Apostolin der Apostel? Einsatz im Unterricht
Vorarbeit
- Lernziel: Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, die biblischen Fakten von späteren Umwertungen und Vermischungen zu trennen. Sie erkennen die Stationen und Mechanismen der gezielt instrumentalisierten Umdeutung der Apostolin und vollwertigen Jüngerin Jesu zur reuigen Sünderin. Sie erfahren, dass die Frauen des Ur- und Frühchristentums eine starke Stellung im Gemeindeleben hatten und sowohl spirituell als auch organisatorisch umfassend eingebunden waren. Die Beschäftigung mit Maria Magdalena regt die Schülerinnen und Schüler an, durch Männer gesteuerte und an Männern orientierte Überlieferungsmuster kritisch zu hinterfragen und neu zu bewerten. Über die religionsgeschichtliche Betrachtung hinaus sollen die Schülerinnen und Schüler gemeinsam über geschlechtsbezogene Rollenmuster, Chancengleichheit sowie über das Verhältnis von Mann und Frau in Gesellschaft und Kirche nachdenken. Am Beispiel des apostolischen Amtes der Maria Magdalena diskutieren sie die immer wieder erhobene Forderung nach dem Frauenpriesteramt in der katholischen Kirche.
- Hinführung zum Thema: Die Lehrkraft sammelt das in der Klasse vorhandene Vorwissen zu Maria Magdalena. Falls die Schülerinnen und Schüler nicht von sich aus die profane Aktualisierung durch Dan Brown ("Sakrileg", "Der Da Vinci Code") ansprechen, sollte die Lehrkraft diesen Aspekt thematisieren. Die Ergebnisse werden als Gedächtnisstütze an der Tafel festgehalten.
- Bildimpuls: Ergänzend oder alternativ kann die Lehrkraft eines oder mehrere Gemälde zeigen, die Maria Magdalena darstellen. Um das Thema der konkurrierenden Magdalenbilder anzuschneiden, empfiehlt es sich jeweils ein Beispiel für die Legendenversion (Lucas Moser, Meerfahrt, Magdalenenaltar, 1431), für die verführerische Sünderin (z.B. Tizian, Maria Magdalena, um 1533 oder Murillo, Maria Magdalena, um 1650-55) und eine evangeliennahe Fassung (z.B. Duccio di Buonsegna, Noli me tangere, 1308-1311 oder Fra Angelico, Noli me tangere, um 1437-1446) nebeneinander zu stellen.
Einsatz im Unterricht
- Hören: Bevor die Klasse die Hörfunksendung gemeinsam hört, wird Arbeitsblatt 1 ausgeteilt und kurz besprochen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Auftrag, wichtige Stichworte oder Unklarheiten zu notieren.
- Die Schüler und Schülerinnen hören die Sendung "Maria Magdalena - Apostolin oder Apostel?"
Nacharbeit
- Ergebnissicherung: Nach dem Hören der Sendung wird Arbeitsblatt 1 gemeinsam besprochen und vervollständigt. Zur Ergänzung offen gebliebener Fragen kann das Sendemanuskript kopiert und ausgeteilt werden.
- Erarbeitung: Um die Frage nach der Vermengung tatsächlicher und vermeintlicher Erwähnungen Maria Magdalenas in den Evangelien zu vertiefen und zu sichern, bearbeiten die Schülerinnen und Schüler Arbeitsblatt 2 in Stillarbeit. Nach der Erarbeitungsphase werden die Ergebnisse zusammengetragen und fixiert. Arbeitsblatt 3 dient der Sicherung der in der Sendung und im Unterricht vermittelten Einsichten. Die gemeinsame Lösungskontrolle kann dazu beitragen, die wesentlichen Unterschiede nochmals im Klassenverband zu klären und zu festigen.
- Weiterführung und Transfer: Arbeitsblatt 4 dient als Text- und Diskussionsgrundlage für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Themen christliches Frauenbild und Frauenordination. Die Schülerinnen und Schüler diskutieren die geschichtliche Verdrängung der Frau aus kirchlichen Weiheämtern, die Instrumentalisierung Maria Magdalenas durch die männlich dominierte Kirchenlehre und die unterschiedlichen Einstellungen der beiden christlichen Konfessionen hinsichtlich der Frauenordination. Sie versuchen, einen eigenen Standpunkt auf der Grundlage des erworbenen Wissens zu formulieren.
Lehrplanbezug
Lehrplan für die bayerische Hauptschule
8. Jgst.
Kath. Religionslehre, 8.6 Den eigenen Weg suchen - was dem Leben Halt und Richtung gibt - 8.6.2 Orientierung finden - was Menschen dauerhaft Halt gibt: "Glaubensgestalten" im eigenen Lebensbereich und bekannte Persönlichkeiten); von Gott angesprochen werden (unterschiedliche Erlebnisse und Auswirkungen) - 8.6.3 Frauen und Männer der Bibel - Mut zu unangepasstem Leben: Frauen, die sich trauen (z. B. Rut, Ester, Maria aus Magdala)
Ethik, 8.3 Leitbilder für mein Leben - Positives an Leitbildern, z. B. Orientierungshilfe, Ansporn , Motivation
9. Jgst.
Kath. Religionslehre, 9.3 Kirche in der Geschichte - Ringen um die Verwirklichung des Evangeliums - 9.3.1 Auseinandersetzungen um die Kirche - pro und contra - 9.3.2 Kirche heute - eine Gemeinschaft auf dem Weg: Kirche, Volk Gottes auf dem Weg (z. B. Basisbewegungen
Ev. Religionslehre, 9.6 Frauen, die sich trauen - Glaube überwindet Grenzen - 9.6.1 Leben in Grenzen: Rollenzuweisungen, die uns hindern, aus vordefinierten Geschlechterrollen auszubrechen und uns zu entfalten, Hemmnisse für die Entfaltung von Frauen in Bibel - 9.6.2 Frauen, die sich trauen: "Das Leben ändern" - Maria Magdalena: sich anvertrauen, "heil" werden, nachfolgen in Schwierigkeiten treu bleiben, Zeugnis geben.
Lehrplan für die bayerische Realschule
9. Jgst.
Kath. Religionslehre, 9.6 Junge Menschen fragen nach - Kirche zwischen Anspruch und Wirklichkeit: was mir die Kirche bedeutet: die eigene Meinung äußern, vertreten und begründen; sich damit konstruktiv auseinander setzen (z. B. Frauen in der Kirche, Papsttum)
10. Jgst.
Kath. Religionslehre, 10.4 Schuld erfahren - frei werden durch Vergebung und Versöhnung: Wege der Befreiung: Jesu Umgang mit Sündern (Joh 8, 1-11), seine Botschaft vom barmherzigen Vater-Gott als Maßstäbe für menschliches Verhalten in der Nachfolge Jesu; der Wirkung von Vergebung und Umkehr nachspüren.
Lehrplan für das bayerische Gymnasium
10. Jgst.
Ev. Religionslehre, 10.1 Zugänge zur Bibel: Einführung in die historisch-kritische Arbeitsweise an biblischen Texten, eine weitere Lesart, z. B. (tiefen-)psychologisch, feministisch, sozialgeschichtlich, Beispiele für Interpretationen in Kunst, Literatur, Musik, Film
11. Jgst.
Kath. Religionslehre, 11.2 Wege zu Gott: die Bibel als Zeugnis der Gotteserfahrung - exemplarische Begegnung mit der Bibel als Buch menschlicher Gotteserfahrungen, erfahrungsbezogene Annäherung an eine Textstelle (z. B. Schöpfung) oder Gestalt (z. B. Maria von Magdala) oder Gattung (z. B. Psalm); exegetische Vertiefung durch mehrdimensionale Schriftauslegung: historisch-kritische Methode, ihre Grenzen und weitere Erschließungsschritte aus der Sicht des Glaubens.
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