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Die Poesie heilt alle Wunden Glossar

Stand: 11.02.2015 | Archiv

Novalis, alias Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg (1772-1801), gefertigt von Uta Matauschek (2007)  | Bild: picture-alliance/dpa
BegriffErklärung
AthenaeumVon 1798 bis 1800 geben Wilhelm und Friedrich Schlegel in Jena die Zeitschrift "Athenaeum" heraus. Das wesentlich von Friedrich Schlegel geprägte Publikationsprojekt entwickelt sich zur zentralen Diskussionsplattform der Jenaer Frühromantik. Neben aktuellen, mitunter extrem polemischen Rezensionen, kunstphilosophischen und literaturtheoretischen Aufsätzen erscheinen im Athenaeum auch literarische Originalarbeiten von Novalis ("Hymnen an die Nacht"). Eine Besonderheit stellen die von Friedrich Schlegel und Novalis teils gemeinsam verfassten Fragmente dar, in denen sie Grundgedanken der Romantik in Form kurzer Denkanstöße formulieren. Die starke Betonung des gemeinschaftlichen Entwerfens und Nachdenkens (Sym-Philosophieren) ist ein prägender Zug nicht nur der Zeitschrift, sondern der Romantik insgesamt. Aufgrund der geringen Nachfrage und organisatorischer Probleme wird das Athenaeum nach insgesamt sechs Ausgaben eingestellt.
Personen
NameWerdegang
Fichte, Johann GottliebDer Philosoph und Erzieher Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) lehrt seit 1794 an der Jenaer Universität. Bedeutend für die Romantik ist vor allem seine "Grundlage der Wissenschaften". In diesem Werk versucht er, theoretische und praktische Vernunft, Notwendigkeit und Freiheit, Natur und Sittlichkeit in einem System zu vereinigen. Ein zentraler Aspekt seines Denkens ist das absolute, sittlich freie und schöpferische Ich, das Fichte als Prinzip der Philosophie installiert. Dieses Ich befähigt den Menschen, die Welt in transzendentaler Freiheit voll und ganz aus sich selber heraus zu erschaffen: "Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns. - Es ist zugleich das Handelnde, und das Produkt der Handlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird; Handlung, und That sind Eins und dasselbe; und daher ist das: Ich bin, Ausdruck einer Thathandlung".

Aufgrund revolutionsfreundlicher Schriften und Aussagen gilt Fichte als "Jacobiner". 1799 wird er wegen seiner aggressiv atheistischen Ansichten ("Die Entwicklung des Begriffs Religion") aus dem Amt entlassen. Er zieht nach Berlin, wo er 1810 als erster frei gewählter Kandidat das Amt des Rektors der Universität Berlin übernimmt.

Novalis, der Fichte im Mai 1795 erstmals persönlich begegnet, beschäftigt sich seit 1796 eingehend mit dessen Werk, insbesondere mit der Beziehung zwischen Sein und Bewusstsein. Niederschläge dieser zunehmend kritischen und distanzierenden Auseinandersetzung finden sich bei Novalis an vielen Stellen, vor allem aber im Postulat des autonomen, weltschaffenden Ich: "Das oberste Princip muß schlechterdings Nichts Gegebenes, sondern ein Frey Gemachtes, ein Erdichtetes, Erdachtes seyn, um ein allgemeines metaphysisches System zu begründen, das von Freyheit anfängt und zu Freyheit geht. / Alles Filosofiren zweckt auf Emancipation ab." (Novalis, Blütenstaub)
Hardenberg (Novalis), Georg Philipp Friedrich vGeorg Philipp Friedrich von Hardenberg wird am 2. Mai 1772 auf dem Familiensitz in Oberwiederstedt (Südharz) geboren. Die Familie reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück und führte lange Zeit den Geschlechtsnamen de Novali(s), was auf urbar gemachtes, gerodetes Land hindeutet. In bewusster Anlehnung an diesen Geschlechtsnamen wird sich der Dichter später Novalis (der Neulandrodende) nennen. Den engsten Freundeskreis ausgenommen, bleibt sein eigentlicher Name lange Zeit unbekannt.

Der Vater, ein Mitglied der pietistischen Herrnhuter Brüdergemeinde, zeichnete sich durch asketische Strenge und glühende Religiosität aus. Er hält den Sohn schon früh zu intensiver Gewissenserforschung an. Die Mutter wird als zärtliche, empfindsame und zu Depressionen neigende Frau beschrieben. Friedrich ist ein schwächliches, kränkelndes Kind aber auch äußerst lernbegierig, fleißig und auffallend fantasievoll. Wie seine zehn Geschwister erhält er Hausunterricht und erwirbt sich profunde Kenntnisse in der antiken Literatur.

1785 übersiedelt die Familie nach Weißenfels an der Saale, wo der die kursächsischen Salinen als Direktor führt. Bereits in dieser Zeit verfasst Friedrich Gedichte und Verserzählungen.

1791 schreibt sich der 21-jährige an der juristischen Fakultät der Universität Jena ein. Als Friedrich Schiller, der dort unterrichtet, im Januar 1791 lebensgefährlich erkrankt, gehört Friedrich zu den Studenten, die an seinem Bett Nachtwachen halten. Friedrich interessiert sich zunehmend für Philosophie und Literatur, nimmt aber auch am normalen studentischen Leben teil. Er ist den Frauen und der Geselligkeit zugetan, trinkt und soll sich sogar geschlagen haben. Nachdem die Ermahnungen des Vaters zu einem zügigeren Studium fruchtlos bleiben, muss er Jena verlassen.

Im Oktober 1791 immatrikuliert er sich an der Universität Leipzig, weil er sich nun ernsthaft auf den nötigen "Brodberuf" vorbereiten möchte. Er verordnet sich selbst "Seelenfasten", um alles "zweckwidrige" einzudämmen. Im Januar 1792 schließt er Bekanntschaft mit dem Jurastudenten Friedrich Schlegel. Eine schwärmerische, tiefe Freundschaft entwickelt sich, die allerdings auch Zerwürfnisse, Streitigkeiten und längere Schweigephasen kennt. Doch die gegenseitige Neigung gemeinsam zu philosophieren erweist sich als stärker. Die Freunde stehen bis zum Tod Friedrichs in engstem Briefkontakt.

Als Friedrich 1793 für Julie Eisenstuck, eine Leipziger Kaufmannstochter schwärmt und sich sogar mit Heiratsplänen trägt, greift der alarmierte Vater ein. Da die Ehe mit einer "Bürgerlichen" nicht infrage kommt, drängt er auf die sofortige Beendigung der Beziehung. Um sein "unstetes Gemüt zu zähmen", entschließt er sich einer Radikalkur und kündigt an, Soldat zu werden. Die Pläne zerschlagen sich, da die Familie Hardenberg das nötige Geld für die standesgemäße Ausstattung nicht aufbringen kann. Nach dem Abklingen der militärischen Phase bezieht er im April 1794 auf massives Drängen seiner Eltern die Universität Wittenberg, wo er am 14. Juni das Juraexamen mit der Bestnote ablegt.

Zur Vorbereitung auf den preußischen Staatsdienst beginnt er im November 1794 ein Dienstjahr als Aktuarius (Schreiber) im nordthüringischen Tennstedt. Tagsüber übt er die ihm übertragenen Amtsgeschäfte äußerst gewissenhaft aus, abends studiert er die neusten wissenschaftlichen und ästhetischen Erscheinungen. In diese fällt auch die intensive Auseinandersetzung mit den Schriften des Philosophen Fichte.

Am 17. November 1794 lernt er die dreizehnjährige Sophie von Kühn kennen. Friedrich verliebt sich sofort heftig in das "schöne, unschuldige Mädchen" und schmiedet bereits im November 1794 abermals Heiratspläne. Um einer erneuten Intervention des Vaters vorzubeugen, lässt zunächst kein Wort über die Beziehung verlauten. Auch die Verlobung im März 1795 erfolgt in aller Heimlichkeit. Im Dezember 1795 erkrankt Sophie an einer schweren Leberentzündung. Da er die Gründung eines eigenen Hausstandes mit seiner Verlobten plant, bemüht sich Friedrich um eine Anstellung beim kursächsischen Salinendirektorium in Weißenfels. Dieser Schritt bedeutet allerdings auch, unter dem strengen Vater zu arbeiten. Friedrichs Bruder Erasmus kommentiert die Pläne skeptisch: "Blinder Religionseifer und wütende Feindschaft gegen alles, was Neuerung heißt, haben eine ewige Feindschaft zwischen euch aufgerichtet, die weder Toleranz von der einen Seite noch Bekehrungseifer von der anderen je einreißen werden".

Friedrich schlägt die Bedenken des Bruders in den Wind, besucht in Langensalza einen zweiwöchigen Chemiekurs und tritt im Frühjahr 1796 eine Stelle als Akzessist (Amtsgehilfe, Assessor) im Salinenamt Weißenfels an. Im Juni bittet er den Vater, den er nahezu täglich sieht, brieflich um die Erlaubnis zur Heirat mit Sophie von Kühn: "Nicht ohne heftige Beunruhigung wage ich einen lange gefürchteten Schritt. (…) Ich flehe nur um deine Einwilligung und Autorisation meiner Wahl." Friedrichs Bangigkeit erweist sich als unbegründet, der Vater willigt ein.

Nach einer anfänglichen Erholung verschlechtert Sophies Zustand bereits im Juli rapide. Sie leidet an einem Lebergeschwür und einer Tuberkulose des Brustraums. Nach drei Operationen in Jena kehrt sie im Dezember nach Grüningen zurück. Die Ärzte haben sie aufgegeben, ihr Zustand verschlechtert sich zusehends. Sophie stirbt am 19. März 1797, zwei Tage nach ihrem 15. Geburtstag.

Friedrich ist zutiefst getroffen. In seinen Briefen schreibt er von Todessehnsüchten, Lebensüberdruss und der Hoffnung auf die baldige Wiedervereinigung mit Sofie. Am 16. April, einem Ostersonntag, besucht er erstmals ihr Grab. In seinem Tagebuch vermerkt er dazu: "Abends ging ich zu Sophien. Dort war ich unglaublich freudig - aufblitzende Enthusiasmus-Momente - das Grab blies ich wie Staub, vor mir hin - Jahrhunderte waren Momente - ihre Nähe war fühlbar - ich glaubte sie solle immer vortreten." Ludwig Tieck, der Freund und Werkherausgeber, wird diesen Grabbesuch Jahre später zum Durchbruchserlebnis des romantischen Dichters stilisieren und die Legende begründen, Novalis habe seinen Schmerz unmittelbar in den "Hymnen an die Nacht" verarbeitet. Erst neuere Forschungen rücken vom nachträglich verklärten Bild eines schmerzgebeugten, tief todessüchtigen Jünglings und seinen spontanen dichterischen Eingebungen ab. Zum einen, weil die "Hymnen" erst zwei Jahre später als literarisches, durchdacht komponiertes und keinesfalls strikt autobiografisches Werk entstanden und zum anderen, weil Friedrich in seinem Journal bereits im Juni 1797 von "vergnügten Tagen", "Lüsternheit" und der wachsenden Schwierigkeit des Trauerns um Sophie berichtet.

Im selben Jahr 1797 setzt sich Friedrich erstmals mit Schellings naturphilosophischen Gedanken auseinander, die sein Schaffen fortan nachhaltig beeinflussen. In Leipzig lernt er den Philosophen persönlich kennen und nimmt einen lockeren Briefverkehr auf. Im Dezember beginnt er ein Studium des Bergbaus und der Naturwissenschaften an der Bergakademie Freiberg. Die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften, insbesondere mit Chemie, Physik, und Mathematik fließt in sein keimendes Konzept einer "wahrhaft romantischen Poesie" ein.

Im Mai 1798 erscheint in der von den Brüdern Schlegel herausgegebenen Zeitschrift Athenaeum eine Sammlung von "vermischten Bemerkungen" mit dem Titel "Blütenstaub". Parallel zu dieser Veröffentlichung, die erstmals unter dem Namen Novalis erfolgt, entsteht der Fragment gebliebene Roman "Die Lehrlinge zu Sais".

Obwohl Friedrich sein Bergbaustudium äußerst ernsthaft betreibt, widmet er sich in seinen freien Stunden der Literatur und ausgiebiger Lektüre. Im Sommer zwingt ihn seine angeschlagene Gesundheit zu einer Kur in Teplitz. Hier entstehen jene Fragmente, die zusammen mit den Texten aus "Blütenstaub", "Glauben und Liebe" sowie anderen Studien, Exzerpten und Entwürfen das wichtige theoretische Werk des Frühromantikers bilden. Im September beginnt er die Arbeit an einer geplanten wissenschaftlich-romantischen Enzyklopädie, die den Titel "Allgemeines Brouillon" trägt. Aber auch für die Liebe bleibt Zeit: Im Dezember 1798 verlobt er sich mit Julie von Charpentier, der Tochter des Bergrats von Charpentier.

Mitte Mai 1799 schließt Friedrich das Bergbaustudium ab und kehrt nach Weißenfels zurück. Hier verfasst er im Herbst für das Athenaeum den Aufsatz "Die Christenheit oder Europa". Wegen ihrer unverhohlenen katholischen Propaganda entfacht die Schrift eine heftige Debatte und bleibt unveröffentlicht. Gegen Ende des Jahres nimmt Novalis die Arbeit am "Heinrich von Ofterdingen" auf und tritt im Dezember eine Stelle als Salinenassessor an der Salinendirektion in Weißenfels an.

Am 10. April 1800 bewirbt er sich um eine Stelle als Amtshauptmann im Thüringischen Kreis. Gegen Ende des Jahres erscheinen die "Hymnen an die Nacht" im sechsten und letzten Heft des Athenaeum, der erste Teil des "Heinrich von Ofterdingen" ist abgeschlossen. Mit der im Dezember erfolgten Ernennung zum Kursächsischen Amtshauptmann im Thüringischen Bergkreis scheint nun auch die berufliche Zukunft und damit die Eheschließung gesichert.

Doch zur ersehnten Heirat und "Brautnacht", zur freudig vorausfantasierten kinderreichen Familie wird es aller glücklichen Aussichten zum Trotz nicht kommen. Friedrichs Gesundheit verschlechtert sich rapide. Bereits im Frühjahr besteht keinerlei Hoffnung auf eine Ausheilung seines Lungenleidens. Am 23. März trifft Friedrich Schlegel am Krankenbett des Freundes ein. Zwei Tage später, am 25. März 1801 stirbt Novalis in Weißenfels.
Schelling, Friedrich Wilhelm
(1775-1854)
Der Philosoph Friedrich Wilhelm Schelling legt mit seiner Naturphilosophie das geistige Fundament der Romantik. Nach einem Studium der Theologie und Philosophie erscheint 1795 seine erste, an Fichte orientierte philosophische Schrift "Vom Ich als Prinzip der Philosophie oder über das Unbedingte im menschlichen Wissen". 1797 veröffentlicht er mit den "ldeen zu einer Philosophie der Natur" den entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der romantischen Theorie. Im Folgejahr erscheint mit der Schrift "Von der Weltseele, eine Hypothese der höheren Physik" ein weiteres Schlüsselwerk der romantischen Schule. Mit gerade 23 Jahren wird Schelling 1798 auf Betreiben Goethes zum außerordentlichen Professor an der Universität Jena berufen. Hier findet er Anschluss an den romantischen Kreis um Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Tieck und Novalis. In Jena entsteht mit dem Werk "Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie" (1799) erneut einen zentralen Baustein romantischen Denkens. 1803 folgt Schelling einem Ruf an die Universität Würzburg, wo er 1804 das "System der gesamten Philosophie und der Naturphilosophie insbesondere" als Hauptwerk der Identitätsphilosophie veröffentlicht. 1806 zieht er nach München, tritt in den Staatsdienst ein und wird Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1820 verlässt er die Residenzstadt, um bis 1826 als Honorarprofessor in Erlangen zu ehren. 1827 wird er als ordentlicher Professor an die neue Universität in München berufen, wo er bis 1841 unterrichtet. In diesem Jahr übernimmt er an der Berliner Universität den Lehrstuhl Hegels und beschäftigt sich fortan in erster Linie mit religionsphilosophischen Themen ("Philosophie der Offenbarung"). Da seine Arbeit ohne Resonanz bleibt, stellt er die Lehre ein. Friedrich Wilhelm Schelling, wohl der wichtigste geistige Impulsgeber der Frühromantik, stirbt am 20. August 1854 im Bad Ragaz (Schweiz) bei einem Kuraufenthalt.
Schlegel, August Wilhelm
(1767-1845)
August Wilhelm Schlegel macht sich nach dem Studium der Theologie und Philosophie zunächst als Übersetzer, Kritiker und Mitarbeiter verschiedener Literaturzeitschriften einen Namen. Ab 1798 lehrt er als Professor an der Universität Jena. Von 1798 bis 1801 gibt er zusammen mit seinem Bruder Friedrich die Zeitschrift Athenaeum heraus und wird so stark auf die Entwicklung der Frühromantik ein. Berühmtheit machen ihn aber vor allem seine Übersetzungen der Dramen Shakespeares, die zwischen 1797 und 1810 erscheinen. Seine eigenen dramatischen und dichterischen Versuche bleiben erfolglos. In seinen Vorlesungen über Literatur und Kunst etabliert er Dante, Cervantes, Caldéron, Camoes und Shakespaere als "Erzpoeten" und modellhafte Vorreiter einer modernen, organischen und phantasievollen Poesie. In seinen letzten Lebensjahren wird es still um den einst gefeierten "Romantik-Star". Seine 1827 in Berlin gehaltenen "Vorlesungen über die Theorie und Geschichte der bildenden Künste" sind ein Misserfolg. August Wilhelm Schlegel stirbt am 12. Mai 1845 vereinsamt in Bonn.
Schlegel, Friedrich
(1772-l829)
Friedrich Schlegel ist der einflussreichste Kunst- und Literaturtheoretiker der Jenaer Frühromantik. Nach einer abgebrochenen Kaufmannslehre studiert er zunächst in Göttingen, dann in Leipzig an der juristischen Fakultät. 1792 lernt er Novalis kennen, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden bleibt. Nachdem er sein Studium aus Geldmangel aufgeben hat, widmet er sich in Berlin einem intensiven Privatstudium der antiken Klassiker. 1796 folgt er seinem Bruder nach Jena. Hier intensiviert er die Freundschaft mit Novalis, lernt Goethe, Herder, Wieland und Fichte kennen. Der Freundeskreis um die Brüder Schlegel und ihre Frauen, Tieck, Novalis und Schelling wird zur Keimzelle der Frühromantik. Er verfasst Aphorismen, Aufsätze, Lyrik, Dramen und den 1799 erscheinenden Roman "Lucinde", dessen "Frivolität" einen literarischen Skandal entfacht. Seinen Lebensunterhalt finanziert er durch Rezensionen und Artikel für Literaturzeitschriften, deren oft verletzende Tendenz und Sprache für heftigste Reaktionen sorgen. Von 1798 bis 1800 gibt er zusammen mit seinem Bruder August Wilhelm Schlegel in Berlin die Zeitschrift Athenaeum heraus, die zum wichtigsten Publikationsorgan der Frühromantik avanciert. Im Sommer 1800 habilitiert sich F. Schlegel an der Universität Jena, wo er im Wintersemester eine Vorlesung über Transzendentalphilosophie hält. Im März 1801 besucht er den todkranken Novalis in Weißenfels und bleibt dort bis zu dessen Tod am 25. März. In den Folgejahren lebt er als Dozent und Zeitschriftenherausgeber abwechselnd in Dresden, Paris und Köln. Seine Vorlesungen zu philosophischen und literaturgeschichtlichen Themen erlangen Berühmtheit.

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts wandelt sich Schlegel immer deutlicher vom revolutionären Programmatiker zum restaurativen Kulturkonservativen, vom Frühromantiker zum philosophischen Mystiker. 1808 wird zum einschneidenden Wendejahr, in dem diese Tendenzen kulminieren: Schlegel konvertiert zum Katholizismus, zieht nach Wien und tritt eine Stelle als Sekretär bei der Hof- und Staatskanzlei an. 1814 nimmt er am Wiener Kongress teil und wird im Folgejahr von Metternich zum k. k. Legationsrat ernannt. In dieser Position ist er an der österreichischen Gesandtschaft am Frankfurter Bundestag tätig. Er wird in den Adelsstand erhoben und vom Papst mit dem "Christusorden" gewürdigt. 1810 überwirft er sich als Herausgeber der Zeitschrift "Concordia" endgültig mit August Wilhelm, der die zunehmend radikal konservativen Tendenzen seines Bruders ablehnt. Friedrich Schlegel stirbt am 12. Januar 1829 in Dresden.

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