Distale Radiusfraktur Handgelenkbruch: Welche Behandlung ist die richtige?
Ein Sturz von der Leiter, ein Ausrutschen auf spiegelglatter Straße und schon ist es passiert: Das Handgelenk ist gebrochen. Die distale Radiusfraktur ist der häufigste Bruch beim Menschen überhaupt. Meistens passiert es, indem Betroffene sich beim Fallen abstützen wollen und dabei auf dem Handgelenk landen. So ein Bruch ist eine schmerzhafte Angelegenheit. Und die Patienten sind für längere Zeit eingeschränkt. Vor allem Kinder und ältere Menschen kann es treffen. Gesundheit! zeigt, wann operiert werden muss und worauf es bei der Nachbehandlung ankommt.
Meist merken die Betroffenen ziemlich schnell, dass es sich bei der Verletzung um einen Bruch handelt. So wie Monika Hamberger und Claudia Seifert:
"Die Hand war sehr dick, die Schmerzen waren ziemlich heftig und der Arzt in der Notaufnahme hat mir gleich gesagt, das muss operiert werden. Es war so dick, ich konnte mich gar nicht mehr bewegen."
Monika Hamberger, Patientin
"Ich habe den Hund rausgelassen in den Garten, es war schon ein bisschen dunkel. Ich bin über eine Gartenliege gestolpert – und dann der Klassiker: Man stützt sich mit den Händen ab. Ich habe mir dabei leider die linke Hand gebrochen. Ich habe gleich gemerkt, da muss irgendetwas Schlimmes passiert sein."
Claudia Seifert, Patientin
Klassische Symptome sind:
- starke Schmerzen
- Taubheit
- eingeschränkte oder wegfallende Bewegungsfreiheit
- Schwellung
- Verformung des Handgelenks/Fehlstellung
- Knacken oder Knirschen im Handgelenk
Die Diagnose
Als erstes untersucht der Arzt die Hand vorsichtig durch Abtasten, zusätzlich wird immer ein Röntgenbild angefertigt, oft auch ein MRT und ein CT. Letzteres ist vor allem bei komplizierten Frakturen wichtig, um mögliche Weichteilverletzungen zu erkennen.
Die richtige Behandlung
Für die Behandlung des Bruchs gilt: Ziel ist es, die gebrochenen Teile in ihre jeweilige Position zu bringen und so zu fixieren, dass der Knochen gut heilt. Ein Gips oder eine Schiene halten den Knochen stabil. Ist der Bruch verschoben, müssen die gebrochenen Knochenfragmente neu ausgerichtet werden.
Wer einen glatten, unkomplizierten Bruch ohne Gelenkbeteiligung hat, muss in der Regel nicht operiert werden und kann konservativ behandelt werden. Die Patienten bekommen einen Gips oder eine Gipsschiene.
"Nach wie vor ist es so, dass mehr Frakturen konservativ behandelt werden als operativ. Das ist auch gut so. Nicht jede distale Radiusfraktur ist zu operieren - gerade bei den kindlichen Frakturen. Hier setzen wir eine Ruhigstellungszeit voraus. Je nachdem wie stark die Fraktur betroffen ist, sind das vier bis sechs Wochen. Danach beginnen wir mit einer guten Physiotherapie und langsam mit Kraftaufbau."
Dr. med. Ulrich Frank, Leiter der Handchirurgie der Hessingpark-Clinic, Augsburg
Typischerweise wird der Bruch nach ein paar Wochen erneut geröntgt, um zu sehen, ob er problemlos verheilt ist. Ob operiert wird oder nicht, hängt davon ab, wie schwer die Fraktur ist.
"Es gibt Brüche, wo wir sagen, da muss man operieren. Das sind solche, wo eine erhebliche Fehlstellung besteht. Das sind Brüche, wo durch die Einstauchung Knochensubstanz verloren gegangen ist. Das heißt, nach dem Aufrichten fehlt tatsächlich Knochen und so wissen wir dann, dass das instabil sein würde. Da muss man mit Metallimplantaten und Schrauben arbeiten. Weitere Gründe sind Begleitverletzungen am Handgelenk, also das SL-Band oder der Diskus."
PD Dr. med. Elias Volkmer, Handchirurg, Helios Klinikum München West
Besonderheit: arthroskopisch gestützte OP
Ist der Bruch komplizierter, kann eine arthroskopisch gestützte OP deutliche Vorteile bieten. Sie dauert länger und ist aufwendiger vom Setting her - und der Chirurg braucht mehr Erfahrung. Während des Eingriffs wird das Handgelenk gespiegelt.
"Die Vorteile sind, dass ich die Gelenkfläche und das Handgelenk direkt visualisieren kann. Ich kann Knochenstufen direkt sehen und ausgleichen. Ich kann Knochenfragmente direkt rausspülen, manchmal hat man Knochensplitter im Gelenk. Ich spüle das Frakturhämatom heraus, und ich sehe Begleitverletzungen – SL-Band – Handgelenksmeniskus. Die kann ich sehen und erkennen und gleich mitbehandeln. Was sonst gerne mal Probleme im Nachgang macht."
PD Dr. med. Elias Volkmer, Handchirurg, Helios Klinikum München West
Unter örtlicher Betäubung wird ein Schnitt an der Handinnenfläche gemacht, um den Bruch zu versorgen. Als erstes wird der Knochen wieder korrekt eingerichtet. Dann wird eine winkelstabile Titanplatte eingesetzt. Über das Röntgenbild wird der Bruch millimetergenau stabilisiert. Dann folgt der zweite Teil – die Arthroskopie selbst: Über eine Kamera können die Ärzte mögliche Verletzungen versorgen, zum Beispiel an den Bändern, und Unebenheiten kontrollieren. Am Schluss werden die Titanplatten verschraubt. Rund 45 Minuten dauert der gesamte Eingriff. Danach muss der Patient zwei Wochen eine Gipsschiene tragen. Rund sechs Wochen braucht es, bis der Bruch verheilt ist.
Gefahr danach: Arthrose
Auch Claudia Seifert hat so einen Eingriff hinter sich: Sie hatte eine komplizierte Trümmerfraktur. „Der Bruch bei dieser Patientin war sehr stark ausgeprägt. Er hat die Gelenkflächen betroffen, und es gab eine Stufenbildung, damit war ein konservatives Vorgehen nicht mehr möglich, denn eine Stufe kann man konservativ nicht behandeln. Sie muss deswegen operativ stabilisiert werden", so Dr. med. Ulrich Frank.
Ohne eine OP wäre bei Claudia Seifert eine Arthrose wohl vorprogrammiert gewesen. Für die Zahnärztin ist es besonders wichtig, dass die Hand optimal verheilt:
"In meinem Job brauche ich täglich beide Hände. Bei größeren OPs habe ich mir schon Sorgen gemacht, ob das wirklich jemals wieder hindertprozentig wird."
Claudia Seifert, Patientin
Der Orthopäde Dr. Frank verweist darauf, dass nicht jede Handgelenkfraktur arthroskopisch gestützt durchgeführt werden kann, weil das zu aufwendig wäre - allein aus logistischen Gründen. Wenn ein Bruch etwa notfallmäßig am Wochenende bei einem Unfallchirurgen versorgt wird, ist davon auszugehen, dass er normal. also nicht arthroskopisch, versorgt werden muss.
Nachsorge ist wichtig
Damit die Hand gut ausheilt, Kraft und Beweglichkeit vollständig zurückkehren, ist die Nachbehandlung enorm wichtig. Claudia Seifert macht täglich zu Hause ihre Übungen, um Beugung und Streckung zu trainieren. Und sie geht regelmäßig zur Physiotherapie.
"Physiotherapie wäre idealweise zwei bis dreimal pro Woche und sollte mindestens vier bis sechs Wochen durchgeführt werden. So lange, bis man zu einem bestimmten Winkelgrad kommt. Der eine Patient ist schneller, der andere langsamer. Ganz wichtig sind auch die Eigenübungen, die man den Patienten mitgibt. Die Physiotherapeuten zeigen den Patienten Übungen für Zuhause. Und ich bitte die Patienten darum, diese eigenständig durchzuführen."
Dr. med. Ulrich Frank, Facharzt für Orthopädie, Hessingpark-Clinic, Augsburg
Ohne die Eigeninitiative der Patienten ist der Heilungserfolg gefährdet. In aller Regel heilt ein Handgelenkbruch problemlos wieder aus. Es kann aber zu Spätfolgen und Komplikationen kommen, sagt Dr. Frank. Etwa zu einer Kraftminderung in der Hand, zu Bewegungsstörungen, zu Gefühlsstörungen, zu einem nachträglichen Abkippen der Fraktur oder zu einem komplexen Schmerzsyndrom, auch Mobus Sudeck genannt.