen. Im Wok zaubert der Koch des 7-Täler-Restaurants, Kam Wing Yuen, in chinesischer Windeseile ein köstliches Menü. Zusammen mit seiner Frau veranstaltet Herr Yuen auch Kochkurse und Tee-Zeremonien. Schließlich kennt man in seiner Heimat über 1.000 verschiedene Tees, aber meistens wird Jasmintee oder Grüner Tee oder der teure Pu-Erh getrunken. Die chinesische Schnaps-Verkostung nehme ich mir dann für meinen nächsten Besuch vor, wie auch Herrn Yuens Beitrag zum kulinarischen Kulturaustausch in Bayerisch-China: Schweinsbraten und Haxn mit chinesischen Gewürzen, zum Beispiel mit schwarzen Bohnen, Ingwer und, Knoblauch. Eben ein Stück China mitten in der Oberpfalz!


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