Bayern 2 - radioWissen


5

Das Thema Die Schicksalsfahrt nach Genf

Stand: 19.06.2012 | Archiv

Häuser der Stadt Genf am Genfer See

Die Schweiz ist eines der bevorzugten Reiseziele der Kaiserin. Im September 1898 steigt sie in Genf unter dem Namen Gräfin von Hohenembs im Hotel Beau Rivage ab.

Fahrt nach Genf

Eine Zeitung bekommt Wind von der Anwesenheit Elisabeths und veröffentlicht die Nachricht. Sie wird von Luigi Lucheni (1873-1910), einem italienischen Gelegenheitsarbeiter, gelesen. Lucheni wurde als Kind von der Mutter ausgesetzt, er wuchs in Waisenhäusern auf, schließlich adoptierte ihn eine arme Familie nur wegen des Pflegegelds. Nach einer trostlosen Kindheit wird er Soldat, kämpft in Abessinien und treibt sich nach der Entlassung aus der Armee ziellos in Italien, Ungarn und der Schweiz herum. Ähnlich wie Sisi irrt er umher und ist auf der Suche nach sich selbst. Er findet keine Geborgenheit, sein Leben bekommt keine Struktur. Luceni nennt sich Anarchist, Aristokraten sind ihm verhasst.

Das Attentat

Eigentlich plant Lucheni, den Prinzen von Orléans umzubringen, doch der hat seine Reiseroute geändert und Elisabeth ist ohnehin das interessantere, mehr Presserummel versprechende Mordopfer. Lucheni spitzt eine Feile an, lauert Sisi am 10. September 1898 vor dem Hotel auf und sticht ihr ins Herz. Sie steht auf, geht noch etwa 100 Schritte bis zu dem Schiff, mit dem sie nach Caux fahren will. An Bord bricht sie zusammen, wird ohnmächtig und stirbt. Bei der Obduktion stellen die überraschten Ärzte Hungerödeme fest - Folgen ihrer rigiden Fastenkuren. Als sein Adjutant Franz Josef die Schreckensmeldung überbringt, sagt er: "Sie wissen nicht, wie ich diese Frau geliebt habe." Die Kaiserin wäre gerne auf ihrer geliebten Insel Korfu begraben worden, wird aber in der Wiener Kapuzinergruft beigesetzt.

Passanten ergreifen Luigi Lucheni nach der Attacke auf die Kaiserin, vor Gericht bekennt er sich stolz zu seiner Tat. Er rechnet fest mit der erlösenden Todesstrafe, wird aber zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Oktober 1910 erhängt er sich in seiner Zelle. Sein Kopf wird in Spiritus eingelegt, in Genf aufbewahrt und später an die pathologische Sammlung der Universität Wien übergeben.

Der Tod macht Sisi unsterblich

Die Trauer über Elisabeths Tod hält sich zunächst in Grenzen. Ihre Untertanen wissen schon wegen der Zensur in Österreich-Ungarn nur wenig über das Leben ihrer "Landesmutter", die sich in den letzten Jahren nur selten in Wien aufhielt. In Adelskreisen ist die Ablehnung der Frau, die persönliche Interessen über die monarchischen Aufgaben stellte, ohnehin groß. Das Mitleid der Menschen gilt Franz Joseph, dem "guten alten Kaiser". Das ändert sich, als Sisis tragisches Ende die Phantasie von Geschäftemachern und Schriftstellern beflügelt. Elisabeth wird zur mythischen Gestalt: überirdisch schön, geheimnisvoll, unabhängig, rebellisch, unglücklich, aber dennoch eine "gute Kaiserin". Die bis heute anhaltende Verehrung beginnt.

In den 1950er Jahren entstehen Ernst Marischkas Sissy-Filme mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm in den Hauptrollen, Elisabeth wird einem Millionenpublikum als "liebes Hascherl" präsentiert.


5