Beste Alben der Zehner Jahre Wie Frank Ocean dem R'n'B ein Update verpasst
Auf "Channel Orange" erzählt Frank Ocean soulful und reduziert von kalifornischen Traumwelten und gleichzeitig von harter Realität: Religion, Sexualität und Sucht. Platz 4 unserer "Heroes of the decade".
Mit schlafwandlerischer Coolness driftet Frank Ocean auf seinem Debütalbum “Channel Orange” durch die kalifornischen Kulissen des „Sweet Life”. Ein sanfter, hypersensibler Soul-Crooner möchte man meinen - aber auch ein Rätsel. Mit 23 hat er seinen ursprünglichen Namen Christopher Edwin Breaux aufgegeben und durch Frank Ocean ersetzt. Und nach der Veröffentlichung von „Channel Orange“ löscht dieser Frank Ocean seine Twitter- und Instagram-Accounts, nur um seine Fans noch heißer auf Hinweise nach ihm und seiner Identität zu machen. „Keep it unreal“ – das ist für Ocean das ultimative Glücksversprechen. Das Leben, die eigene Identität: ein Nebel, ein Traum, eine sich ständig erneuernde Möglichkeit. Wenn da nicht die verdammte Realität wäre.
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Not Just Money
Immer wieder gibt es auf „Channel Orange“ diese kurzen, verrauschten Snippets, wenn die schattige Realität einbricht in die sonnige, kalifornische Idylle. In diese Heterotopie, die ihn träumen lässt, die er aber gleichzeitig auch als das durchschaut, was sie ist: Eine „Blase aus Seife und Meerwasser, die niemals zerplatzt“. Diese Widersprüchlichkeiten machen „Channel Orange“ so verwirrend und gleichzeitig so faszinierend.
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Lost
Am 4. Juli 2012, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, veröffentlicht Frank Ocean einen offenen Brief, in dem er sich als bisexuell outet. Dass Männer auch Männer lieben wollen, das ist bis dahin im Hip Hop ein absolutes No-Go. Frank Ocean macht damit Schluss, öffnet mit seinem Coming-Out und mit „Channel Orange“ eine Tür, einen neuen Raum - manche behaupten sogar, damit habe eine neue Zeitrechnung, ein Paradigmenwechsel im R’n’B begonnen.
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Super Rich Kids
“Super rich kids”, singt Frank Ocean hier, “were nothing but fake friends”. Das sitzt. Und auch soundtechnisch trifft Frank Ocean mit seinem superentspannten und gleichzeitig avantgardistischen Indie-R’n‘B bei mir genau ins Schwarze. Minimalistisch, unaufgeregt und dabei immer extrem soulful. Magisch mäandert die tolle Stimme Frank Oceans durch die warm glitzernden Slow-Motion-Songs von „Channel Orange“ - perfekt in Szene gesetzt von Pharrell Williams, dem alten Produzenten-Schlitzohr. Seine Spezialität: Groove mit Popappeal.
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Thinkin Bout You
2012 ist Frank Ocean noch Teil der legendären Odd Future-Posse um Tyler, the Creator und Earl Sweatshirt. Mit deren experimentellen Indie-Hip Hop hat Oceans‘ R’n’B-Entwurf aber rein gar nichts zu tun. „Channel Orange“ ist eher ein Soul-Update, das an Größen wie Stevie Wonder, Marvin Gaye oder Gil Scott-Heron erinnert. Deepe Songs rund um existenzielle Themen wie Liebe, Sucht und Religion. Songs, die Oceans Selbstzweifel mit seinen Zweifeln an den gesellschaftlichen und moralischen Strukturen verlinken. Songs wie „Bad Religion“.
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Bad Religion
Mit „Channel Orange“ hat Frank Ocean R’n’B neu definiert und gleichzeitig für sich und seine Musik einen "safe space" geschaffen. Und so feiert Frank Ocean mit „Channel Orange“ nicht nur seinen eigenen musikalischen Durchbruch, sondern wird zu einer der wichtigsten Stimmen der afroamerikanischen Gegenwartskultur in diesem Jahrzehnt.