Invasion der Solo-Artists Warum Bands vom Aussterben bedroht sind
Gibt es vielleicht irgendwann keine Bands mehr? Laut einer Erhebung des Onlinemagazins Skoove hat die Anzahl der Bands in den Charts seit mitte der 90er immer weiter abgenommen. Aber nicht nur Streaming, KI und Social Media ist daran schuld.

Viele Bands klagen, dass sich das gemeinsame Musik machen nicht mehr lohnt. Gruppen wie Isolation Berlin sagen, dass es "nicht lukrativ genug", gerade zu fünft. "Ich kann verstehen, dass viele einfach sagen: OK, wir machen jetzt Solo-Musik" betont Sänger Tobias Bomborschke im Interview. So wie Isolation Berlin geht es vielen Bands in der Musikbranche. Auch, weil alles teurer geworden ist. Und die Zahl der Bands schrumpft. Dazu muss man sich nur die deutschen Charts der letzten Jahrzehnte anschauen: Wo Mitte der 90er Jahre noch Bands wie Oasis, Green Day und die Kelly Family Stammplätze in den Charts hatten, liest man dort heute fast nur noch Namen von Solokünstler*innen. Letztes Jahr waren nur sechs Prozent der Chartplätze von Bands belegt.
Musik machen lohnt sich nicht mehr für Bands
Das bestätigt auch Scott Hansen, alias Tycho. Er ist US-amerikanischer Elektronik-Künstler und mit seiner dreiköpfigen Band aktuell auf Europatour. Monatlich erreicht er über 1,3 Millionen Hörer*innen. Auch Tycho spürt den Druck auf die Branche. Und er ist sicher: Es gibt für Bands nur noch einen lukrativen Weg, um mit der Musik Geld zu verdienen: Tourneen. Wenn die auch noch weg fielen, dann könne man mit Musik gar kein Geld mehr verdienen.
"Ich sehe sogar etablierte Bands. Leute, die ich kenne, die sehr bekannt sind und jahrelang durch die Welt getourt sind und sehr erfolgreiche Alben hatten. Die können es sich einfach nicht mehr leisten, das zu tun. Ein paar von ihnen haben tatsächlich aufgehört zu touren und Alben zu machen, weil sie sich einen Job suchen mussten. Das ist einfach herzzerreißend."
- Scott Hansen alias Tycho
Touren sind zu teuer geworden
Aber Touren ist teuer. Um mit einem Plus rauszugehen, müssen Musiker:innen die Ausgaben auf die Ticketpreise umlagern. Da ist es vielleicht lukrativer, wenn man die Gage nicht auch noch auf mehrere Bandmitglieder verteilen muss? Dazu kommen Kosten für Personal, Ausrüstung und Produktion. Als Solo Künstler bräuchte man nur ein Keyboard und eine Gitarre, und das wäre alles, sagt Tycho. Für ihn käme es dennoch nicht in Frage, ohne seine Band auf Tour zu gehen. Viele Bands allerdings, halten dem finanziellen Druck und der Konkurrenz nicht mehr Stand. Auch, weil Solo-Künstler*innen heute deutlich leichteres Spiel haben als früher. Denn mittlerweile habe sich der Markt stark verändert.
Musiker haben es schwerer, sich zu behaupten
Das beobachtet auch Martin Heuser, Unternehmensgründer der Musikagentur Guesstimate. Er beobachtet seit Jahren, wie sich der Musikmarkt wandelt und sieht darin eine Chance. Denn für Künstler sei es heute immer leichter, in einer sehr kleinen Einheit oder auch ganz alleine Musik zu erstellen und sich selber zu bewerben. Und das sei auf der einen Seite eine maximale Liberalisierung des Musikmarktes, aber erhöhe auch den Druck auf die Musiker sich zu behaupten und in der Masse von Künstlern nicht unterzugehen. Das sei laut Martin Heuser eine Riesen-Herausforderung für alle, weil man leicht untergehen könne.
"Es gibt natürlich sehr viele Herausforderungen. Ich glaube, das, was viele davon vereint, ist die Tatsache, dass ja heutzutage das Selbstvermarkten leichter denn je ist und dass das Erstellen von Content auch quasi fast über Nacht immer wieder leichter wird, weil neue Apps dabei sind, die einem immer mehr helfen können."
- Martin Heuser von der Musikagentur Guesstimate
Vom Solo Künstler zur Band ist der Weg
Musik alleine zu produzieren ist außerdem deutlich günstiger geworden. Es brauche nicht mehr als einen Laptop und einen ruhigen Raum. Martin Heiser sieht darin das Modell der Zukunft. Dass Künstler*innen zum Start Ihrer Karriere – auch aus wirtschaftlichen und aus logistischen Gründen – diese Möglichkeiten nutzen werden, alleine auf der Bühne zu stehen, sei klar. Ab 500 bis 1.000 Zuschauer:innen pro Gig könne sich dann auch eine Band wieder lohnen, meint der Agenturchef.