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Das Thema Suizid

Stand: 22.11.2011 | Archiv

Kleist ist am Ende, aber noch wehrt er sich. Er bewirbt sich um eine Anstellung als Redakteur bei einem Amtsblatt. Vergeblich. Er bittet zunächst den Prinzen, dann den König um eine Anstellung im Zivildienst. Vergeblich. Am 7. September ersucht er um seine Wiederaufnahme in den Militärdienst. Auch vergeblich.

Das Endspiel - Bruch mit der Familie

Dann der letzte Schlag. Kleist überwirft sich mit seiner Familie. Bei einem gemeinsamen Essen sieht er sich "als ein ganz nichtsnutziges Glied der menschlichen Gesellschaft, das keiner Teilnahme mehr wert sei" gedemütigt. Selbst Ulrike, die bislang immer zu ihm gehalten hat, wendet sich ab.

Die letzte aller Fluchten

Der Suizidgedanke scheint Kleist ein Leben lang begleitet zu haben. Und immer wieder sucht er nach Begleitern für den letzten Schritt. In Henriette Vogel, einer unheilbar an Krebs erkrankten Bekannten, hat er die ersehnte Todesgefährtin gefunden. Am 20. November 1811 mieten sich Heinrich von Kleist und Henriette Vogel im Gasthof "Neuer Krug" am Kleinen Wannsee bei Potsdam ein. Kleist hat drei Pistolen mitgebracht.

Am Vorabend ihres Freitods regeln beide, den überlieferten Selbstzeugnissen zufolge, in erschreckender, fast schon heiterer Gelassenheit, ihren Nachlass. Kleist schreibt seinen berühmten Abschiedsbrief: "An Fräulein Ulrike von Kleist Hochwohlgeb. zu Frankfurt a. Oder. Ich kann nicht sterben, ohne mich, zufrieden und heiter, wie ich bin, mit der ganzen Welt, und somit auch, vor allen anderen, meine teuerste Ulrike, mit Dir versöhnt zu haben. Laß sie mich, die strenge Äußerung, die in dem Briefe an die Kleisten enthalten ist, laß sie mich zurücknehmen; wirklich, Du hast an mir getan, ich sage nicht, was in Kräften einer Schwester, sondern in Kräften eines Menschen stand, um mich zu retten: die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht zu helfen war. Und nun lebe wohl; möge Dir der Himmel einen Tod schenken, nur halb an Freude und unaussprechlicher Heiterkeit, dem meinigen gleich: das ist der herzlichste und innigste Wunsch, den ich für Dich aufzubringen weiß. Stimmings bei Potsdam, d. - am Morgen meines Todes. Dein Heinrich."

An diesem Morgen, dem 21. November 1811, erschießt er zuerst Henriette Vogel, dann sich selbst.


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