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Mit Gleitschneeschuhen den Spuren der Tiere folgen Nachtwanderung in Lappland

Eine nächtliche Wanderung im Ylläs Nationalpark ist besonders reizvoll. Nicht nur, weil man nach Polarlichtern suchen kann, sondern auch nach den Spuren von Rentieren, Fuchs und Specht. Auf sogenannten Gleitschneeschuhen geht's leise durch das finnische Lappland.

Von: Ulrike Nikola

Stand: 16.12.2023

Mit Gleitschneeschuhen den Spuren der Tiere folgen | Bild: BR; Ullie Nikola

Zu viert gleiten wir auf Sliding Snow Shoes hinter Saku Nummi durch den Schnee. Mit dem Wildnis-Führer von Ylläs Experiences sind wir bei anbrechender Polarnacht im Ylläs Nationalpark unterwegs. Das Besondere hier sind die Fells, die hügeligen Berge, die wie Kegel drei- bis vierhundert Meter hochragen. Sie sind vor sehr langer Zeit entstanden und durch die Erosion liegt nur eine dünne Schicht Erde über dem Gestein, erklärt Saku Nummi: „Es ist also eine arktische, magere Grundlage, an die sich die Pflanzen und Tiere angepasst haben, um zu überleben.“

Gleitschneeschuhe: Mischung aus Schneeschuhwandern und Langlauf

Im Licht unserer Stirnlampen wandern Mira, Johanna, Phil und ich auf den Sliding Snow Shoes gleitend zwischen Kiefern, Föhren und Tannen hindurch. Die kurzen, breiten Skier haben eine Schneeschuhbindung und ermöglichen daher eine Mischung aus Schneeschuhwandern und Langlaufen. Saku Nummi zeigt uns eine hohe, rund 400 Jahre alte Kiefer, die in der Mitte gespalten ist. Man denkt, sie sei abgestorben, doch oben in der Krone wachsen frische Zweige. In solchen Baumriesen fühlen sich unter anderem Spechte sehr wohl und prompt findet Phil eine Feder im Schnee, die die für den Specht typischen weißen Punkte aufweist.

Kurz danach entdecken wir eine Fuchs-Spur und kommen anschließend an einem Schneeloch vorbei, das vielleicht einen halben Quadratmeter groß ist. Ganz unten am Boden schimmern grünlich-grau-braune Flechten durch. Wir wären achtlos daran vorbeigelaufen, wenn uns der Wildnis-Führer nicht darauf hinweisen würde, dass hier ein Rentier nach Futter gesucht hat: „Rentiere können sehr gut riechen und nehmen den Duft der Flechten sogar durch den Schnee hindurch wahr“, erklärt uns Saku Nummi. Mit ihren Hufen scharren die Rentiere im Schnee. Schwierig wird es für sie nur, wenn sich Eisschichten gebildet haben. Hier oben am Polarkreis ist die Rentierflechte im Winter meist ihre einzige Nahrungsquelle, allerdings eine sehr schmackhafte, die sie lieben. Das Überleben im Winter ist mühsam, wenn alles Essbare metertief unter der Schneedecke verborgen liegt.

Rentiere ziehen sich in den Wald zurück

Auf den Spuren der Tiere im verschneiten Lappland

Uns geht's besser, denn wir haben heißen Tee und ein paar Plätzchen im Rucksack dabei. Es sind minus 20 Grad, aber die trockene Kälte ist mit passender Kleidung gut auszuhalten. Doch der Wind nimmt zu, als wir aus dem Wald heraus gleiten ins flache Sumpfgebiet. Im Sommer nisten hier viele Vögel, die von weither nach Lappland fliegen. Denn sie finden in den Sümpfen ein großes Nahrungsangebot mit ziemlich vielen Mücken. Jetzt im Winter liegt hier eine große, freie, weiße Fläche vor uns. Wir können unsere eigene Spur im Schnee legen, müssen aber aufpassen, dass sich darunter keine Rinnsale gebildet haben, in die wir einbrechen. So gleiten wir durch die Stille. Nur das Knacken der Schneekristalle unter unseren Gleitskiern ist zu hören. Ich frage mich, ob wir trotzdem unnötigerweise Wildtiere aufschrecken. Doch Saku Nummi erklärt, dass er immer extra Routen am Rande des Ylläs Nationalparks wählt, weil sich die Tiere in der Regel tiefer in die Wildnis zurückziehen.

Bewusstsein für Natur- und Umweltschutz schärfen

Polarlichter über dem Yllas Nationalpark in Lappland

„Sie versuchen so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen und bewegen sich nicht viel. Daher kommen wir ihnen eigentlich nicht zu nahe. Wir versuchen also unseren störenden Einfluss zu minimieren“, erklärt der Wildnis-Führer. Solche Exkursionen sollen auch dazu beitragen, die Menschen besser über Flora und Fauna aufzuklären und das Bewusstsein für den Natur- und Umweltschutz zu schärfen. Johanna ist von der nächtlichen Wanderung fasziniert, weil sie die Umgebung und die leisen Geräusche viel intensiver wahrnimmt. Auch Mira ist positiv überrascht, dass es gar nicht „pechschwarz“ in der Nacht ist, sondern noch Restlicht vom Schnee reflektiert wird. Sie findet die Stimmung besonders magisch. Am Anfang der Wanderung hatten wir unsere Stirnlampen noch eingeschaltet, doch mittlerweile brauchen wir sie nicht mehr. Unsere Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt. Natürlich hoffen wir auch Polarlichter am Himmel zu sehen. Doch es ist recht bewölkt und nur manchmal reißt es kurz auf. Die Sami, also die Ureinwohner Lapplands, kennen zahlreiche sagenhafte Geschichten über die leuchtenden Nordlichter.

„Ein Glaube ist, dass man leise sein muss, wenn man Polarlichter sieht. Denn es seien lebendige Kreaturen, die einem Böses antun, wenn man sie durch Lärm stört“, erzählt Saku Nummi. Deshalb gleiten wir weiter ruhig durch die verschneite Winterlandschaft. Ob mit oder ohne Polarlichter am Nachthimmel ist das Naturerlebnis tief beeindruckend.


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