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Parabene in Kosmetika Wie gefährlich sind Parabene in Kosmetika?

In jedem zehnten Kosmetikartikel sind derzeit Parabene zu finden. Meist als Konservierungsstoffe. Aber weil sie hormonell wirken können, gelten sie zumindest als bedenklich. Und: Ihre Langzeitwirkungen sind weitgehend unerforscht.

Von: Alexander Dallmus

Stand: 06.10.2021 | Archiv

Parabene in Kosmetika | Bild: mauritius-images

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/brauchen-wir-eigentlich-diese-ganzen-gesichtscremes/bayern-1/93758432/

Was sind Parabene in Kosmetika?

Auch wenn die Wirkung von Parabenen erst seit gut 15 Jahren auf breiter Ebene kritisch hinterfragt wird - verwendet werden die künstlichen Konservierungsstoffe bereits seit knapp 90 Jahren. Parabene sind einerseits billig und zum anderen meist gut verträglich. Deshalb setzt die Kosmetikindustrie sie auch so oft und gerne ein.

Doch die Ester der para-Hydroxybenzoesäure verhindern nicht nur, dass sich in unseren Cremetöpfchen und -tiegeln Bakterien oder Schimmelpilze bilden, sie sind auch hormonell wirksam. Wie stark das der Fall ist, darüber scheiden sich die Geister. Von einigen Parabenen ist aus Tierversuchen jedenfalls bekannt, dass sie das Hormonsystem beeinflussen können.

Was viele nicht wissen: Wir nehmen hormonell aktive Stoffe jeden Tag mit unserer Nahrung auf. Zum Beispiel durch Parabene, die als Konservierungsmittel für Nahrungsmittel verwendet werden, wie in Süßwaren oder als Überzug von Nüssen. Und es gibt auch hormonell aktive Pflanzeninhaltsstoffe, die in Sojaprodukten oder Bier enthalten sind.

Ebenfalls kritisch: Aluminium in Deos.

Wie wirken Parabene?

Viele Männer haben wahrscheinlich erst zum Start der Bundesligasaison 2014/15 das erste Mal von Parabenen gehört: Damals meldete der TÜV-Rheinland im neu eingeführten Freistoßspray für die Fußball-Bundesliga, unzulässige Parabene gefunden zu haben - und sorgte damit für eine Riesenaufregung. Wobei es ein Unterschied ist, ob Parabene auf den grünen Rasen gelangen oder über unsere Haut direkt in den Körper. In etwa jedem zehnten Kosmetikprodukt sind derzeit diese Parabene zu finden. Sie werden meist in flüssigen Produkten, wie Cremes, Lippenstiften und Lotionen, aber auch in Sonnenschutzmitteln oder Rasiercremes eingesetzt.

Die Hersteller schätzen an Parabenen vor allem, dass sie wesentlich seltener allergische Reaktionen hervorrufen als andere Konservierungsmittel. Für Kritiker, wie Luise Körner, Chemie-Expertin beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), ist es dagegen problematisch, dass Parabene im menschlichen Körper die Wirkung von Hormonen wie Östrogen nachahmen und damit den Hormonhaushalt durcheinanderbringen könnten. Mit Folgen, nicht nur für Frauen, sondern auch für Jungen, Männer und Ungeborene:

"Später kann das zum Beispiel die Spermienproduktion stören und zu Unfruchtbarkeit führen, sie können auch zu einem verfrühten Einsetzen der Pubertät führen. Und sie erhöhen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Besonders problematisch sind diese Stoffe für Föten im Mutterleib, für Kleinkinder und für Pubertierende."

Luise Körner, Chemie-Expertin beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND)

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Parabene gefährlich: Hersteller berufen sich auf Grenzwerte

Für die Lobby der europäischen Kosmetikhersteller stellt sich die Sache etwas anders dar. Hier beruft man sich vor allem auf festgeschriebene Grenzwerte und die Risikobewertung durch das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS), auf deren Grundlage dann die Europäische Kommission über die Zulassung von Stoffen entscheidet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass beispielsweise Methyl- und Ethylparaben aufgrund der toxikologischen Daten in einer Konzentration von bis zu 0,4 % als sicher für alle Bevölkerungsgruppen anzusehen sind.

Parabene dienen in Cremes als Konservierungsstoffe.

Das entspricht nämlich der Konzentration, die nach der EU-Kosmetikverordnung als Anwendungskonzentration für Konservierungsstoffe zugelassen sind. Methyl- und Ethylparaben haben eine schwach endokrine Wirkung im uterotrophen Test (Effekt der Östrogene auf die Gebärmutter). Jedoch ist ihre östrogene Potenz sehr viel geringer als die von physiologischem Östrogen (um den Faktor 1 Mio. für Ethylparaben). Neuere Daten zeigen laut BfR, dass Methyl- und Ethylparaben beispielsweise keine negativen Auswirkungen auf die Reproduktionsfähigkeit männlicher Ratten haben.

Welche Parabene sind verboten?

Viele Parabene sind in ihrer Wirkung noch nicht abschließend untersucht.

Tatsache ist, dass auch das BfR wegen fehlender Daten bestimmte Parabene, wie beispielsweise das Propyl- und Butylparaben, nicht abschließend bewerten möchte. Deshalb hat das BfR hier eine Höchstkonzentration von lediglich 0,19 % veranschlagt, die für diese beiden Stoffe gesundheitlich unbedenklich ist. Diese Konzentration ist wegen des konservativen Ansatzes der Risikobewertung nach heutigem Kenntnisstand auch für Kinder als sicher anzusehen. Andere eher selten verwendete Stoffe, wie Isopropyl-, Isobutyl-, Pentyl-, Benzyl- und Phenylparaben sind als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln seit Oktober 2014 in der EU nicht mehr zugelassen (Verordnung Nr. 358/2014).

Für die Berliner Dermatologin und Bestsellerautorin Dr. Yael Adler ist der Ansatz ein anderer, sie findet Kosmetikprodukte eher verzichtbar:

"Wenn mich ein Patient fragt, Frau Doktor, was soll ich machen? Dann sage ich naja, wofür brauchen Sie überhaupt so viel Kosmetik? Ihre Haut produziert ja selber eine Bodylotion und eine Gesichtscreme. Jetzt hören Sie doch einfach mal auf, die immer runterzuschrauben zu waschen und zu seifen. Und nutzen Sie das, was die Natur Ihnen geschenkt hat, die beste Körperpflege, die es überhaupt gibt und die keinen Kosmetikkonzern nachahmen kann. Das sind nämlich unsere Oberhaut. Das ist der Talg aus den Talg-Drüsen. Und wenn man sich zum Beispiel nur noch mit Wasser wäscht, dann pflegt das. Und dann braucht man nicht noch zusätzlich nachcremen."

Dr. Yael Adler, Dermatologin und Fachautorin

Wie schädlich sind Parabene?

Dass Parabene hormonell wirken, ist unbestritten.

Eine britische Studie hat bereits vor etlichen Jahren (2004) für Aufsehen gesorgt, als parabenhaltige Deos mit dem Auftreten von Brustkrebs in Verbindung gebracht wurden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Brustkrebs und Parabenen ist zwar bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen worden. Unbestritten ist aber, dass Parabene eine gewisse hormonelle Aktivität haben. Ob diese Aktivität ausreicht, um das menschliche Hormonsystem negativ zu beeinflussen, hängt von der jeweiligen Aufnahmemenge durch die Haut in den Körper ab. Dass ein Stoff hormonell aktiv ist, bedeutet nämlich nicht automatisch, dass er schädlich sein muss.

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Deshalb ist in Fachkreisen der Zusammenhang von Parabenen und Brustkrebs aber auch noch nicht gänzlich vom Tisch, sagt Dermatologin Yael Adler:

"Also es ist schon so, dass man noch nicht ganz sicher ist, ob das Brustkrebs stimulieren kann oder nicht. Die Parabene sind ja nicht der einzige Problemfaktor. In Hinblick auf Brustkrebs gibt es ja unzählige andere, zum Beispiel die Einnahme von Hormonen, also in der Postmenopause, oder womöglich durch die Pille. Aber klar, man muss den Körper nicht noch zusätzlich überfrachten, vielleicht noch mit einer chemischen Variation. Lieber dann doch Natur."

Dr. Yael Adler, Dermatologin und Fachautorin

Hör-Tipp: Dr. Yael Adler zu Gast auf der Blauen Couch. Was wir für eine schöne Haut tun können. Wieso Sex dazu nötig ist und warum Anti-Aging-Cremes so gar nichts bringen. Hier den Podcast anhören

Parabene Liste

Alle Konservierungsmittel werden wissenschaftlich bewertet, bevor sie in den entsprechenden Anhang der EU-Kosmetikverordnung (Anhang V – 1223/2009) aufgenommen werden. Dabei gibt es Grenzwerte für einzelne Parabene, die allerdings nur Schätzungen zulassen, wenn Verbraucher mehr als ein Produkt mit Parabenen gleichzeitig verwenden. Bei Paraben-Gemischen dürfen es nämlich zusammen schon 0,8 Prozent in der Anwendungskonzentration sein. 

Und hier setzt auch die Kritik des BUND an, dass nämlich die Risikobewertung nur einzelne Stoffe untersucht, so die BUND-Chemikalien-Expertin Luise Körner:

"Die meisten Menschen nutzen am Tag viele verschiedene Kosmetikprodukte, und deren Inhaltsstoffe bilden am Ende einen ganzen Chemikaliencocktail im Körper. Und daher ist es schon ratsam, auf Parabene und andere hormonelle Schatz Stoffe zu verzichten."

Luise Körner, Chemie-Expertin beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND)

Der Begriff "Cocktaileffekt" ist zwar eigentlich nicht wissenschaftlich definiert, meint aber den Umstand, der auftreten könnte, wenn verschiedene kosmetische Produkte mit Inhaltsstoffen verwendet werden, denen eine ähnliche Wirkung zugeschrieben wird. Dann ginge es in der Folge nicht nur um die Summe der Grenzwerte, sondern auch darum, ob sich diese Chemikalien nicht vielleicht sogar noch gegenseitig verstärken.

Ist Naturkosmetik immer besser?

Natürlich gibt es Ersatzstoffe für Parabene, aber da "bio" in der Kosmetik kein geschützter Begriff ist, wäre es fahrlässig anzunehmen, dass im Bereich zertifizierter Naturkosmetik grundsätzlich alles besser ist. Schließlich gibt es auch natürliche Stoffe, die nicht gut für die Haut sind, Allergien auslösen oder toxisch wirken, wie BUND-Chemie-Expertin Luise Körner zu bedenken gibt:

"Auch in zertifizierter Naturkosmetik werden Duftstoffe eingesetzt, die Allergien auslösen können, zum Beispiel Geraniol, Linalool und Limonene. Einige Duftstoffe hat die Europäische Kommission als besonders stark allergieauslösend eingestuft. Diese müssen ab einer Konzentration von 0,01 Prozent auf der Verpackung stehen. Ansonsten werden Duftstoffe meist nur als Parfüm auf der Verpackung angegeben. Und Menschen mit Allergien sollten am besten auf das Siegel des Deutschen Allergie und Asthmabundes achten."

Luise Körner, Chemie-Expertin beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND)

Bei zertifizierter Naturkosmetik, können sich Verbraucher guten Gewissens an Siegeln von BDIH, Natrue oder Ecocert orientieren.

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Wie wirken Parabene?

Wir Verbraucher erwarten natürlich, dass Kosmetika keimfrei sind und für uns keinerlei Infektionsrisiko bedeuten. Keimfreiheit durch Einmalverpackungen ist aber - Stichwort Vermeidung von Verpackungsmüll - in der Praxis weder sinnvoll noch wünschenswert.

Wie wirken verschiedene Kosmetikprodukte in Kombination?

Es gibt zur Zeit keine wissenschaftlich belegten Hinweise, dass sich eine lang andauernde Summierung aller Umgebungseinflüsse durch Parabene aus verschiedenen Quellen (Kosmetik, Nahrung, etc.), schädlich auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Dennoch ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste - und warum sollten wir etwas auf unsere Haut auftragen oder darüber aufnehmen, was zumindest in der Risikobewertung noch nicht restlos geklärt ist? Vor allem, wenn es auch ohne - oder mit deutlich weniger geht?

In einer älteren US-Studie konnten die Forschenden bei allen knapp 2.550 untersuchten Personen Parabene im Körper nachgewiesen. Bei Frauen häufiger als bei Männern. Das deutet zumindest darauf hin, dass sich Parabene nicht einfach verflüchtigen und oder wieder ausgeschieden werden, sondern sich im Organismus anreichern.

Parabene Allergie

In diesem Zusammenhang gilt es aber auch zu berücksichtigen, dass Parabene sehr gut hautverträglich sind und nur geringe Allergie-Raten aufweisen. Für viele andere Konservierungsmittel gilt dies nicht - da ist das Risiko größer, eine Allergie zu entwickeln. Deshalb, und weil toxikologisch bei Einhalten der Grenzwerte keine Bedenken bestehen, hält zum Beispiel das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin ein generelles Verbot der Parabene nicht für sinnvoll.

Aber es geht auch ohne Verbote. In Dänemark zum Beispiel hat der öffentliche Druck bereits dazu geführt, dass viele Hersteller auf den Einsatz von Parabenen verzichten. "Mündige Verbraucher sind immer begrüßenswert", sagt Hautärztin Dr. Yael Adler, "und die Industrie zu motivieren mit den Inhaltsstoffen immer gesünder zu arbeiten, finde ich auch toll."

Parabene in Kosmetik erkennen

Mittlerweile gibt es einige Apps auf dem Markt, die mit Hilfe eines einfachen Produktscans die Inhaltsstoffe von Produkten auflisten. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) hat beispielsweise die App "ToxFox" entwickelt, in der über 260.000 Körperpflegeprodukte erfasst sind. Parabene sind zwar meist an der gleichlautenden Endung gut zu erkennen, aber eben nicht alle und nicht alle wirken gleich. Die einzelnen Stoffe können die Verbraucher mit "ToxFox" direkt im Laden auf hormonell wirksame Inhaltsstoffe überprüfen.

Warum eine App - und nicht einfach die Inhaltsstoffe lesen? "Es gibt einfach so viele Zusatzstoffe. Und wenn man jetzt nicht Chemikerin ist, dann ist es echt schwer, da rauszufinden, was es jetzt schädlich und was ist in Ordnung", sagt Chemie-Expertin Luise Körner. Sie rät: "Wenn es sich sehr, sehr lang und sehr kompliziert anhört, da dann das Produkt eher meiden."

Quellen und weiterführende Links:

Yael ADLER: "Wir müssen reden, Frau Doktor! Wie Ärzte ticken und was Patienten brauchen." Droemer HC. 1. September 2020. 368 Seiten ISBN: 3426278022

Beurteilung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) (pdf): www.bfr.bund.de/...

Plattform des Industrieverband Körperpflege und Waschmittel e.V.: dialog-kosmetik.de/...

US-Studie zum Nachweis von Parabenen im Körper: www.cdc.gov/...

Britische Studie, die erstmals den Zusammenhang von Parabenen und Brustkrebs herstellt: pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/...

Untersuchungen des BUND: www.bund.net/...

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