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Frühlingswind Segelstart in Lindau am Bodensee

Ein sanftes Rauschen der Blätter im Wind – für viele ist das ein äußerst entspannendes Geräusch. Für eine bestimmte Gruppe von Menschen sorgt es allerdings eher für eine gewisse Unruhe: Wenn Segler eine frische Brise bemerken, dann zieht es sie sofort hinaus aufs Wasser. Es kann gar nicht schnell genug gehen, bis die Segel gesetzt sind. Wenn der Wind bläst, dann wollen Segler ihn sofort genießen, so auch Karl Nitsche aus Lindau: Er war jetzt schon segeln - vor dem offiziellen Start der Saison - und hat unsere Reporterin Viktoria Wagensommer mitgenommen.

Von: Viktoria Wagensommer

Stand: 03.04.2015 | Archiv

Segeln im Wind: Saisonbeginn in Lindau am Bodensee

Karl Nitsche lächelt zufrieden und steuert sein neun Meter langes Holzboot hinaus auf den See. Dort sind wir die einzigen, die den Wind nutzen wollen, wir stechen schon in See während die anderen noch arbeiten:

"Das hängt damit zusammen, dass die Schiffe sehr viel Vorbereitung brauchen, sie müssen das Unterwasserschiff pflegen und die Leitungen spülen. Dadurch, dass wir an unsere Gäste vermieten, schauen wir dass wir früh dran sind."

Karl Nitsche

Karl Nitsche sitzt am Ruder.

Bis jetzt sind die Segel noch zusammengerollt – erst als der Abstand zum Hafen groß genug ist, kann Nitsche mit dem Segelsetzen beginnen. Etliche Fachbegriffe muss ein Segler beherrschen – der Sport ist eine Wissenschaft für sich – es gilt, den Wind möglichst geschickt für Fahrtgeschwindigkeit einzusetzen. Dazu gibt es inzwischen sogar Elektronik, die den Wind genau misst und die Segel danach justiert. Karl Nitsche macht das lieber von Hand und er nutzt seine Windbändsel, das sind ganz simple am Segel befestigte leichte Fäden. Sie zeigen ganz genau an, aus welcher Richtung der Wind gerade bläst. Meistens macht der Wind nicht ganz das, was sich der Segler vorstellt oder wie er es am liebsten hätte. Laut Nitsche sind es pro Saison nur etwa drei bis vier Segeltage, die absolut keine Wünsche offen lassen.
Dann gibt es Tage, da spritzt das Wasser schon mal durch die Luft, das Schiff kämpft mit den Wellen und das Segel gibt ein aufgeregtes Schlagen und Flattern von sich. Das ist nichts für schwache Nerven:

"Man unterschätzt auch den Bodensee stark und sagt: Das ist nicht das Mittelmeer, das ist gemütlich! Aber aufgrund der besonderen Inversionslagen und Hochdrucksituationen haben Sie hier Windstärken von acht oder neun. Und die Gefahr ist, dass Sie mit Wellenhöhen konfrontiert sind wie in der Nordsee oder im Mittelmeer - teilweise von 3,50 Metern. Und Sie als Skipper müssen dann mit der Situation klarkommen."

Karl Nitsche

Dann heißt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen: Zum Beispiel, ob man den Sturm auf dem Wasser über sich ergehen lässt, oder ob das Schiff so weit kontrollierbar ist, dass man einen Hafen anlaufen kann. Laut Karl Nitsche gibt es mindestens einen Segler am Bodensee, der alle erdenklichen Wind-Situationen schon erlebt hat:

"Es gibt einen älteren Herrn mit einem sechs Meter langen Segelboot ohne Motor, und der ist jeden Tag draußen. Der bedient wirklich dieses Klischee, das man vom Küstensegler hat."

Karl Nitsche

Sobald es milder wird, steigt die Segellaune

Wir können leider nicht auf Vollzeit-Segeln umsteigen. Nach einem schönen Segeltörn laufen wir wieder den Lindauer Hafen an. Dort werkelt gerade Hafenmeister Bernd Wachter vor sich hin. Der ältere Herr ist selbst begeisterter Segler und kann verstehen, dass wir die Saison dieses Jahr schon so früh eröffnet haben. Denn "Segeln macht süchtig", sagt er.
Wachter selbst wird das in den kommenden Wochen wohl leider nur selten genießen können. Er muss den Kran bedienen, denn immer mehr Segler wollen ihre Schiffe jetzt wieder ins Wasser lassen:

"Das belebt sich jetzt dann schon wieder. Um Ostern geht es dann richtig rund."

Bernd Wachter

Sich warm einpacken, ist im Frühjahr Pflicht. Obwohl die Sonne schon vom Himmel brennt, kann einen der Wind auf dem See dann manchmal ganz schön frieren lassen. Schon in ein paar Wochen dürfte es aber zunehmend gemütlich werden.  

"Der große Vorteil vom Bodensee ist, dass er in so einem mediterranen Gefilde liegt. Mitte April erblüht der See und da sind wir einen guten Monat dem Allgäu voraus."

Karl Nitsche

Für Frühlingshungrige ist der Bodensee also der Ort der Wahl. Und wenn zur Sonne auch noch eine gute Portion Wind dazukommt, dann schlägt das Seemannsherz höher - und Nicht-Segler lernen vielleicht zu verstehen, warum es Segler bei Wind so sehr aufs Wasser zieht.

Service

Das Boot, auf dem Karl Nitsche und Reporterin Viktoria Wagensommer unterwegs waren, kann man als Hotelzimmer mieten und sich dann von einem Skipper über den Bodensee schippern lassen.


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