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Salzwasserhippos und grüne Meeresschildkröten Inselwandern im Bijagos-Archipel vor Guinea-Bissau

Inselwandern auf eher ungewohnte Art ohne Wanderwege, aber in einer einzigarti-gen Naturlandschaft kann man im Bijagos-Archipel vor Guinea-Bissau an der Küste Westafrikas. Der Archipel besteht aus 88 Inseln. Die meisten davon sind unbe-wohnt, jede für sich ist ein besonderes Kleinod.

Von: Georg Bayerle

Stand: 13.04.2024

Salzwasserhippos und grüne Meeresschildkröten vor der westafrikanischen Küste | Bild: BR; Georg Bayerle

Allein der Weg dorthin hat es in sich - und wenn man dann einmal den Fuß in den Sand einer der Inseln gesetzt hat, beginnt das Abenteuer.

Insel in Sicht

Portobello, schöner Hafen, heißt der Anlegeplatz, sagt Mariana, die Direktorin der Öko-Lodge, eineinhalb Stunden von der Hauptstadt Bissau entfernt mit einem wackeligen Steg zwischen Mangroven. Es ist ein Seitenarm des Geba, des größten Flusses von Guinea-Bissau. Dann winkt uns Mariana hinterher, einer kleinen Gruppe Touristen mit einheimischen Begleitern, die jetzt ins gleißende und kilometerbreite Mündungsgebiet des Geba aufbricht. Draußen im Meer liegen die 88 Inseln des Bijagos-Archipels.

Erkundung der Savanne im Inselinneren

Was diese Inseln so besonders macht, zeigt sich gleich, als die Fahrt nach drei Stunden im flachen Wasser am Strand der Insel Uno endet: Tellergroße Fußabdrücke mit vier Zehen gehen uns voraus aus dem Meer ins Buschwerk. Mannshoch wächst das Savannengras, Schirm-Akazien stehen darin. Dann bleibt Belmiro, der einheimische Guide, stehen und zeigt nach vorn in eine Lagune. Hier halten sich ab Oktober und November die Flusspferde auf, zudem noch Krokodile und viele Vögel, zum Beispiel Ibisse und große Löffler. Nur hier gibt es die Salzwasser-Hippos. Nachts gehen sie an den Strand und schwimmen im Meer, tagsüber verbergen sie sich in den sumpfigen Lagunen.

Das Bijagos Archipel

Vor allem in den Wintermonaten sind die Inseln des Bijagos-Archipels mit ihrer abwechslungsreichen Vegetation, in der Savanne und Sumpf, das Meer und der Wald auf kleinstem Raum wechseln, ein wahres Paradies für Vögel – und für Ornithologen wie Raul aus Spanien. Er beobachtet hier unzählige Vogelarten in allen Farben, Formen und Gestalten. Das Spektrum reicht von sechs verschiedenen Eisvogel-Arten über Schnepfen bis zum Schlangenhalsvogel und afrikanischen Kolibris. Nach einem weiteren Stück Savanne wird es richtig sumpfig. Die Füße sinken bis über die Knöchel im schwarzen Matsch ein. Irgendwo aus den völlig verwachsenen Tümpeln kommen grunzende Laute. Die Salzwasserhippos bleiben tagsüber lieber unter Wasser. Es hat viel geregnet, die Tiere schlafen hier und gehen nur in der Nacht an den Strand. Es sind weltweit die einzigen Flusspferde, die in zwei Ökosystemen leben.

Die Leute aus dem zwei Kilometer entfernten Dorf starten jetzt am Nachmittag zum Fischen, damit sie sicher sind. Zurück kommen sie erst gegen 7 Uhr am Morgen, wenn die Hippos den Strand verlassen haben. So ein Salzwasser-Flusspferd vertilgt rund 60 Kilo Grünzeug am Tag. Fallen die Hippos in ein Reisfeld ein, ist hinterher alles kaputt. Die Betreiber der Öko-Lodge haben den Dorfbewohner Elektrozäune angeschafft, um die Hippos von den Feldern abzuhalten. Um die optimale Balance zwischen den Menschen und der in ihrer Ursprünglichkeit überwältigenden Natur kümmert sich die Leute der Öko-Lodge. Die Salzwasserhippos sind streng geschützt und gelten bei den Einheimischen als heilige Tiere.

Ankern vor Poilao

Die Insel Poilao liegt am weitesten draußen im Atlantik und ist zugleich eine der kleinsten im BIjagos-Archipel, nur knapp einen Quadratkilometer groß. Poilao aber gilt als einer der Hotspots der grünen Meeresschildkröten. In der Paarungszeit im Herbst steuern rund 30.000 Tiere die Strände der Insel an und graben ihre Nester in den Sand. Seit 1996 ist die Insel Teil eines Nationalparks, aber nicht nur die Ranger, vor allem auch die Einheimischen passen gut auf die Tiere auf.

Belmiro der Guide beim Pflanzenbestimmen

Unser Guide Belmiro arbeitet als Koch in der Öko-Lodge, wo nur lokale Produkte verarbeitet werden, zugleich ist er der Naturführer auf den Exkursionen. In der Abenddämmerung umrunden wir Poilao, mal über Felsen vulkanischen Ursprungs, mal durch den Sand. Früher hat Belmiro wie alle anderen auf dem Feld gearbeitet und gefischt, auch die Meeresschildkröten. Das hat sich geändert, denn inzwischen sind auch die Schildkröten wie die Salzwasser-Hippos heilige Tiere; Sie oder ihre Eier werden von niemandem mehr verzehrt. Es gibt nur noch natürliche Fressfeinde: an Land Leguane und im Meer Baracudas und Haie. Wenn man in der Saison einem Hai den Bauch aufschneidet, erzählt Belmiro, findet man immer ein paar kleine Schildkrötenpanzer.

Die Einheimischen Bijagos, die wegen ihrer entlegenen Inseln recht gut durch die portugiesische Kolonialzeit gekommen sind, haben gelernt, auf die Schildkröten aufzupassen. Die wenigen Touristen, die immer nur in kleinen Gruppen und von Guides begleitet auf der Insel erlaubt sind, sichern ihren Lebensunterhalt. So tragen die Touristen zum Schutz der Meeresschildkröten bei.

Auf dem Weg ins Meer

Instinktiv wühlen sich die Babyschildkröten, wenige Minuten nachdem sie geschlüpft sind, mit hektischen Flossenschlägen zielsicher zum Meer hin und lassen sich von den auslaufenden Wellen ins Wasser treiben - einem ungewissen Schicksal entgegen. Statistisch schaffen es nur ein bis zwei Schildkröten nach 20 Jahren irgendwo in der Tiefsee wieder genau an den gleichen Ort zurückkehren, von dem sie stammen. Hier pflanzen sie sich dann fort – und das geht seit ungefähr 120 Millionen Jahren so.

Schalen aus einem frischen Schlupf

Der Nestbau und die Eiablage finden im Dunkeln statt, wenn die schwerfälligen Wassertiere vor der Tropensonne geschützt sind. Ein paar Stunden haben wir auf Matten im einfachen Camp der Insel geschlafen, bis die Flut kommt. Mit dem steigenden Wasser lassen sich die rund 150 Kilo schweren Meeresschildkröten an den Strand treiben, schleppen sich dann mühsam den Sand hinauf und fangen an, mit geschickten Drehschlägen ihrer Flossen ein Loch zu buddeln. Bei Rotlicht, das die Tiere nicht stört, lässt sich das beobachten. Es dauert ungefähr zwei Stunden, das Loch wird einen halben Meter tief, dann legen sie 50 bis 100 Eier hinein und kehren ins Meer zurück. Schaffen Sie es nicht bis zum Tagesanbruch, dann vertrocknen die Weibchen in der Tagessonne am Strand. Dennoch haben es diese Nachfahren der Dinosaurier durch die Jahrmillionen hindurch geschafft zu überleben. Es fühlt sich wirklich an wie ein heiliges Geschehen. Es ist ein Ereignis, das zeigt, was Leben auf diesem Planeten überhaupt bedeutet.

Auf vorbildliche Weise kombiniert das Besucherkonzept im Bijagos-Archipel Naturschutz und sanften Tourismus. Weil das wirklich so besonders ist, gibt es im kommenden Oktober eine Entdeckungsreise mit den Bayern-2-Radio-Reisen zum Bijagos-Archipel in Guinea-Bissau.

Alle Informationen finden Sie unter:
www.brreisen.de/reisen/bijagos-archipel-entdeckungsreise-mit-den-bayern-2-radioreisen-in guinea-bissau/


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