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Historisches Almdorf und neues Bergsteigerdorf Portrait von Göriach im Salzburger Lungau

Wo die Berg-Welt noch in Ordnung ist: Seit über zehn Jahren zeichnen die Alpenvereine besondere Bergsteigerdörfer aus, die den Kriterien der Alpenkonvention entsprechen: Orte mit naturverträglichem Tourismus und traditioneller Kulturlandschaft. An diesem Wochenende wird Göriach im Salzburger Lungau als neues Bergsteigerdorf gekürt.

Von: Ulrike Nikola

Stand: 10.09.2021 | Archiv

Göriach: Bergsteigerdorf Göriach | Bild: BR/Ulrike Nikola

Früher hat es oft geheißen, der Salzburger Lungau sei verschlafen und ein wenig altmodisch. Heute weiß man, dass genau das im Trend liegt. Denn eine weitestgehend intakte Natur, kleinteilige Landwirtschaft und eine eindrucksvolle Bergwelt mit stillen Seitentälern ohne Durchgangsverkehr zählen zu den Qualitäten dieser Naturregion. Sie wurde bereits 2012 als UNESCO Biosphärenpark Salzburger Lungau ausgezeichnet. Nun kommt eine weitere Auszeichnung hinzu: Die kleine Gemeinde Göriach auf rund 1200 Metern wird zum Bergsteigerdorf gekürt. Damit heben die Alpenvereine besondere Orte hervor, die den Kriterien der Alpenkonvention entsprechen - für sanfte touristische Ansätze zu einer gesamtheitlich nachhaltigen Entwicklung dieser Dörfer und Regionen. Somit wissen auch Naturgenießer und Bergsportler, dass sie in diesen Dörfern noch so etwas wie eine „heile Welt“ finden.

Weniger kann manchmal mehr sein

Bürgermeisterin Waltraud Grall im Hüttendorf in Hintergöriach

Hügelige Wiesen mit Wald und verstreuten Häusern und Höfen steigen leicht an zum enger werdenden Talsschluss. Dort liegt in Hintergöriach ein malerisches Hüttendorf, umgeben von stattlichen Gipfeln. In den vier Ortsteilen Vorder- und Hintergöriach, Fern und Wassering leben rund 350 Einwohner. Jeder kennt jeden, und es geht beschaulich zu. Die Gäste nächtigen auf Bauernhöfen, in Ferienwohnungen und in zwei Gasthöfen im Ort. Ansonsten sucht man vergeblich nach massentouristischen Einrichtungen oder technischer Erschließung des alpinen Raumes wie Skilifte, Seilbahnen oder ausgebaute Schnellwege. In Göriach finden die Gäste vor allem Naturschönheiten, viel Genuss und Ruhe.

Spaziergänge, Wandertouren und Gipfelbesteigungen

So waren es die Alpenvereine, die an die Gemeinde Göriach herangetreten sind, um es als Bergsteigerdorf auszuzeichnen. Darüber freut sich natürlich Bürgermeisterin Waltraud Grall, und ein bisschen stolz erzählt sie, dass die Gemeinde Göriach von Vorneherein alle Kriterien dafür erfüllt hat. „Wir haben zahlreiche Wanderrouten von familientauglichen Spaziergängen bis zu hochalpinen Touren, beispielsweise auf den 2864 Meter hohen Hochgolling, den höchsten Berg der Niederen Tauern. Außerdem haben wir viel Wald und Natur pur im Talschluss.“  Mit der Ernennung der Bergsteigerdörfer wollen die Alpenvereine unter anderem dazu beitragen, dass diese Orte unterstützt werden und in dieser Form erhalten bleiben – in ihren kleinteiligen Strukturen und mit sanftem Tourismus.

Schafzucht und Milchvieh

Während im vergangenen Jahrhundert noch mehr als 2000 Schafe auf den Hochalmen grasten, sind es jetzt nur noch rund 250, die von Mitte Mai bis Ende September oben am Berg leben. Auch die vierzig Tiere von Bauer Matthias Wirsperger sind dabei. Er erzählt, dass das sogenannte „Schöpsern“ im Salzburger Lungau beliebt ist, dann werden im Herbst die halbjährigen Lämmer in der Pfanne mit Kartoffeln und Kraut zubereitet. Auch die Milchviehwirtschaft hat in Göriach eine lange Tradition, auch wenn sie heute überwiegend ein Nebenerwerb ist wie auf dem Haashof von Roswitha und Christian Zehner: Daisy, Vera, Rickie und die anderen Milchkühe werden abends im Stall gemolken, während das Jungvieh oben auf der Alm ist. Die Feriengäste bekommen selbstgemachte Butter, frische Eier aus dem Hühnerstall und morgens in der Stube gebackene Brötchen. Eine gute Stärkung für den (Wander-)Tag.

Getreide, Honig und mehr

Getreidespeicher aus dem Jahr 1794

Wenn man durch die ländlich geprägten Ortsteile geht, entdeckt man einige schön bemalte Fassaden sowie ein kleines Häuschen aus dem Jahr 1794. Es ist ein alter Getreidespeicher, den italienische Wanderarbeiter im 18. Jahrhundert errichtet haben.

Es gibt noch mehr Interessantes zu entdecken: Gegenüber vom Lacknerhof hat Imker Leonhard Gruber einen Bienenlehrpfad errichtet, den man mit und ohne Führung besuchen kann. Es ist ihm wichtig, das Verständnis für die Natur und deren Zusammenhänge zu fördern, in der die Biene eine große Rolle spiele: „Ohne Bienen gibt es weniger Bestäubung, und ohne Bestäubung keine Früchte und keine Samen. Die meisten unterschätzen den Wert dieses kleinen Tieres sehr stark“, sagt er. Leonard Gruber hat rund vierzig Bienenvölker und kann sich keine schönere Gegend zum Imkern vorstellen, weil es in der Göriacher Gegend keinen intensiven Ackerbau mit Chemikalien und Pestiziden gebe. „Deshalb haben wir hier den besten Honig der Welt“, sagt er lachend. Der Honig sei nur eine von vielen, vielen Gründen, warum es sich lohne das neu gekürte Bergsteigerdorf Göriach zu erkunden.

Karte: Göriach

Interaktive Karte - es werden keine Daten von Google Maps geladen.

Karte: Göriach


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