Kultur - Kunst und Design


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Gerhard Richter Maler mit Erfolgskonzept

Seine Fotobilder machen Richter berühmt. Er will, dass seine Gemälde so authentisch aussehen wie Fotos. Gleichzeitig aber verwischt er die feuchte Farbe und macht sie unscharf, um dadurch den Blick des Betrachters zu schärfen.

Stand: 27.10.2011 | Archiv

Tante Marianne, 1965 | Bild: picture-alliance/dpa

Seine Fotobilder machen Richter berühmt. Er will, dass seine Gemälde so authentisch aussehen wie Fotos. Gleichzeitig aber verwischt er die feuchte Farbe und macht sie unscharf. Richter zitiert die impressionistische Fotografie, indem er die scharfen Begrenzungen seiner Bildgegenstände auflöst und ihnen damit gerade jene Objektivität wieder nimmt, die Fotos für sich beanspruchen. Mit der Unschärfe seiner Motive schärft er den Blick des Betrachters für die undeutliche Wahrheit hinter den Bildern.

"Ich mag alles, was keinen Stil hat"

Richter vor seinem Bild "Familie am Meer"

Allerdings dauert es eine Weile, bis Richters Fotobilder auf begeisterte Kritiken stoßen. Für seine frühen Arbeiten malt er hauptsächlich Motive aus den Medien ab: Prominente, Illustriertenfotos, Landschaften aus dem Prospekt, Flugzeuge, aber auch Familienfotos. Die Presse findet Richters Bilder belanglos und inhaltsleer. Das kommt ihm gerade recht: "Ich mag alles, was keinen Stil hat: Wörterbücher, Fotos, die Natur, mich und meine Bilder." Ab 1965 entstehen großformatige Motive von Vorhängen, Wellblechen, Türen. Mit seinem Bild "Durchgang" von 1968 beteiligt er sich ein Jahr später an einer Ausstellung in New York und erhält einen Preis. Außerdem kauft ihm das Museum das Werk ab. Es folgen weitere Ausstellungen und Preise. 1972 vertritt Richter die Bundesrepublik im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig.

"Ich hatte Lust, etwas Schönes zu malen"

Durch eine Auftragsarbeit von Siemens entdeckt Richter das Stadtmotiv für sich und experimentiert über das Auftragswerk hinaus mit diesem neuen Bildgegenstand. Er malt dick in Grau und Schwarz, die Bilder wirken grob, aber voll rhythmischer Bewegung. Stilistisch ähnlich wirkt die Reihe "Alpen". Später sagt er dazu, er habe keine Lust mehr gehabt, "diese weichen Fotobilder zu malen." Trotzdem malt er auch nach den Alpenbildern weiterhin fotoähnlich unscharfe romantische Landschaften und Seestücke, weil er Lust hat, "etwas Schönes zu malen." Schön sind die Bilder, aber Richters Ironie macht sie subversiv. Die komische Distanz zum sentimentalen Naturgefühl lässt diese Bilder über ihren oberflächlichen Bedeutungshorizont hinauswachsen. Erst ab etwa 1976 entfernt sich Richter von diesem ironischen Moment in seinen Bildern.

Richter macht ratlos

Auf die Unschärfe-Technik greift Richter bis heute immer wieder zurück: 1988, als er den Stammheim-Zyklus "18. Oktober 1977" anfertigt, 1995 als er seine dritte Ehefrau Sabine porträtiert und 2000, als er seinen Sohn Moritz malt. Dabei nehmen die 15 Stammheim-Bilder bis heute eine exponierte Position in Richters Werk ein. In kleinformatigen Bildern hält er die toten RAF-Mitglieder Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Andreas Baader fest. Der politische Gehalt der Bilder, den Richter abstreitet, überrascht das Publikum. Sein Malerkollege Georg Baselitz findet die Stücke peinlich. Die politischen Lager wissen nicht genau, auf welcher Seite Richter eigentlich steht. Die Presse weiß auch nicht so recht, was sie davon halten soll und bezeichnet den Zyklus als unfassbar schön, krass und banal - und zwar alles auf einmal.


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