Bayern 2 - Zündfunk

Moon Unit Zappa "Mein Vater hat einen Groupie im Keller einziehen lassen"

Moon Unit Zappa hat mit "Earth To Moon" ein Buch über ihre tragische Familiengeschichte geschrieben, das unterhalten will. Dabei wird eines klar: Wer Frank Zappa als Vater hat, lebt speziell.

Von: Ann-Kathrin Mittelstraß

Stand: 10.09.2024

Eine Frau sitzt im Astronautenanzug auf dem Boden | Bild: Randall Slavin

Das Buch "Earth To Moon" von Moon Unit Zappa ist sehr witzig, aber erzählt auch eine tragische Geschichte über eine ziemlich gestörte Familie. Wir alle wissen: viele Familien sind gestört. Aber die Zappa-Familie war sehr speziell. Darüber haben wir mit der 56-Jährigen Tochter von Frank Zappa gesprochen.

Zündfunk: Wie können wir uns dein Elternhaus in Kalifornien vorstellen? Wie war das Aufwachsen dort?

Moon Unit Zappa: Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, sah aus wie die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf oder als würde Robinson Crusoe darin wohnen. Wir sind Rollschuh gelaufen auf dem Dach! Ein Spaßhaus, in dem Freunde jederzeit willkommen waren. Es war ein magischer Ort. Das Haus hat mich gerettet. 

Abgesehen von diesem Haus, was war nicht so schön in deiner Kindheit?

Wir Kinder mussten unsere Eltern mit Vornamen anreden: Sie waren Frank und Gail, nicht Papa und Mama. Sie haben uns auch kein Gefühl von Geborgenheit gegeben. Mein Vater hat zum Beispiel ein Groupie in unserem Keller einziehen lassen und sich mit ihr bei uns zuhause vergnügt. Das war echt übel. Seine Libido war genauso groß wie seine Kreativität.

Wie haben dir das deine Eltern erklärt, dass jetzt einfach jemand im Keller wohnt? Hast du das verstanden?

Das wurde gar nicht erklärt. Aber die Spannungen zwischen Frank und Gail waren nicht zu übersehen. Meine Mutter Gail hat sich in der Öffentlichkeit gelassen gegeben, aber privat hat sie sehr unter den Affären meines Vaters gelitten. Er meinte zwar, die Affären würden ihm nichts bedeuten. Aber in meiner Kindheitslogik hieß das: Dann bedeute ich ihm wohl gar nichts. Denn mit seinen Geliebten verbringt er wenigstens Zeit. 

Wie bist du damit umgegangen, mit dieser chaotischen und für ein Kind unsicheren Umgebung? Und dann auch später als du erwachsen warst?

Meine Tagebücher haben mich davor bewahrt, den Verstand zu verlieren! Ich habe alles, was ich erlebt habe, aufgeschrieben oder gezeichnet. Ich habe mich zurückgezogen. Ich habe auch zuhause so viel ich konnte angepackt, das schien Gail zu beruhigen. 

Was für eine Art Vater war Frank, wie du ihn nennst?

Er war mein absoluter Lieblingsmensch. Ich habe meinen Namen wörtlich genommen: Moon. Wie der Mond um die Erde bin ich um meinen Vater gekreist. Es gab nichts Schöneres, als von ihm beachtet zu werden. Anders als Gail hat er auch nie seine Stimme erhoben. Während Gail wütete, blieb Frank immer ruhig und respektvoll. Er war mein Verbündeter im Haus. Und er war so lustig!

Du schreibst in deinem Buch, dass du wie dein Vater sein wolltest. Warum und wie hat sich das geäußert?

Er hat sich komplett seiner Arbeit verschrieben, nie Drogen oder Alkohol genommen, wollte seinen Blick nicht vernebeln lassen. Und selbst wenn er Dinge tat, die mir unangenehm waren, war er aufrichtig. Er stand zu sich selbst nach dem Motto: Nimm mich, wie ich bin. Das bewundere ich. Ich mochte seinen Humor, seinen Blick auf die Welt, seine Neugier. Ich glaube ich habe sein Humor-Gen und sein Geschichtenerzählen-Gen geerbt. Und auch seinen Sinn für Mode. 

Wie zeigt sich das?

Ich liebe es, mich exzentrisch anzuziehen! Als ich klein war, bin ich mit Gail für ihn einkaufen gegangen. Wir sind ins Kaufhaus, um Kleider für meinen Vater auszusuchen. Er zog es nämlich vor, Frauenkleidung zu tragen. Denn er fand die Stoffe schöner. Die Farben. Die Schnitte. Er hatte einen Blick dafür, was auf der Bühne was hermacht.

Du hast sehr viel Therapie in deinem Leben gemacht. Ist dieses Buch auch eine Art Therapie für dich?

In meinem Elternhaus war es so: Du durftest fluchen, so viel du wolltest, aber nicht über deine Gefühle reden. Das war frustrierend, ich habe nämlich verdammt viel gefühlt. Mein Vater hat viel mit seinem Publikum gesprochen, aber nicht mit uns. Auch andere Dinge haben mich als Kind gewundert: Wenn man krank war, gab es keine Hühnersuppe, wenn es einem schlecht ging, keine Umarmungen, keine gemeinsamen Abendessen am Tisch. All das verarbeite ich in meinem Buch. “Bitte nicht nachmachen!”, das ist die Botschaft. Und ich will die Leute zum Lachen bringen.

"Earth To Moon" (Aus dem Amerikanischen von Iris Hansen, Teja Schwaner, Karolin Viseneber, Daniel Müller) ist bei Heyne erschienen und kostet 22 Euro.