Ist Bier gesund? Viel Gutes steckt im Bier, aber ...
Bier enthält Stoffe, die eine positive Wirkung auf unseren Organismus haben. Das haben Studien bewiesen. Leider wird daraus trotzdem kein Freibrief für das regelmäßige Bier am Abend. Denn die Sache hat einen Haken.
Immer wieder hört man von der gesundheitsfördernden Wirkung bestimmter alkoholischer Getränke, wie Rotwein und Bier. Queen Mum wurde etwa nachgesagt, dass sie ihr hohes Alter nur dem täglichen Genuss eines Glases Gin verdankt haben soll.
"Bier beinhaltet gute und gesundheitsfördernde Substanzen", sagt auch die Ernährungsberaterin der Verbraucherzentrale Bayern, Daniela Krehl. Aber: "Ein Problem dabei ist der Alkohol."
Der Hopfen macht das Bier gesund
Hopfen enthält tatsächlich viele gesunde Substanzen. Als Erstes das Vitamin D. Auch Inhaltsstoffe wie Kaempferol, Quercetin, Tyrosyl, Ferulasäure sowie Humulone und Lupulone gelten als gesund, nebenbei sozusagen. Ihre eigentliche Aufgabe ist es, dem Bier seinen charakteristischen, bitteren Geschmack zu verleihen. Epidemiologische Studien liefern Anhaltspunkte dafür, dass diese Substanzen unter anderem das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können.
Erlanger Forscher sind dem gesunden Bier auf der Spur
Im Reagenzglas haben Professor Claus Hellerbrand und sein Team vom Institut für Biochemie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2018 die gesundheitsfördernde Wirkung von zwei Inhaltsstoffen des Bieres nachgewiesen: Xanthohumol und Iso-Alphasäuren.
Xanthohumol kommt nach derzeitigen Erkenntnissen nur im Hopfen vor. Es hemmt unter anderem die Leberverfettung bei Fehlernährung und verhindert, dass die Leber vernarbt. Außerdem tötet es Leberkrebszellen ab und verhindert bei Überernährung die Gewichtszunahme, so die Erlanger Forscher. Nach dem Brauprozess ist Xanthohumol allerdings nur in sehr kleinen Mengen im Bier vorhanden.
Auch die im Hopfen enthaltenen Iso-Alphasäuren gelten als gesund, weil sie den menschlichen Fett- und Zuckerstoffwechsel positiv beeinflussen und Leberschäden hemmen. Sie entstehen durch Umwandlung von Bittersäuren beim Bierbrauprozess.
In Kombination wirken Xanthohumol und Iso-Alphasäuren besonders gut.
Zusammen mit Professorin Ina Bergheim von der Universität Wien konnte das Erlanger Team in neueren, ersten Humanstudien zeigen: ".. dass auch geringe Mengen von Xanthohumol und Bittersäuren, wie sie auch in nur 250-500ml Bier vorkommen, eine entzündungshemmende Wirkung auf menschliche Immunzellen zeigen."
Der Alkohol im Bier ist das Problem
Bevor Biertrinker jetzt aber frohlocken: Die Bioverfügbarkeit, also die Menge der Stoffe und wie sie im Bier gebunden sind, disqualifiziert Bier leider als gesundes Getränk zur Gesundheitsvorsorge: "Man müsste schon 400 Liter Bier trinken, um einen Effekt zu erzielen", sagte die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Clarissa Gerhäuser der Ärztezeitung.
Sind zwei Bier am Abend gesund?
Nein, denn regelmäßiger Konsum von Alkohol ist ungesund. Eine große britische Analyse aus dem Jahr 2018 legt nahe, dass das Sterberisiko jenseits von 150 Gramm Alkohol pro Woche steigt. Das entspricht "einer halben Bier" oder einem Glas Rotwein am Abend. Ab 200 Gramm Alkohol pro Woche können es laut Studie mehrere Jahre sein, die man früher stirbt. Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Privatadozent von der Universität Lübeck und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie, bescheinigt den Studienergebnissen eine hohe Aussagekraft.
Nach einer Analyse des aktuellen "Jahrbuch Sucht" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. konsumieren Bundesbürger über 15 Jahre im Schnitt 10,7 Liter reinen Alkohol im Jahr. Das entspricht rund 165 Gramm pro Woche. Regelmäßig jeden Tag Alkohol ist relativ schnell ungesund und birgt die Gefahr einer Abhängigkeit. Genau das sollte man auf jeden Fall vermeiden. Und da kommt das alkoholfreie Bier ins Spiel.
Alkoholfreies Bier könnte die gesunde Lösung sein
Wenn Bier also gesunde Stoffe enthält, der Alkohol diese Wirkung aber leider konterkariert, müsste alkoholfreies Bier doch die Lösung sein. Das sehen die Erlanger Forscher um Professor Claus Hellerbrand ähnlich: "Es ist jedoch denkbar, dass durch den Konsum von alkoholfreiem Bier oder anderen hopfenhaltigen Nahrungsmitteln und Getränken wie Hopfenlimonade oder Hopfentee eine positive Wirkung zu erzielen ist. Gerade zur Behandlung oder Prävention von Leberschädigung durch Fettleibigkeit scheinen Xanthohumol und Iso-Alphasäuren sehr vielversprechend."
Alkoholfreies Bier ist auf dem Vormarsch
Absatz von alkoholfreiem Bier in Deutschland 2014 bis 2023 mit einer Prognose bis 2027 in Millionen Litern. (Statista Consumer Market Insights)
Im Vergleich zum Jahr 2013 ist der Bierkonsum in Deutschland um 11,5 Prozent (2023) niedriger, im Vergleich zum Jahr 1993 sogar um 25 Prozent. Das sind 11,2 Milliarden Liter.
Dafür steigt der Konsum von alkoholfreiem Bier kontinuierlich. Laut Statistischem Bundesamt betrug der Absatz im Jahr 2022 474 Millionen Liter, doppelt so viel wie vor zehn Jahren.
Podcast-Tipp: Bier-Sommelière
Mareike Hasenbeck ist ausgezeichnete Bier-Sommelière. Wie sie zur "sensorischen Sachverständigen" wurde und worin weltweit die Unterschiede in den Brauarten bestehen, erzählt sie im BAYERN 1 Podcast "Blaue Couch". Diesen und weitere Podcasts können Sie in der ARD Audiothek anhören und herunterladen. Am besten gleich abbonieren.
https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/mareike-hasenbeck-bier-sommeliere-ueber-bierkultur/bayern-1/12546345/