Der Oberfranke Sesshaft und bescheiden
Als Teil der Frankengemeinschaft sind die Oberfranken nicht gerade dafür bekannt, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Doch das ist ein Klischee. Wie sich die Oberfranken tatsächlich sehen, beschreibt die "BR-Bayernstudie 2012".
Die Oberfranken sind nach den Oberpfälzern diejenigen, die sich am stärksten in ihrer Region verwurzelt fühlen. Das Wichtigste an ihrer Gegend ist ihnen die Nähe zu Freunden und Familie. Hier finden sich auch die sesshaftesten Bayern: Im Durchschnitt leben die Oberfranken schon 36 Jahre an ihrem derzeitigen Wohnort. Da mutet es schon ein wenig widersprüchlich an, dass sich hier gleichzeitig in ganz Bayern die wenigsten (immerhin auch noch zwei Drittel) finden, die sagen, dass sie "sehr gerne" in ihrer Gegend leben.
Besondere Kennzeichen: zurückhaltend und bescheiden
Möglicherweise lässt sich das damit erklären, dass die Oberfranken nicht zu überschwänglichen Bekundungen neigen – schließlich befindet man sich in einem der Landstriche, in denen "bassd scho" als größtes Kompliment gilt. Da ist es auch schlüssig, dass bei den Eigencharakterisierungen bayernweit der höchste Wert für das Attribut zurückhaltend erreicht wird. Öfter als in den anderen bayerischen Regionen bezeichnen sich die Menschen hier außerdem als wertkonservativ und bescheiden.
Stolz auf die eigene Kultur
Weitaus mehr als in den anderen Regionen Bayerns werden in Oberfranken die Universitäten und Bildungseinrichtungen gerühmt. Auch das kulturelle Angebot der Gegend wird überdurchschnittlich gelobt. Ein Kompliment, das sich nicht auf die Hochkultur in Städten wie Bamberg, Bayreuth und Hof beschränkt, sondern ausdrücklich auch die vielen Bauerntheater und Kabarettisten in den kleineren Ortschaften mit einschließt. Im Bereich Kultur und Freizeit nehmen die Oberfranken in den letzten Jahren gleichzeitig mehr Veränderungen wahr als andere Regionen. Sowohl das kulturelle Angebot als auch die sportiven Freizeitmöglichkeiten sind in den letzten Jahren deutlich ausgebaut worden.
Traditionell wichtig: Kirchweih und Kulinarisches
Traditionspflege ist den Oberfranken zwar wichtig, aber an Dialekt und Tracht ist ihnen weniger gelegen als den Menschen in anderen Landesteilen. Unter den regionaltypischen Traditionen stechen vor allem die Kirchweihfeste hervor. Typisch für alle fränkischen Regionen ist außerdem die Bedeutung von Essen und Trinken: Für die Oberfranken hat dies landesweit den höchsten Stellenwert. Nicht umsonst gibt es in Oberfranken - gemessen an der Einwohnerzahl - die meisten Bäckereien und Konditoreien, Metzgereien und Brauereien der Welt.
Was denken die Oberfranken über ihre Heimat?
Was ist in der Region lebenswert?
"Ich lebe sehr gerne in der Region. Wir fühlen uns mit unseren drei Kindern hier sehr wohl. Es ist die richtige Mischung aus Stadt und Land. Wir leben am Stadtrand und fühlen uns hier wohler als in der Großstadt. Für die Kinder gibt es die Thermalbäder, man muss nicht so weit fahren und es ist nicht so teuer. Es gibt hier jede Menge kulturelle Angebote – Theater, Konzerte oder Kino. Alles was man braucht, ist in erreichbarer Nähe." – Claudia (44) aus Bayreuth
Was ist typisch für die hier lebenden Menschen?
"Sie sind total liebenswert, süß, nicht sehr sprunghaft, eher stetig, negativ ausgedrückt eventuell ein bisschen stur – was nicht unbedingt negativ ist, finde ich – humorvoll, handfest und solide." – Daniela (52) aus Schwarzenbach am Wald
Wie haben sich die Lebensumstände verändert?
"Die Landflucht ist ein großes Problem. Die nimmt, denke ich, in den letzten 20 Jahren zu. Seit die Textilindustrie so stark zurückgegangen ist und bis auf ganz wenige Firmen eigentlich gar nicht mehr existiert. Dadurch fehlen Arbeitsplätze, dadurch ziehen Leute weg, dadurch müssen Jugendliche woanders ihre Ausbildung oder ihre Praktika machen und studieren. Positiv verändert hat sich das Thema Internetanschluss. Auch bei uns auf dem Land bekommen wir nun das schnellere DSL. Das ist positiv." – Daniela (52) aus Schwarzenbach am Wald
Wie steht es mit der Verbundenheit zu Bayern?
"Ich fühle mich schon sehr mit Bayern verbunden. Wir sind ein Teil von Bayern. Auch wenn wir Franken sind, würde ich separatistische Bestrebungen nicht unterstützen. Diese Kleinstaaterei gehört dem Mittelalter an und nicht in die Zukunft. Ich bin Franke und gehöre zu Bayern." – Ernst (66) aus Bayreuth
Wo steht Bayern in zehn Jahren?
"Natürlich muss man die Natur erhalten. Sowohl die Alpen im Süden, als auch die Landschaft hier. Bei uns hier ist es wunderschön. Auch die Mischung aus Kultur, Sport und was es hier so gibt – das passt schon so. Man sollte aber das Land wieder etwas attraktiver machen. Es müssen genügend Ärzte für die Bevölkerung dort zur Verfügung stehen, so dass auch die jüngeren Menschen Anreize haben, dort zu bleiben." – Claudia (44) aus Bayreuth
Lieber Oberfranke als Bayer
Es ist kein Geheimnis, dass die Franken ein etwas distanziertes Verhältnis zu Bayern haben. Insofern ist es keine große Überraschung, dass die Bindung an das Bundesland in ganz Franken geringer ausfällt als in Altbayern oder Schwaben. Die Oberfranken bilden da keine Ausnahme: Gut die Hälfte von ihnen zieht es vor, sich eher als Deutsche denn als Bayern einzustufen. Aber: Immerhin knapp die Hälfte stimmt auch voll und ganz der Aussage zu "Ich bin stolz, ein Bayer zu sein". Die Abgrenzung zum Freistaat ist dennoch unverkennbar und führt dazu, dass das Bekenntnis zum eigenen Regierungsbezirk in Oberfranken am entschiedensten ausfällt: Vier Fünftel fühlen sich eher als Oberfranke denn als Bayer.
Fotoaktion: Ihre Lieblingsplätze in Oberfranken
Urbayern | 22 Prozent |
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Traditionell-Bodenständige | 22 Prozent |
Modern-Bodenständige | 22 Prozent |
Freizeit- & Feuilleton-Bayern | 13 Prozent |
Kritisch-Distanzierte | 15 Prozent |
Entwurzelte | 7 Prozent |
Weitere Informationen
Nicht alle Ergebnisse der BR-Bayernstudie 2012 für Oberfranken konnten hier dargestellt werden. Weitere Daten und Fakten können Sie hier herunterladen: