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Cum/Cum-Geschäfte Wie die Politik reagiert

Für manchen Politiker ist klar: Die entsprechenden Geschäfte der Commerzbank können nicht legal sein. Die Bundesregierung will sich da nicht festlegen, aber per neuem Gesetz die jetzige Cum/Cum-Praxis beenden.

Von: Pia Dangelmayer, Wolfgang Kerler, Arne Meyer-Fünffinger

Stand: 02.05.2016 | Archiv

Ein Münzhaufen neben einem Paragraphenzeichen | Bild: colourbox.com; Montage: BR

Cum/Cum-Deals, fragwürdige Geschäfte der Commerzbank - am Ende stellt sich die Frage: In welcher Höhe könnte all das dem Fiskus geschadet haben? Erkenntnisse darüber lägen nicht vor, teilte das Bundesfinanzministerium in einer schriftlichen Antwort dem Bayerischen Rundfunk mit. Alle weiteren Auskünfte seien "mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis nicht möglich" und "zu Gesprächsinhalten der Aufsichtsratssitzungen [nehmen wir] keine Stellung", so das Ministerium in seiner schriftlichen Antwort weiter.

"Das kann kein legales Geschäft sein!"

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sieht das anders, für ihn ist der Fall eindeutig: "Das kann kein legales Geschäft sein." Nach der Einsichtnahme einiger Unterlagen, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegen und die die Commerzbank betreffen, sagte Schick:

"Natürlich fühle ich mich veräppelt als Steuerzahler, wenn Banken zu unseren Lasten Geschäfte machen, die wir gerade gerettet haben. Das geht gar nicht."

Gerhard Schick, Grünen-Finanzexperte

Seiner Einschätzung nach ist es offensichtlich, dass es bei Cum/Cum-Geschäften vor allem darum geht, Steuern zu sparen:

"Es gibt keinen anderen Zweck. Und das kann eigentlich kein legales Geschäft sein, weil es nur der Umgehung von gesetzlichen Regeln dient."

Gerhard Schick

Legal oder nicht? Das Bundesfinanzministerium bleibt in diesem Punkt sehr vage. Bewusst? Der Regierungsentwurf des Investmentsteuergesetzes "enthält keine rechtliche Bewertung der Cum/Cum-Gestaltungen. Es wird lediglich beschrieben, wie diese Gestaltungen ablaufen und wie die Besteuerung der Dividenden faktisch umgangen wird", schreibt das Ministerium zum Beispiel am 20. April 2016 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. Darin macht es auch klar, dass die Bewertung der Geschäfte immer von den "Umständen des Einzelfalls" abhängt. "Sachverhalte mit einer unberechtigten Inanspruchnahme von Steuerabzugsbeträgen sind in der Regel jedoch nicht ohne weiteres erkennbar." Unterbinden will die Große Koalition Cum/Cum-Transaktionen trotzdem - mit Hilfe des Gesetzes zur Reform der Besteuerung von Investmentfonds.

Neues Gesetz soll Cum/Cum-Praxis beenden

Dieses Gesetz stand am 15. April auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages - ziemlich weit hinten: Tagesordnungspunkt 16, Beginn um 21.28 Uhr. Gerade an diesem Abend war das ein sehr schlechter Zeitpunkt, denn Borussia Dortmund spielte gegen den FC Liverpool um den Einzug ins Halbfinale der Euro League. Der BVB erlebte an der Anfield Road ein Debakel, und sehr viele Parlamentarier wollten offenbar zumindest vor dem Fernseher dabei sein. Das Plenum war so gut wie leer. Ein Teil der Reden geht zu Protokoll, das Gesetz in die zuständigen Ausschüsse, wo jetzt die Detailberatungen laufen.

Die Abgeordneten werden sich dabei auch über den Paragraph 36, Absatz 2a beugen, der - so steht es in der Gesetzesbegründung - dafür sorgen soll, "Gestaltungen zur Umgehung der Dividendenbesteuerung (sogenannte Cum/Cum-Geschäfte) zu verhindern." Auf Dividenden anfallende Kapitalertragssteuer sollen sich Aktionäre nur noch dann erstatten lassen können, wenn sie die Papiere mindestens 45 Tage halten, nach dem Vorbild Australiens. Die bei einer Aktie üblichen Kursschwankungen dürfen die Beteiligten nicht mehr komplett durch Sicherungsmechanismen abfedern. Rückwirkend zum 1. Januar 2016 sollen diese strengeren Vorschriften gelten. Experten sagen: Der Fiskus könnte sich bereits entgangene Steuermilliarden zurückholen. Aber ob das geschieht? Die Frage danach lässt das Bundesfinanzministerium unbeantwortet.

Rechercheteam

Die Recherche ist eine Kooperation des Bayerischen Rundfunks (BR Recherche / ARD-Politmagazin report München) mit dem New Yorker Recherchebüro ProPublica (Cezary Podkul), der Washington Post (Allan Sloan) und dem Handelsblatt (Sönke Iwersen und Volker Votsmeier).


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