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George Lucas in der Kritik Aliens, Prinzessin Leia und alte weiße Männer: Wie divers ist Star Wars?

Star-Wars-Schöpfer George Lucas wurde in Cannes für sein Lebenswerk ausgezeichnet – und konterte Kritik an seinem Weltraumepos: "Die meisten sind Aliens." Sollen wir also die bunte Vielfalt seines Universums feiern? Oder gehört Star Wars gecancelt?

Von: Dominik Kalus

Stand: 29.05.2024 | Archiv

ARCHIV - 16.05.2005, Großbritannien, London: Regisseur George Lucas steht neben einem Storm Trooper bei der Premiere des  Star-Wars-Films "Return of the Sith". Vor 25 Jahren feierte der erste Star-Wras-Prequel-Film "Episode I - Die dunkle Bedrohung" seine Weltpremiere. (zu dpa: «Erschütterung der Macht: Vor 25 Jahren startete «Star Wars: Episode I»») Foto: Richard Lewis/epa/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/Richard Lewis

Das Imperium ist zerschlagen, der Todesstern zerstört, die Macht wieder im Gleichgewicht – und doch muss Star-Wars-Erfinder George Lucas wieder Schlachten schlagen. Nicht im Weltraum, sondern auf der Erde: Dort werfen ihm immer wieder kritische Stimmen vor, seine Filme seien nicht divers genug. So vielfältig die Sternenwelten und Planeten auch sein mögen – Frauen, Schwarze Charaktere, sexuelle Minderheiten sind hoffnungslos unterrepräsentiert, so der Vorwurf, und die Helden so weiß wie der Schneeplanet Hoth. 

Auf den Filmfestspielen in Cannes hat sich George Lucas nun verteidigt. "Die meisten der Leute in Star Wars sind Aliens", sagte er. Das solle die Idee verkörpern, dass "man die Leute so akzeptieren soll, wie sie sind – egal ob groß, klein, pelzig, grün oder sonst was." 

Bunte Rebellen gegen faschistoides Imperium

Ein wandelndes Statement für ein entspannteres Verhältnis zu Körperbehaarung: Der Wookie Chewbacca

Auch wer kein Star-Wars-Nerd oder Padawan ist, muss einsehen, dass Lucas hier einen Punkt hat. Denn während in den 1970er-Jahren Hollywood fast ausschließlich weiß war, feierte George Lucas bildgewaltig die bunte Vielfalt des Universums: Yoda, der mächtigste Jedi in der Galaxis, ist kleinwüchsig. Han Solos bester Freund Chewbacca, der Wookie vom Planeten Kashyyyk, ist ein wandelndes Body-Hair-Positivity-Statement. Mehr Haare kann man gar nicht haben. Die für das Gute kämpfenden Rebellen haben sich aus unterschiedlichsten Planeten zusammengeschlossen – und haben einflussreiche Verbündete wie Lando Calrissian, gespielt vom Schwarzen Schauspieler Billy Dee Williams. Prinzessin Leia ist kein rein passiv auf ihren Prinzen wartendes Prinzesschen für den männlichen Blick, sondern kämpfende, führende, handlungsbestimmende Figur.  

Das Imperium, der böse Gegenspieler der Rebellen, will dagegen all diese Vielfalt eindampfen, will die Gleichförmigkeit der Galaxie. Das faschistoide Böse wird in "Star Wars" verkörpert durch die weißuniformierte Armee der Sturmtruppen, die mit Ausnahme von Darth Vader weiße Führungsriege des Todessterns – und dem Anführer der dunklen Macht, Imperator Palpatine. Dieser trägt zwar Kapuze, ist aber kein moderner Techie im Hoodie, sondern der Inbegriff des alten, weißen Mannes. Bei Star Wars geht es ganz klar um den Kampf der Vielfalt gegen die Einfalt; die Filme sind ein Plädoyer für Diversität im Universum.

Prüde Jedis & diskriminierte Aliens: Auch Star Wars hat seine Fehler

Zugegeben: Wenn man mit weniger Wohlwollen draufschaut, wird die Interpretation als reines intergalaktisches Diversity-Epos so schnell auseinanderfliegen wie der Podracer von Ben Quadinaros. Denn die meisten der fantasievoll gestalteten Aliens sind entweder fiese Verbrecher wie der Gangster-Boss Jabba, oder tölpelhafte Witzfiguren wie der bei vielen Fans verhasste Jar Jar Binks. Der hat im englischsprachigen Original auch noch allen Ernstes eine Sprechweise, die an jamaikanisches Patois erinnert. Fertig war die rassistische Karikatur. 

Die Friedensritter der Galaxie, die Jedi, leben enthaltsam und sind damit das Gegenteil moderner sexueller Entfaltung. Die Rebellen sind zwar ein bunter Haufen – aber das Sagen dort haben vor allem weiße Figuren, wie Prinzessin Leia. Wobei, soviel hat sie auch nicht zu sagen – laut einer Analyse der Universität von Südkalifornien kommen Frauen im ersten Star-Wars-Film nur in 6,3 Prozent der Dialoge zu Wort.  

Warum man die Weltraum-Saga nicht canceln darf

Starke Frau, wenig Redeanteil: Carrie Fisher als Prinzessin Leia.

Insofern ist es auch Quatsch, die frühen Star-Wars-Filme jetzt als Leuchtturm beziehungsweise Lichtschwert der Diversität zu überhöhen. Lucas’ Filme sind, wie alle Filme, ein Kind ihrer Zeit. Und die Zeit der ersten Star-Wars-Episoden ist eben fast 50 Jahre her und das Filmbusiness war damals sehr weiß, und identitätspolitisch so sensibel wie das Blastergewehr von Kopfgeldjäger Boba Fett. Aber wenn man das berücksichtigt, dann kann sich Star Wars im Vergleich zu so manch anderen Filmen wirklich sehen lassen – und muss nicht in den Giftschrank oder die Sarlacc-Grube. Vorwerfen kann man George Lucas zwar vieles – zum Beispiel die schmierig-schwülstigen Dialoge von Padme und Anakin, das absolut lame Laserschwert-Battle zwischen Palpatine und den vier Jedimeistern in Episode III, oder dass er seine Saga an Disney verkauft hat. Aber was Vielfalt anbelangt, so war er – mit besagten Einschränkungen – seiner Zeit weit, weit entfernt voraus.