Docs auf Schicht (6/6) Adipositaschirurgie, Augennotfälle, HNO-Tumor-OP
Wenn die Not am größten ist, kommt es auf sie an: Retter, Pfleger, Ärzte. Aber wie sieht der Alltag in Bayerns Kliniken aus? Gesundheit! begleitet Docs auf Schicht: In der Viszeralchirugie der Lubos Kliniken München, in der Augenklinik des Nürnberger Klinikums Nord und in der HNO Klinik des Universitätsklinikums Regensburg
Um 7:00 Uhr beginnt der Tag in der Viszeralchirurgie der Münchner Dr. Lubos Kliniken für das Team um Prof. Thomas Hüttl und Dr. Peter Stauch. Auf Station 3 liegen viele Patienten, die wegen Leistenbruch oder anderen chirurgischen Eingriffen am Bauch hier sind. Doch die meisten haben eine Magen-Verkleinerungen hinter sich.
Adipositas: Letzter Ausweg Magenverkleinerung
Patientin Dorothea will sich heute einer Schlauchmagen-OP unterziehen. Seit vielen Jahren kämpft sie gegen Adipositas. Jetzt freut sie sich auf die OP und die mögliche Veränderung.
Ein paar Zimmer weiter wartet auch Yasemin Bayram auf ihren Eingriff. Auch sie will sich den Magen verkleinern lassen. Etwa 90% des Magens kommen dabei weg. Nach der OP haben die Patienten einen Schlauchmagen mit einem Volumen unmittelbar nach der OP von weniger als hundert Milliliter.
"Da wird einem erstmal klar, wie viel die Patienten eigentlich gelitten haben. Oft heißt es ja, die Patienten wollten den leichten Weg gehen. Das ist aber nicht so. Ihnen fällt schon dieser Schritt, zu uns zu kommen, sehr, sehr schwer. Die OP ist prinzipiell das letzte Mittel und auch nur ein Baustein von vielen. Die Patienten müssen eine lebenslange Nachsorge machen. Sie müssen sich an die Regeln halten und in die Ernährungsberatung gehen. Adipositas ist nicht heilbar, das muss man einfach wissen."
Dr. med. Peter Stauch, Dr. Lubos Kliniken Bogenhausen
Magenverkleinerungs-OP: So läuft sie ab
Zunächst wird der Bauch mit Gas aufgebläht, damit genügend Platz zum Operieren ist. Über mehrere kleine Schnitte werden die Instrumente eingeführt. Eine Kamera liefert das Livebild auf den Monitor. Stück für Stück wird der Magen freigelegt und von Fettgewebe getrennt. Die Ärzte dürfen dabei die sensiblen umliegenden Organe nicht verletzen.
Dann wird der Magen verkleinert: Die Anästhesistin führt einen Schlauch über die Speiseröhre in den Magen. Entlang diesem wird die Magenwand mit einem Spezialgerät durchtrennt, das die Stelle sofort wieder verschließt. Auf diese Art und Weise ist der Magen zu keiner Zeit offen. Anschließend hat er noch ein Restvolumen von ungefähr 50 bis 100ml. Für die Dichtigkeitsprobe pumpt das Team einen blauen Farbstoff in den verkleinerten Restmagen und prüft, dass nichts davon austritt. Der abgetrennte Teil des Magens wird durch die Bauchdecke herausgenommen. Zum Abschluss werden die OP-Wunden vernäht. Alles hat geklappt, die OP ist ohne Komplikationen verlaufen.
Auch Martin Schubert hat gerade eine OP hinter sich, allerdings eine andere.
"Ich habe einen Magenballon bekommen, damit ich endlich abnehme. Anders schaffe ich es nicht. Es ist ein einziger Kampf und nichts wirkt. Man kommt mit Hängen und Würgen gerade noch in den ersten Stock. Mit Hecheln und Keuchen. Zeit meines Lebens war ich dick. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben und jetzt muss endlich einmal Schluss sein."
Martin Schubert, Patient
Unterdessen macht Prof. Thomas Hüttl eine Magenspiegelung. Als Chefarzt verfolgt er die Fortschritte, die es in der Forschung nach Medikamenten und neuen Therapien gegen Adipositas gibt.
"Ich bin lange genug Arzt und habe Erkrankungen erlebt, die wir früher chirurgisch gelöst haben, bei denen man heute aber nie wieder operieren würde. Insofern hoffe ich, dass in zehn bis dreißig Jahren etwas gefunden ist, wo man sagt: Chirurgie bei Übergewicht, das ist von damals."
Prof. Dr. med. Thomas Hüttl, Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie und Endoskopie, Dr. Lubos Kliniken Bogenhausen
Am Abend schaut Dr. Stauch nochmal bei den frisch operierten Patienten vorbei. Patientin Dorothea ist nach ihrer OP glücklich. Sie hofft, dass jetzt ein neues Leben für sie beginnt.
Augenklinik Nürnberg Nord: Notfälle und komplizierte Eingriffe
Das Team der Augenklinik des Klinikums Nürnberg Nord leitet Prof. Josef Schmidbauer. Bei der Morgenvisite laufen nicht die Ärzte von Zimmer zu Zimmer, sondern die Patienten. Denn in der Augenmedizin geht ohne Geräte gar nichts: Grauer Star, Sehnervinfarkte, Unfälle, Infektionen, die unterschiedlichsten Erkrankungen werden hier behandelt.
"Die Notfallversorgung ist ein großer Teil unserer Arbeit. Die meisten unserer Patienten sind dringliche Patienten oder Notfälle. Viele kommen einfach ohne Termin, mit Verletzungen, mit Schmerzen oder auch Glaukomanfällen."
Prof. Dr. med. Josef Schmidbauer, Klinik für Augenheilkunde, Klinikum Nürnberg Nord
OP gegen gefährliche Netzhautablösung
Auf Station schaut sich Dr. Luciani Patient Heinrich Braun an, der heute operiert werden soll. Sein Sehvermögen ist stark eingeschränkt. Er sieht Schatten und Blitze. Er hat eine Netzhautablösung entwickelt und braucht dringend eine Operation.
Minuten vor der OP ist Heinrich Braun bewundernswert gelassen. Neben der abgelösten Netzhaut behandelt Dr. Luciani, der den Eingriff durchführt, auch den Grauen Star von Heinrich Braun. Über einen 2,2 Millimeter großen Schnitt saugt das Team dafür die getrübte Linse ab. Eine neue Kunstlinse kommt hinein, die sich wie ein Satellit entfaltet.
Das Auge wird während der OP von innen beleuchtet, die abgelöste Netzhaut zeichnet sich dabei weiß ab. Die Vitrektomie beginnt, die Entfernung des Glaskörpers. Mit blauer Farbe werden pathologisch veränderte Schichten deutlich sichtbar. Operateur Dr. Francesco Luciani muss die hauchdünne innere Grenzmembran mit der Pinzette entfernen.
"Wir haben die Membran, also die Narben entfernt, jetzt machen wir Luft ins Auge."
Dr. med. Francesco Luciani, Klinik für Augenheilkunde, Klinikum Nürnberg Nord
Die Luftblase drückt die Netzhaut an. Flüssigkeit, die durch Risse und Löcher in der Netzhaut eingedrungen ist, wird abgesaugt. Danach werden die Risse mit einer Kältesonde und einem Laser geschlossen. Mit Silikonöl wird die Netzhaut von innen wieder angedrückt. Am späten Nachmittag wird Heinrich Braun zur Kontrolle nochmals untersucht. Alles sieht bestens aus.
Offene Hornhaut durch Infektion
Ein anderes, ernstes Problem hat eine Patientin aus der Ukraine. Sie hat eine Infektion im Auge, ihre Hornhaut ist offen. Eine OP ist die einzige Lösung, um die offene Augenoberfläche wieder zu schließen.
Die Hornhaut der Patientin ist durch frühere Operationen und einen Infekt schwer beschädigt. Dr Florian Bauer operiert die Patientin.
"Damit die Oberfläche wieder abheilt, werden wir jetzt eine Amnion-Membran aufnähen. Aus der menschlichen Placenta, aus dem Mutterkuchen ist das eine Gewebeschicht, die hat viele Wachstumsfaktoren und das begünstigt die Heilung."
Dr. med. Florian Bauer, Klinik für Augenheilkunde, Klinikum Nürnberg Nord
Das vorher zugeschnittene Scheibchen wird auf die beschädigte Hornhaut gelegt und vernäht. Dazu braucht es höchste Konzentration und eine ruhige Hand. Die Patientin hat keine Schmerzen, alles läuft glatt.
Augennotfall: Infarkt im Auge
Auf dem Gang der Station wartet derweil eine neue Patientin. Sie hat gerade eine neues Knie bekommen und muss jetzt schon wieder in die Klinik. Dieses Mal mal wegen ihrer Augen. Am Morgen hatte sie noch gedacht, nur leichte Sehstörungen zu haben. Aber das Problem ist ernst, sie hat einen Augeninfarkt. Der muss dringend behandelt werden.
Prof. Schmidbauer betreut für heute seinen letzten Patienten. Fynn hat einen angeborenen grauen Star, seine Augen sind linsenlos. Er hatte bereits etliche OPs, morgen wird er wieder operiert, da er einen hohen Augendruck hat.
Uniklinik Regensburg: Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
In der HNO-Uniklinik beginnt die Frühschicht mit der gemeinsamen Morgensitzung. Von Operationen bis zu Krebs-Therapien: Vieles können Prof. Christopher Bohr und sein Ärzteteam planen, aber nicht alles.
"Es gibt viele Notfälle in der HNO. Wir haben Blutungsnotfälle und wir haben Atmungsnotfälle vor allem und die ganze Traumatologie, die als Notfall dazwischenkommen kann."
Prof. Dr. med. Christopher Bohr, Chefarzt, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, UK-Regensburg
HNO-OP: Handelt es sich um einen bösartigen Tumor?
In ihrem Zimmer ein paar Türen weiter wartet Anna Wohlsperger auf ihre OP. Es gibt einen Verdacht auf ein Karzinom. Ihre Lymphknoten am Hals sind geschwollen, sie hat Angst. Prof. Christopher Bohr führt mit ihr das Vorgespräch.
"Die Patientin ahnt schon, dass es sich um eine ernste Erkrankung handelt. Und wenn man sich die Mundhöhle genau anschaut, dann sieht man, dass da an der Mandel eine Veränderung ist, die quasi die Muttergeschwulst, also der bösartige Tumor sein könnte."
Prof. Dr. med. Christopher Bohr, Chefarzt, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Univeristätsklinikum Regensburg
Alltag auf der HNO-Station: Von Abszess bis Mittelohrentzündung
Im Behandlungszimmer auf Station ist jede Menge los. Dr. René Fischer und Dr. Luisa Symeou kümmern sich um die Patienten, die stationär aufgenommen sind, von Krebs bis hin zu Abszessen ist alles dabei.
"Also man hat mehrere Organe, die man behandeln muss, man hat Patienten von jung bis alt. Das macht aber das Fach auch so spannend."
Dr. med. René Fischer, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Univeristätsklinikum Regensburg
Dr. Fischers nächste Patientin ist die kleine Hanna. Sie hat eine Mittelohrentzündung, ist sehr ängstlich und auch schon über drei Wochen da. Bevor sie nach Hause darf, muss die Mittelohrentzündung erst einmal abklingen. Hannas Ohr wird gespült und nochmals kontrolliert, dann hat sie es geschafft. Die Entzündung heilt langsam ab.
"Man hat ja eigene Kinder, die auch öfter mal krank sind. Und dann weiß man, wie die sich fühlen und wie man sich als Eltern fühlt. Ich glaube, das ist ganz wichtig, da auch eine gewisse Empathie auszustrahlen für die Eltern. Kinder sind schon das Schönste, was es gibt!"
Dr. med. René Fischer, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Univeristätsklinikum Regensburg
HNO-Tumor-OP
Unterdessen bereiten sich die OP-Pflegerinnen auf Patientin Anna Wohlsperger vor. Bettenwechsel, dann geht’s von der Schleuse zum OP-Saal. Während sich das Anästhesieteam um die Narkose kümmert, hat Pflegerin Steffi noch eine besondere Aufgabe.
Die OP bei Anna Wohlsperger beginnt. Das Team um Prof. Bohr wird tatsächlich fündig und entdeckt einen Tumor. Es werden Gewebeproben entnommen, die sich der Pathologe sofort anschauen kann. So wissen Arzt und Patientin noch am selben Tag, ob es sich tatsächlich um einen bösartigen Tumor handelt. Zumindest eine gute Nachricht gibt es: Das Karzinom scheint auf den ersten Blick gut abgegrenzt und operierbar. Aber bei einer Entfernung müsste auch umliegendes Gewebe entnommen werden. Im Gaumenbereich keine einfache Angelegenheit.
"Dann kann man nicht mehr schlucken und auch beim Sprechen hört sich das sehr komisch an, wenn man keinen Gaumen hat. Und deswegen muss das dann rekonstruiert werden mit gesundem Gewebe, das wir meistens vom Unterarm nehmen."
Prof. Dr. med. Christopher Bohr, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Univeristätsklinikum Regensburg
Auf Station: medizinische Pflege und menschlicher Kontakt
In der Zwischenzeit hat Pfleger Thomas Schwierz auf Station jede Menge zu tun. Sein nächster Patient wird nach einer OP über eine Magensonde ernährt. Der Verband muss gewechselt werden, gar nicht so leicht. Für Thomas Schwierz ist der menschliche Kontakt besonders wichtig. Aber natürlich macht sich der Pflegemangel auch hier bemerkbar.
"Der Patient hat sehr gut mitgemacht. Die Magensonde ist nicht festgenäht. Deswegen muss man aufpassen, dass sie nicht rausrutscht. Die Patienten haben oft Ängste. Und wir von der Pflege schauen, dass wir ihnen diese Ängste nehmen. Wir versuchen, was wir können. Aber oftmals denkt man sich schon: Man kann das Nötigste machen, aber mit den Patienten mehr Zeit verbringen, das ist schwierig."
Thomas Schwierz, Pfleger
HNO-OP: Krebsdiagnose bestätigt
Am Abend schaut Prof. Christopher Bohr bei Anna Wohlsperger vorbei. Die Ergebnisse der Gewebeproben aus dem Labor sind da. Keine guten Nachrichten, denn es handelt sich tatsächlich um einen bösartigen Tumor. Aber immerhin lässt sich der Tumor gut operieren. Anna Wohlsperger bleibt trotz der Nachricht bei Ihrer positiven Einstellung.