Vom Umsturz zum Absturz
Wer heutzutage auf dem beschaulichen Isar-Hochufer im Münchner Stadtteil Giesing flaniert, kann sich kaum vorstellen, was sich im damaligen Arbeiterviertel in der ersten Maiwoche 1919 abspielte: Denunziationen, Straßenkämpfe, Erschießungen. Marodierender Mob massakrierte Hunderte als "Rote" verdächtigte Bürger. Es war das brutale Ende einer der turbulentesten Perioden der bayerischen Geschichte.
Von der Monarchie zum Freistaat
Der Anfang - etwa ein halbes Jahr zuvor: In Deutschland gärte es nach vier Jahren Weltkrieg. Die Bevölkerung hatte davon ebenso genug wie von Hunger und Monarchie. In Bayern genügte eine kleine Gruppe linker Oppositioneller, um die Wittelsbacher Dynastie vom Thron zu jagen. Am 8. November 1918 rief Kurt Eisner in München die Republik aus. Eine sozialistische Revolution gebar den Freistaat Bayern.
Sozialisten und Kommunisten an der Macht
Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten wechselten sich danach an der Macht ab, manchmal im Wochenrhythmus. Ausgerechnet das katholische Bayern wurde zu einem Experimentierfeld für revolutionäre Ideen. Anarchisten und Kommunisten probten die Räterepublik. Doch in der noch jungen Demokratie rieben sich die linken Gruppierungen in Machtkämpfen auf. Es gelang nicht, eine stabile Regierung zu bilden.
Ende mit Schrecken
Der stärkere Gegner allerdings griff von außen an. Reaktionäre Kräfte ermordeten im Februar 1919 den Revolutionär Eisner, im Mai richteten sie - initiiert von den SPD-Regierenden - ein Blutbad bei der Niederschlagung der Räterepublik an. Später gaben die Republikfeinde den Ton an und verwandelten Bayern in einen Hort von Antidemokratie und Antisemitismus.