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Wie Zucker entsteht Der süße Luxus - Die Geschichte des Zuckerrohrs

Stand: 06.04.2017 | Archiv

Zuckerrohr | Bild: picture-alliance/dpa

Alles beginnt mit dem Zuckerrohr. Verglichen mit seiner Geschichte steckt die Rübe mit den gut 200 Jahren seit ihrer Entdeckung noch in den allerkleinsten Babyschuhen.

Eine jahrtausendealte Entdeckung

Denn das Zuckerrohr haben schon vor mehr als 10.000 Jahren die Bewohner der kleinen Südseeinseln Melanesiens als Proviant und Energielieferant eingepackt, wenn sie auf Reisen gingen. Aus dem Südpazifik gelangte die Pflanze so Richtung Westen: Über Indien und Persien bis nach Syrien, also ans Mittelmeer, wo es Jahrtausende später ankam, nämlich im 7. Jahrhundert n. Chr.
Die Perser entwickelten zu dieser Zeit ein Verfahren, das Zucker haltbar machte. Zuvor war nur der Saft bekannt, den man aus dem Rohr gewinnen konnte. Die Perser füllten diesen Sirup in ein Gefäß mit der Form einer riesigen Karotte. An dessen Spitze war ein Loch, durch das die Flüssigkeit abfließen konnte, sodass die Reste kristallisierten. Aus der Form gestürzt ergab sich der Zuckerhut - ursprünglich also ein einziger, großer Zuckerkristall. Der Zucker konnte so länger gelagert werden; damit war nun auch der Handel über weite Entfernungen möglich.

Exklusive Süße mit exotischem Touch

In Mittel- und Nordeuropa war bis dahin nur Honig als Süßungsmittel bekannt, da in diesen Breiten das Zuckerrohr nicht angebaut werden kann. Über die Kreuzzüge und venezianische Händler gelangte Zucker aus Zuckerrohr im 11. Jahrhundert nach Mitteleuropa. Dort war die herrschaftliche Gesellschaft begeistert: Zucker wurde zum Statussymbol, zu einem exotischen Luxusgut, das sich nicht jeder leisten konnte. Zum Beispiel ist überliefert, dass 1372 für ein Kilo Zucker zwei Mastochsen eingetauscht werden mussten.
Christoph Kolumbus kannte den Wert des Zuckerrohrs - und er wusste, in welchem Klima die Pflanzen angebaut werden können. Deshalb brachte er im Rahmen seiner zweiten Amerikareise (1493-1496)  einige Zuckerrohrpflanzen in die Karibik. Diese Idee stellte sich bald als regelrechte Goldgrube heraus: Das Geschäft mit dem Zucker lief so gut, dass bald ein sehr dunkles Kapitel in der Geschichte des Zuckerrohrs begann.

Sklavenarbeit auf den Zuckerrohrplantagen

Farmarbeiter in Brasilien mit einem Korb voll ausgepresstem Zuckerrohr

Der Anbau von Zuckerrohr macht jede Menge Arbeit. Damit der Zuckerhandel florieren konnte, wurden beispielsweise die Bewohner Haitis von ihren spanischen Kolonialherren zur Arbeit auf den Plantagen gezwungen. Die Folge: Von anfangs 800.000 Indios überlebten diese Schufterei nur 15.000. Statt sich aber davon abschrecken zu lassen, begannen die Kolonialmächte mit der Verschleppung von afrikanischen Sklaven, weil die angeblich robuster waren als Indios. Die Zahlen sind erschreckend: Bis 1850 wurden insgesamt 10 Millionen Afrikaner nach Amerika geschifft - wovon bereits zwei Drittel unterwegs starben.
Für die Plantagenbesitzer lohnte sich das Geschäft dennoch. Sie konnten durch die billigen Arbeitskräfte satte Gewinne erwirtschaften. Erst als sich Mitte des 18. Jahrhunderts die Sklavenpreise erhöhten, wurden die Plantagenarbeiter etwas besser behandelt. Noch heute finden sich auf den Zuckerrohrfeldern in der Karibik oder Brasilien die Nachkommen dieser afrikanischen Sklaven.
Der Wert des Kolonialzuckers in Europa blieb hoch. Um 1800 musste ein einfacher Arbeiter etwa 5 Stunden für ein Kilogramm Zucker arbeiten. Zudem stieg die Nachfrage beständig. Dadurch konnten sich Kolonialmächte wie das eigentlich arme Portugal - bedient vom Haupt-Zuckerproduzenten Brasilien - pompöse Paläste und Kirchen leisten. Diese Monopolstellung des Zuckerrohrs auf dem Weltmarkt konnte erst nach dreihundert Jahren beendet werden: Durch die Entdeckung des Rübenzuckers.


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