Zugvögel Wann brechen die Zugvögel auf und warum bleiben Stare im Winter jetzt hier?
Haben Sie auch Stare bei sich am Futterhäuschen gesehen? Warum das Hierbleiben im Winter für Stare, die eigentlich Zugvögel sind, nicht gefährlich, sondern sinnvoll ist.
Warum bleiben mittlerweile auch Stare im Winter hier?
"Nachdem die Winter in den vergangenen Jahren immer milder geworden sind, bleiben immer wieder auch Stare hier", bestätigt der Biologe und Vogelkundler Philipp Herrmann. Ähnlich wie beim Menschen gibt es auch bei Vögeln immer wieder welche, die "so mehr Draufgänger sind und es einfach mal versuchen und im Winter hierbleiben", so Herrmann. Solange die Schneedecke nicht zu dick ist und die Temperaturen nicht tiefer als zirka minus 5 Grad fallen, plustern sich die Stare wie die anderen "Hierbleiber" auch einfach auf und schaffen sich durch die Luftpolster im Gefieder eine schützende Isolierschicht. Wird es noch kälter, fliegen sie einfach weiter nach Süden oder auch in die Städte, wo es meist ein paar Grad wärmer ist.
Auch wenn das Zugverhalten eigentlich angeboren ist, kann es erlöschen - indem die Stare sich anpassen und von anderen Vögeln lernen. Denn der Vorteil ist klar: Wer im Winter hierbleibt, ist der erste am Nistplatz im Frühjahr, kann die besten Reviere besetzen und sich damit besser fortpflanzen. Und der Nachwuchs lernt und übernimmt dann genau dieses Verhalten von den Eltern. Für den Biologen Herrmann ganz klar eine Folge des Klimawandels, und das nicht erst seit gestern: "Die Amsel war früher etwa auch ein Zugvogel und es ist mittlerweile so, dass sie fast gänzlich hierbleibt."
Wann fliegen Zugvögel in den Süden?
Die ersten Vögel fliegen schon Mitte Juli in den Süden, die letzten im Dezember. Wann und wohin ein Vogel zieht, das ist genetisch festgelegt. Jeder Vogel spürt, wann die Zeit gekommen ist, in den Süden zu ziehen.
Ob ein Vogel wegfliegt oder hierbleibt, hängt dabei davon ab, was er frisst. Fast alle Zugvögel sind Insektenfresser. Sie fliegen weg, weil sie im Winter an ihren Brutorten nicht mehr genug Futter finden. Käfer, Spinnen, Larven und Würmer verstecken sich in Baumrinden oder tief in der Erde, um dort an den geschützten Stellen zu überwintern. Weil viele Vögel keine Nahrung mehr finden, fliegen sie in warme Gebiete, wo es genug Nahrung gibt. Im Gegensatz dazu finden körnerfressende Vögel auch im Winter genug Nahrung. Sie bleiben hier bei uns in Bayern.
Warum ziehen Zugvögel in den Süden
Woher wissen die Vögel denn eigentlich, dass es an der Zeit ist, sich zu sammeln und aufzubrechen? Miriam Hansbauer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV): "Viele Vögel sammeln sich an zentralen Plätzen, das ist hormonell bedingt. Da ist auch die Forschung noch dran herauszufinden, was da genau passiert. Diese hormonelle Veränderung wird vor allem dadurch ausgelöst, dass sich die Tageslänge und die Temperaturen verändern." Die Vögel verspürten eine sogenannte "Zugunruhe".
Welche Vögel sind Zugvögel?
Ornithologinnen und Ornithologen unterscheiden zwischen Standvögeln, Zugvögeln und Teilziehern. Vögel, die das ganze Jahr über an einem Ort bleiben, nennt man Stand- oder Jahresvögel. Dazu gehören zum Beispiel der Spatz, die Amsel, die Kohlmeise und viele mehr. Teilzieher nennt man die Vogelarten, bei der manche Tiere wegziehen und manche nicht. Meistens fliegen die im Norden beheimateten Populationen vollständig in den Süden. Die in Mitteleuropa heimischen Vögel bleiben einfach, wo sie sind. Beispiele dafür sind Rotkehlchen und Buchfink. Unter den Zugvögeln wird je nach zurückgelegter Strecke auch zwischen Langstrecken-, Mittelstrecken,- und Kurzstreckenziehern unterschieden.
"Langstreckenzieher wie der Kuckuck oder der Mauersegler fliegen tausende von Kilometern bis nach Südafrika südlich der Sahara."
Markus Erlwein, Pressesprecher im Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern
Auch Nachtigall, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Weißstorch und Schreiadler nehmen eine lange Reise auf sich. Mittelstreckenzieher wie der Kranich oder der große Brachvogel fliegen ins südliche Europa oder das nördliche Afrika. Kurzstreckenzieher wie Buchfink, Rotkehlchen oder Star fliegen gerade mal über die Alpen und verbringen dort in Mitteleuropa den Winter.
Zugvögel Formation
Im Herbst und im Frühling kann man häufig Wildgänse in der ganz typischen V-Formation am Himmel beobachten. Das versetzte Fliegen hat aerodynamische Vorteile. Der erste Vogel, der Leitvogel, hat am meisten Kraft und Erfahrung, deshalb führt er die Gruppe an. Die Nachzügler fliegen in der sogenannten Wirbelschleppe. Das ist der Sog, den der Leitvogel mit seinem Flügelschlag erzeugt. Wer hinterher fliegt, wird quasi mitgezogen. Experimente und Messungen im Windkanal haben ergeben, dass im Schleppflug bis zu einem Fünftel der Energie eingespart wird. Obwohl der Leitvogel sehr stark ist, ist das für einen Vogel alleine auf Dauer zu anstrengend. Daher lässt er sich immer wieder von anderen in der Staffel ablösen, um sich zu erholen.
Essen und schlafen Zugvögel im Flug?
Grundsätzlich ist es für Wissenschaftler noch immer ein Rätsel, wie die Tiere diese langen Strecken zurücklegen können. Viele Vogelarten machen auf ihrer Reise regelmäßige Pausen, um zu fressen, zu schlafen und auch Kraft zu tanken. Vögel wie der Mauersegler fangen auch im Alltag Insekten im Flug. Sie fressen unterwegs auf ihrer Reise in den Süden.
2016 hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Niels Rattenborg vom Max-Planck-Institut für Ornithologie durch Messungen der Gehirnaktivität bei Fregattvögeln herausgefunden, dass diese beim Fliegen mit beiden Gehirnhälften gleichzeitig oder nur mit einer Hälfte schlafen. Tagsüber blieben die Vögel wach und jagten nach Beute.
Heimische Vögel im Winter
Dank der milden Winter bleiben immer mehr Vögel über die Wintermonate in Bayern. Typische Standvögel sind Amsel, Bergfink, Blaumeise, Buntspecht, Dohle und auch Stare. Lesen Sie auch: Welcher Vogel ist das - heimische Vogelarten.
Die meisten Vögel sind evolutionär darauf vorbereitet, dass es im Winter Minusgrade gibt. Als gleichwarme Tiere müssen Vögel versuchen, ihre Körpertemperatur, die zwischen 38 und 42 Grad Celsius liegt, aufrechtzuerhalten. Deshalb besitzen sie die Fähigkeit, ihr Gefieder so stark aufzuplustern, dass es wie eine Daunenjacke funktioniert. Zusätzlich verhindert ein spezielles Wärmeaustauschsystem, dass die Vögel über ihre unbefiederten Beine Wärme verlieren. Enten zum Beispiel können ihre Beine bis auf fast null Grad herunterkühlen. Das abwärtslaufende Blut gibt seine Wärme an das in den Körper zurückfließende Blut ab. So können Enten auf Eis laufen, ohne anzufrieren und ohne, dass ihre Füße absterben. Warum Sie übrigens selbst im härtesten Winter Enten kein Brot füttern sollten, lesen Sie hier: Kein Brot - diesen gesunden Snack für Enten hat jeder Zuhause
So verhindern Sie, dass Vögel gegen Ihre Scheiben fliegen und sich verletzen: Was tun gegen Vogelschlag.
Vögel im Garten
Wenn Sie heimische Vögel im Winter unterstützen wollen, dann können Sie das mit Samen, Nüssen und Körnern tun: Im Winter - welches Vogelfutter nutzen? Typischerweise füttert man im Winter von November bis Ende Februar. In regenreichen Sommern empfehlen Tierschützer, die Vogelpopulation das gesamte Jahr zu füttern: Ganzjahresfütterung im Garten - hilft das?
Wussten Sie, dass der Zaunkönig in der Gruppe kuschelt in kalten Wintern? Und dass sich bei Familie Schwanzmeise auch Tanten und Onkel um die Brut kümmern?
Wie wichtig es ist, alle Vögel zu schützen, besonders im eigenen Garten, hören Sie in unserem Blaue Couch Podcast mit Norbert Schäffer, dem Vorsitzenden des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz:
https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/norbert-schaeffer-biologe-und-vogelschuetzer-ueber-die-bewohner-in-heimischen-gaerten/bayern-1/12389119/