Fit im Alltag Spazierengehen – gut für Körper, Geist und Seele
Man muss nicht unbedingt walken oder joggen – auch regelmäßige Spaziergänge sind sehr gesund. Reporter Fero Andersen legt bei den Dreharbeiten rund 20.000 Schritte zurück und trifft u. a. einen Mann, der in den vergangenen fünf Jahren über 18.000 Kilometer zu Fuß absolviert hat. Außerdem erfährt Fero, weshalb therapeutische Spaziergänge bei der Behandlung von Depressionen sinnvoll sind und bekommt Tipps, wie er durch Bewegung in der Natur Stress reduzieren kann.
Für Martin ist Spazierengehen eine Passion. Das kann auch eine Tagesroute von 50 Kilometern sein. In den letzten fünf Jahren hat er über 18.000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Für ihn ging das gut: "Das hört sich wahnsinnig viel an, aber das kann man ganz gut machen. Man bewegt sich dann halt mal acht, neun oder vielleicht auch zehn Stunden im Sommer, wenn die Tage lang sind."
Im Alltag verzichtet der 66-Jährige sogar aufs Rad und geht die vier Kilometer zur Arbeit und zurück – einfach, weil es ihm guttut, sich an der frischen Luft viel zu bewegen: "Das ist was, das kann ja jeder machen. Das ist auch nicht in allen Ländern so. Dass ich spazieren gehen kann in der Natur, das ist in der Verfassung verankert, ja, das Betretungsrecht der Natur. Das möchte ich natürlich ausnutzen." Martins Durchschnittsgeschwindigkeit ist beachtlich. Normalerweise ist sein Tempo fünf bis sieben Stundenkilometer.
Spazierengehen ist gut gegen Stress
Michaela Peschmann ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Stressmanagement-Trainerin. Mit ihren Klienten ist sie auch draußen in der Natur unterwegs. Sie bezeichnet sich als "Walk&Talk-Coach" und betreut Menschen mit Depressionen, Angststörungen, Phobien und Personen, die sich im Alltag sehr gestresst fühlen. Das funktioniert so:
Wie kann man sich beim Gehen am besten entschleunigen, fragt sich Reporter Fero. "Am besten können wir entschleunigen, indem wir bewusst wirklich einen Fuß vor den anderen setzen und wenn wir angemessen an unser Tempo einatmen durch die Nase, das ist ganz wichtig, in Gedanken bis vier zählen, bis vier halten und bis acht ausatmen", empfiehlt Michaela Peschmann. Entspannen kann man auch über die Fußsohlen, rät Michaela: abrollen von hinten nach vorne und die Zehen spreizen. Das entspannt die Gelenke und beruhigt das gesamte Nervensystem.
Gehen als Therapieform
Bernhard ist wegen einer Depression Patient in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München. Teil der Behandlung ist angeleitetes Spazierengehen. Nicht ganz das, was der sportliche 47-Jährige gewohnt ist: "Ich musste mich umstellen, weil ich gerne Gas gebe, aber die Krankheit, die Depression hat mich dazu gezwungen, mich erst mal auf ein moderates Tempo einzulassen. Aber Spazierengehen lenkt mich von meinen manchmal grübelnden, negativen Gedanken ab. Ich spür diesen positiven Effekt auch, dass ich mich bewege, dass ich meinen Körper besser spüre."
Dass Bewegung Menschen mit Depressionen hilft, ist lange bekannt, hat mir Professor Timo Grimmer erzählt. Nur, was ist beim Spazierengehen so besonders?
"Von sportlichen Aktivitäten wissen wir, dass der Körper selber hormonelle Veränderungen vornimmt. Aber warum zum Beispiel jetzt solche eher Entspannungsverfahren wie spazieren gehen, was da tatsächlich, sag ich mal, auf Nervenzellebene passiert, das ist nicht gut verstanden."
Prof. Dr. med. Timo Grimmer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinik und Polyklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, TU-München
Wie wir beim Spazieren weg vom Grübeln hin zu innerer Ruhe kommen, zeigt Ergotherapeut Dirk Forster: "Wir können einfach mal den Klängen lauschen und Sie sagen mir mal, was sie alles wahrnehmen. Dass man diese kleinen Dinge auch mal wieder wahrnimmt, trägt durchaus zur Genesung bei."
Gut fürs Gehirn: Sich draußen bewegen
Katharina Tureceks Spezialgebiet ist sozusagen das bewegte Gehirn.
Für eine Studie ließ man eine Hälfte der Teilnehmer dreimal die Woche spazierengehen, während die anderen Dehnübungen machten. Nach einem Jahr verglich man deren Gedächtnisleistung und siehe da – die Spaziergänger lagen ganz klar vorne.
"Noch viel spannender ist dann der tatsächliche Blick ins Gehirn, da hat sich dann nämlich gezeigt, dass der Hippocampus, und das ist unsere Gedächtniszentrale, also die Station, die auch für das Merken zuständig ist, in dieser Zeit an Volumen gewonnen hat."
Dr. Katharina Turecek (MSc), Kognitionsforscherin und Buch-Autorin, Wien