Bayern 1 - Experten-Tipps


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Wo ist Mikroplastik drin? Wo steckt das meiste Mikroplastik drin?

Mikroplastik wurde nun auch erstmals in Muttermilch nachgewiesen. Hier erfahren Sie, wo in Nahrung, Waschmittel, Kleidung oder Kosmetik sich Mikroplastik versteckt und wie Sie es vermeiden können.

Von: Alexander Dallmus

Stand: 27.03.2023

Mikroplastik in Produkten | Bild: mauritius images/ Lev Dolgachov / Alamy/Montage: BR

Wieviel Mikroplastik nimmt der Mensch mit Nahrung auf?

5 Gramm pro Woche - so die Berechnungen einer Studie aus dem Jahr 2019 der australischen University of Newcastle. Im weltweiten Durchschnitt konsumiert jeder Mensch pro Woche rund 1.972 Mikroplastikpartikel über die Nahrung, was in etwa dieser Menge von 5 Gramm entspricht. Mikroplastik ist leider mittlerweile Teil unserer Nahrungskette.

In welchem Essen steckt Mikroplastik?

Vor allem in Meeresfrüchten wie Garnelen stecken viele Mikroplastikpartikel - so eine Anfang 2024 veröffentliche Studie der University of Toronto und Ocean Conservancy. Darin wurden für den US-Markt bestimmte Fertig-Lebensmittelproben getestet. Neben Meeresfrüchten wie Shrimps (panierte Shrimps, über 300 Mikroplastikpartikel pro Portion) waren auch Chicken-Nuggets und sogar vegetarische Nuggets auf Gemüsebasis mit Mikroplastikpartikeln belastet.

Doch wie kommt das ganze Plastik eigentlich in die Nahrungskette? Und können wir Verbraucherinnen und Verbraucher es überhaupt verhindern?

Fünf Produkte, in denen sich Mikroplastik versteckt:

Noch immer enthalten viele Peelings und Masken Mikroplastik.

  • Mikroplastik in Putzlappen und Schwämmen
  • Viele Schwämme für Töpfe, alle Mikrofasertücher und Schwammtücher bestehen aus Plastikfasern. Beim Spülen und Schrubben lösen sich zwangsläufig kleine Partikel und werden in den Ausguss gespült.
  • Alternative: Es gibt auch Reinigungsschwämme, die aus reiner Pflanzenfaser wie Zellulose, Mais- oder Bambusfaser bestehen. Diese Schwämme kann man am Ende einfach in den Biomüll oder auf den Kompost werfen.
  • Mikroplastik in Waschmittel
  • Auch in vielen Weichspülern und Waschmitteln sind kleinste Kunststoffteilchen zu finden. Hier wird Polyethylen verwendet, um insbesondere bei Flüssigwaschmitteln diese gelartige Konsistenz herzustellen. Das lässt sich leicht auf der Inhaltsliste des Waschmittels feststellen.
  • Alternative: Es gibt mittlerweile aber einige Waschmittel auf dem Markt, die auf Kunststoffe aller Art in ihren Produkten verzichten.
  • Mikroplastik in Kaugummi
  • Heutzutage bestehen Kaugummis hauptsächlich aus Polymeren, also Kunststoffen auf Erdölbasis. Weichmacher, Bindemittel, Farbstoffe und zumeist künstliche Aromen sind auch noch drin. Was genau und in welcher Zusammensetzung, ist nicht einfach zu sagen, denn die Hersteller berufen sich auf ihr Betriebsgeheimnis. Fakt ist: Fast alle Kaugummis sind nicht biologisch abbaubar. Es gibt allerdings ein paar wenige Alternativen, bei denen man nicht auf Kunststoff herumkaut.
  • Mikroplastik in Fleece-Kleidung
  • Aus einer Weiterentwicklung der Polyesterfasern entstehen die Fleece-Stoffe. Fleece hat eine isolierende und wärmende Wirkung und lässt sich leicht waschen. Wie der irische Meeresbiologe Mark Browne schon 2013 in einer Studie, die im Fachjournal "Environment and Technology Journal" veröffentlicht worden ist, zeigen konnte, verliert Fleecekleidung allerdings bei jedem Waschgang rund 2.000 winzige Kunststofffasern. Diese Kunststoff-Kleinstfasern werden weder von den Sieben in der Waschmaschine noch in den Kläranlagen aufgefangen und gelangen deshalb auch in die Meere.
  • Alternative: Beim Kauf neuer Kleidung auf Naturfasern achten - oder an die seit kurzem von einigen Hersteller angebotenen Mikroplastikfilter denken, wenn es an die Neuanschaffung einer Waschmaschine geht. Und es gibt mittlerweile auch ganz brauchbare Netze für die Waschmaschine, die in der Lage sind, die ausgelösten Fasern von Fleece- und anderen Kunststoff-Kleidungsstücken aufzufangen.
  • Mikroplastik in Bodylotion und Peelings
  • Plastikkügelchen, die in Kosmetik- und Pflegeprodukten zu finden sind, bestehen meist aus Polyethylen (PE). PE ist ein sehr kostengünstiger und vielseitiger Stoff, der sich auch prima zum Binden von Flüssigkeiten eignet. Deshalb fühlt sich eine Creme auch so geschmeidig an: Weil Polyethylen drin ist. PE lässt sich ideal auch als Schleifmittel verwenden, und ist deshalb häufig in Peelings zu finden, die alte Hautschüppchen runterreiben sollen.
  • Alternative: Auf der Inhaltsliste nach PE Ausschau halten und eventuell ein anderes Produkt kaufen. Oder das Peeling selber machen.

Was ist Mikroplastik?

Plastik ist leicht, flexibel, bruchfest, kostet nicht viel und hält lange. Sehr lange sogar! Und das ist ein Problem. Es geht nicht nur darum, dass eine Plastiktüte 400 Jahre braucht, um vollständig zu verschwinden. Vielmehr geht es um das, was vorher passiert. Um den ständigen und kaum wahrnehmbaren Abrieb bei der Zersetzung.

Es gibt primäres und sekundäres Mikroplastik. Also Mikroplastik, das ganz gezielt von der Industrie eingesetzt wird - und Mikroplastik, das entsteht, wenn aus Abrieb (Reifen, Plastikmüll usw.) sich kleinste Teilchen herauslösen. Als Mikroplastik gelten alle festen Kunststoff-Teilchen, die kleiner als 5 Millimeter sind. Es gibt natürlich wesentlich kleinere Teilchen, die man mit dem bloßen Auge gar nicht mehr erkennen kann.

Hier die ganze Episode zum Thema Mikroplastik im Nachhaltigkeitspodcast Besser leben anhören:

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/wie-vermeide-ich-mikroplastik-in-kosmetik/bayern-1/84861990/

Mikroplastik in der Muttermilch

Die kleinen Plastikteilchen gelangen in die Umwelt und damit auch in den Nahrungskreislauf. Dieses Mikroplastik lagert sich nicht nur an Stränden, Seen oder in der Erde ab, sondern auch in den Körpern von Lebewesen. Im Oktober 2022 wurde bekannt, dass in Rom bei einer Untersuchung von 34 Muttermilchproben von Frauen, die eine Woche zuvor ihre Kinder geboren hatten, in 75% Prozent der Fälle Mikroplastik in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte. Die gesundheitlichen Folgen und Ausmaße sind heute noch gar nicht genau abzusehen. Nicht immer werden verschluckte Plastikteilchen durch den Körper geschleust und über den Verdauungstrakt wieder ausgeschieden. Weil die Zusatzstoffe im Plastik in der Regel fettlöslich sind, vermuten Wissenschaftler, dass es sich auch im Fettgewebe anreichern kann.

Mikroplastik im Meer

Auch aus relativ grobem Plastikmüll wird irgendwann Mikroplastik.

Erst kürzlich haben britische Wissenschaftler der Universitäten Hull und Brunel in London Muscheln rund um Großbritannien auf Mikroplastik untersucht. Entnommen in acht verschiedenen Küstenregionen und aus acht unterschiedlichen Supermärkten. Ergebnis: In allen Muscheln wurden kleinste Plastikteilchen gefunden. Selbst in solchen, die in gefiltertem Meerwasser lebten. In 100 Gramm Muschelfleisch sind - geschätzt - etwa 70 Mikroplastikteilchen zu finden.

Mikroplastik in Seen und Flüssen in Bayern

Aber wir müssen nicht weit gehen, um Mikroplastik zu finden. Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) lässt in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth und der TU München bereits seit Jahren auch Gewässer im Freistaat auf Mikroplastik untersuchen. Auch die bayerischen Seen und Flüsse sind belastet. An insgesamt fünf Seen (Chiemsee, Starnberger See, Ammersee, Altmühlsee, Trinkwassertalsperre Mauthaus) und vier Flüssen (Donau, Isar, Inn und Altmühl) sind jeweils an verschiedenen Stellen Proben entnommen worden. Sowohl am Ufer wie auch an der Wasseroberfläche, mit speziellen Netzen, um auch die kleinsten Teilchen zu erwischen. Bei der späteren Analyse im Labor ließ sich an allen untersuchten Orten Mikroplastik nachweisen.

Mikroplastik - auch für die meisten Kläranlagen ein Problem.

Wir selbst spülen es mit der Waschmaschine oder über den Ausguss des Waschbeckens in die Umwelt. Kläranlagen sind mit Mikroplastik im Abwasser überfordert. Letztlich könnte nur eine teure Schlussfiltration die Belastung deutlich reduzieren, wie eine Untersuchung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) ergeben hat.

Mikroplastik ist auch deshalb ein ökologisches Problem, weil es Schadstoffe an sich bindet und damit in die Nahrungskette gelangt. Das Umweltbundesamt (UBA) geht davon aus, dass allein in den Kosmetikprodukten jährlich etwa 1.000 Tonnen Polyethylen (PE) in Deutschland verwendet werden, die letztendlich auf der Haut und im Grundwasser landen. Für eine im Oktober 2014 veröffentlichte Untersuchung im Auftrag des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands (OOWV) und des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wurden Proben aus dem Ablauf von zwölf Kläranlagen entnommen. Je nach Anlagengröße, gelangen pro Jahr zwischen 93 Millionen und 8,2 Milliarden Partikeln in die Vorfluter und damit in die Flüsse. Auch im Klärschlamm wurden große Mengen Mikroplastik gefunden. Je Kilogramm Trockenmasse waren es zwischen gut 1.000 und mehr als 24.000 Teilchen. Für jede Kläranlage ergibt das hochgerechnet Werte zwischen 1,2 und 5,7 Milliarden Partikel.

Mikroplastik im Köper

Welche Auswirkungen das auf Lebewesen hat, ist noch weitgehend unerforscht. Nach einer Studie der englischen University of Exeter lösen aufgenommene Hart-PVC-Teilchen Entzündungsreaktionen bei Wattwürmern aus. Mehr als 250 Meeresarten sind bekannt, die Plastik mit der Nahrung aufnehmen. Muscheln, die ihre Nahrung direkt aus dem Wasser filtern, sind natürlich anfälliger als andere Lebewesen. Dennoch braucht es Langzeitstudien, um zu erforschen, wie sich Mikroplastik, das nun einmal nicht ins Fettgewebe gehört, bei Lebewesen über Jahre oder Jahrzehnte auswirkt. 

Ist in Zahnpasta Mikroplastik?

Für die Kosmetikindustrie und Cosmetics Europe (CE), den europäischen Dachverband der Kosmetikindustrie, ist der freiwillige Verzicht auf Mikroplastik seit 2016 geglückt und wird auch als Erfolg gefeiert. Mittlerweile werben internationale Unternehmen auch massiv damit, kein Mikroplastik mehr in den jeweiligen Produkten einzusetzen.

Dabei bezieht sich dieser "freiwillige Verzicht" aber nur auf abwaschbare Produkte, also Kosmetika oder Hygieneprodukte, die abgespült und dann ins Wasser gelangen wie Zahnpasta, Peelings, Gesichtsmasken oder auch Duschgels. In den meisten Cremes sowie Körperlotionen sind nach wie vor Kunststoffe verarbeitet. Jedoch nicht in fester, sondern in gelöster Form.

Gerade diese gelartigen, flüssigen oder wasserlöslichen Polymere werden nach wie vor weiterverwendet. Laut Hersteller ist es derzeit nicht möglich, bessere Stoffe zu finden, die mit den gleichen und kostengünstigen Eigenschaften Kunststoff ersetzen könnten. Die Kosmetikindustrie betrachtet schlichtweg gelösten Kunststoff nicht mehr als Mikroplastik und sieht sich daher auch nicht in der Pflicht, darauf zu verzichten. Zumal auch hier wiederum der Eintrag in die Natur und mögliche negative Auswirkungen von flüssigen Kunststoffen in der Umwelt als wissenschaftlich nicht haltbar gelten. 

Quellen und weiterführende Links zum Thema Mikroplastik:

Podcast "Besser leben. Der BAYERN 1 Nachhaltigkeitspodcast"

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Alle Folgen zum Nachlesen finden Sie auf der Übersichtsseite "Besser leben. Der BAYERN 1 Nachhaltigkeitspodcast".


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