Wirt blickt zurück Als Altenaus Herz noch im Wirtshaus schlug
Im Jahr 1977 rollt ein vollbepackter VW-Bus im beschaulichen Altenau ein. An Bord sind Hans Pinteritsch und seine Frau, ein junges Ehepaar aus Österreich. Die beiden haben ein Ziel: das Wirtshaus "Zur Post" in der Mitte des Ortes. Vor dem Eingang werden die Neuankömmlinge bereits sehnsüchtig erwartet - sie sind die neuen Wirte in Altenau.
Der 29-jährige Hans Pinteritsch will sich endlich seinen Traum vom eigenen Lokal erfüllen. Die Voraussetzungen stimmen, im schönen Ammertal fühlt sich der Kärntner sofort heimisch. In den kommenden sieben Jahren wird er mit seiner Wirtschaft das Leben der Menschen im Dorf prägen …
Taufen, Gruselstunden, Remmidemmi
"Das waren noch Zeiten, was haben wir da nicht alles gemacht“, schwelgt Hans heute in Erinnerungen, "Hochzeiten, Taufen, Firmungen, auch Beerdigungen - quasi das ganze Dorfleben hat sich bei uns im Wirtshaus abgespielt. Von Mai bis Oktober war da immer Remmidemmi". Der Stammtisch sei wie eine große Familie gewesen: "Klar gab’s mal Differenzen, aber man hat sich jedes Mal wieder zusammengerauft." Zu den Stammgästen gehörten Minus Stadler, der Mann, der das Altenau-Lied geschrieben hat, und der "Schmid Seppi", der die Altenauer das Gruseln lehrte: "Immer Freitagabends hat er seine Geistergeschichten zum Besten gegeben. Da sind die Leute in Viererreihen um den Stammtisch gehockt und sind gar nicht mehr losgekommen. Und die mit der größten Klappe haben sich nachher nicht mehr getraut heimzugehen", erinnert sich der Wirt an seine Zeit in Altenau.
Der Betonklotz
Das oberbayerische Altenau und sein Kärntner Wirt – das war eine ganz besondere Beziehung. Hans Pinteritsch weiß noch, wie einmal zum Faschingsball zwölf Altenauer Burschen eine zwei Tonnen schwere Betonpyramide in sein Wirtshaus schleppten und der ganze Saal um das Ungetüm zu tanzen begann: "Die haben gemeint, das Trumm krieg‘ ich alleine nie mehr raus." Doch schon am nächsten Morgen hatte der Wirt den Klotz mit Hammer und Meißel kleiner gehackt, rausgeschleppt und die Pyramidenspitze an seinen VW-Käfer gebunden. "Eine Schweinearbeit, aber dafür bin ich als Dankeschön mit ohrenbetäubendem Lärm durch den Ort gefahren", erinnert sich Hans Pinteritsch. Und die Antwort folgte prompt: Mit Schildern, auf denen "Nieder mit Österreich" stand, zogen die Altenauer durchs Dorf. Den Wirt amüsiert das noch heute: "Keine Frage: Die hatten mich ins Herz geschlossen!“
Sehnsucht nach Altenau
Die Altenauer "Post" - sie wurde für Hans Pinteritsch und seine Frau zur zweiten Heimat. Doch das Haus war über die Jahre immer sanierungsbedürftiger geworden: "Die Toiletten, das Dach, die Küche, es musste so viel gemacht werden. Am liebsten hätte ich das ganze Haus komplett übernehmen wollen, aber es hat nicht sollen sein." Schließlich warf der Wirt 1984, nach sieben erfolgreichen Jahren, das Handtuch und zog weiter in die Oberpfalz, wo er eine Kleinkunstbühne eröffnete. "Ich bin ja jetzt schon seit 30 Jahren weg aus Altenau, aber alle drei bis vier Jahre schau‘ ich wieder vorbei. Und jedes Mal, wenn ich das leere Gasthaus gesehen habe, hat mir das richtig weh getan, dass da kein Leben mehr herinnen war."
Wiedereröffnung im Sommer
Umso mehr freut sich Hans Pinteritsch darüber, dass die Altenauer ihr Wirtshaus im Sommer wiedereröffnen wollen, nach zehn Jahren. Und er ist ziemlich sicher, dass die Sache ein Erfolg wird, denn: "Dieser Zusammenhalt hier ist unglaublich. Jeder hat seine Eigenheiten, aber alle sind unheimlich aufgeschlossen." Und drum werden die Altenauer auch ihren neuen Wirt genau so herzlich willkommen heißen wie Hans Pinteritsch und seine Frau - vor 37 Jahren …
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