Franken - Buchtipps


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Ewald Arenz Das Diamantenmädchen

Eine Liebesgeschichte, ein Krimi und eigentlich auch ein historischer Roman über Berlin in der Stresemann-Ära - das alles ist das neue Buch des Fürther Autors Ewald Arenz. "Das Diamantenmädchen" spielt in den 1920er-Jahren, als in Berlin das Leben pulsiert - und die Kriminalität boomt.

Von: Corinna Mielke

Stand: 29.09.2011

Buchcover: Das Diamantenmädchen, Ewald Arenz | Bild: Ars Vivendi

Das Diamantenmädchen heißt Lilly Kornfeld und arbeitet bei der florierenden Berliner Illustrierten, daher kennt sie Staatssekretär von Schubert. Der Diplomat bittet sie, den Kontakt zu ihrem Jugendfreund Paul herzustellen, denn Paul ist Diamantenschleifer und die Regierung braucht ihn für einen delikaten Auftrag. Gleichzeitig wird ein Schwarzer ermordet, der einen Rohdiamanten bei sich hat.

Die Verquickungen beginnen, als der junge Kommissar Dr. Schambacher sich einschaltet, der für Lilly alles andere als uninteressant ist … Ohne großes Zutun ist sie mitten drin in politischen und menschlichen Verstrickungen, die sie bald an sich selber, bald an ihrer großen liebe Paul zweifeln lassen.

Angesiedelt hat Arenz die Geschichte in den 20er-Jahren der damaligen Weltstadt Berlin. Zur Zeit Stresemanns erlebt die Hauptstadt eine stilbildene Ära. Hier laufen nach dem verlorenen Krieg, an dem Deutschland schwer trägt, die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Fäden zusammen - die der dunklen Geschäfte und politischen Morde sowieso.

"In Berlin geschehen auf der einen Seite die meisten Kriminalfälle, auf der anderen Seite ist die Polizei Berlins der Polizei in den Provinzen des Reiches um 20 Jahre voraus. Kommissar Gennert hat als erster die Spurensicherung eingeführt, hatte ein Auto und hat als Erster Fingerabdrücke wissenschaftlich dokumentiert. Die Polizei hatte eine Erfolgsquote von 95 Prozent. Das war für die damalige Zeit unglaublich."

Ewald Arenz

Und noch ein Grund, weshalb dieser Roman nicht in München spielen konnte: Berlin war zu jener Zeit Überschwemmt von Diamanten, weil die von der Revolution gebeutelten russischen Adeligen dort ihren Schmuck verkauften - und gute Diamanten oft eine hunderte, gar tausende Jahre alte Geschichte haben.

"Was für ein Stoff", befand der leidenschaftliche Rechercheur Arenz. Er liebt die Geschichten zu den Geschichten und so wurde schnell klar: Eine reine Liebesgeschichte wäre zu dünn.

"Die Krimihandlung war nicht von Anfang an so geplant. Sie hat sich entwickelt. Was übel war, weil man sich im Nachhinein über so viele Dinge nochmal Gedanken machen muss: War der Mord wirklich an einem Donnerstag? Ich muss nochmal nachschauen und stimmt das so ..."

Ewald Arenz

Im "Diamantenmädchen" sind Stil und Ruchlosigkeit, Reichtum und Verzweiflung, Aufstieg und Abgrund so nah beieinander wie in dieser Zeit in Berlin. Einerseits schwingt bei Lilly der Rock so nett um ihre Beine, sie liebt mondäne Cafés, Dr. Schambacher hat gepflegte Hände und Abendgarderobe im Schrank, der arabische Staatsgast führt bei der Pressekonferenz einen echten Panther mit sich. Aber zeitgleich schaut Lilly in das kaputtgeschossene nasenlose Gesicht ihres Bruders, den der Krieg entstellt und entrückt hat, wie viele Menschen die überlebten, aber eben nur überlebten.

Im Roman laufen diese Themen zwar mit, aber obendrüber liegt die Hauptmelodie der Liebesgeschichte; wie gern bei Arenz ein bisschen schwebend, und hier und da mit anklingender melancholischer Note. Das Janusköpfige, dieses sowohl nach hinten, aber auch nach vorn Gerichtete, das Ewald Arenz vielen seiner Romane und Erzählungen mitgibt, mag daran liegen, dass Arenz gelernter Historiker ist. Überhaupt bewegt Arenz sich gern im historischen Kontext. Höchste Zeit, dass er auch die 1920er-Jahre aufgegriffen hat. Denn auch er selbst ist gern im Dreiteiler, mit Kreissäge und Menjou-Bärtchen unterwegs, als sei das seine Zeit.

"Es wäre meine Zeit, wenn ich keine Ahnung von dieser Zeit hätte. Es ist schwachsinnig sich zu wünschen, in einer Zeit zwischen zwei großen Kriegen mit einer Hyperinflation zu leben, in der man rasend schnell verarmt. Auf der andern Seite ist es aber eine Zeit, die so unfassbar fruchtbar war,  Weltzentrum, Architektur, Malerei, Theater - das fasziniert mich natürlich schon."

Ewald Arenz

Info und Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Ewald Arenz: Das Diamantenmädchen, Verlag: Ars Vivendi 2011, 320 Seiten, ISBN 3869130954

Am "Diamantenmädchen" überzeugt das stimmige Lokalkolorit. Die Beschreibungen wirken wie aus Billy Wilders Aufzeichnungen, wie er als junger Reporter zu dieser Zeit in Berlin tätig war. Der Berliner Dialekt ist sparsam verwendet, Milljöh-Ausdrücke stimmen und sind nicht aufgesetzt. Das Buch ist anregend in seinen geschichtlichen Bezügen, gut ausbalanciert und mit leicht melancholischem Happyend - und bestens zu lesen.


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